Michael Gees zu Gast in der Carnegie Hall

Sopranistin Anna Lucia Richter und Pianist Michael Gees stehen bei ihren gemeinsamen Projekten für einen Musikgenuss abseits des Mainstreams. Gerade in einer quirligen Stadt wie New York stellte ihr Programm einen merkwürdigen und rätselhaften Effekt dar, der dem Publikum in der Carnegie Hall sehr gut gefallen hat. Foto: Hermann und Clärchen Baus
  • Sopranistin Anna Lucia Richter und Pianist Michael Gees stehen bei ihren gemeinsamen Projekten für einen Musikgenuss abseits des Mainstreams. Gerade in einer quirligen Stadt wie New York stellte ihr Programm einen merkwürdigen und rätselhaften Effekt dar, der dem Publikum in der Carnegie Hall sehr gut gefallen hat. Foto: Hermann und Clärchen Baus
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Mitten in Manhattan befindet sich einer der bekanntesten Veranstaltungsorte für Konzerte in den Vereinigten Staaten. Genau dort in diesen altehrwürdigen Ziegelsteinbau im italienischen Renaissance-Stil aus dem Jahre 1891 verschlug es nun den Pianisten Michael Gees.

Michael Gees ist in Gelsenkirchen kein Unbekannter. Oft wird er in Verbindung gebracht mit dem Consol Theater, dessen Mitbegründer er ist, und in dem er auch einmal im Monat zur KonzertMeditation einlädt. Doch wie bei anderen Künstlern in Gelsenkirchen ist sein eigentliches Schaffen wenig bekannt.
Dabei führten seine Konzerte den Ausnahmepianisten nach Japan, in die USA, diverse Male nach London und auch zur Schubertiade Schwarzenberg im österreichischen Vorarlberg. Er sagt über sich selbst: „Ich bin ein brauchbarer Musikbegleiter, aber ein besserer spontaner Musikerfinder.“ Denn sein Herz gehört der Improvisation.
Und hier traf er bei seiner Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Köln auf Anna Lucia Richter als Studentin. „Ich gebe an der Musikhochschule in Köln Unterricht in vokaler Improvisation und Anna Lucia besuchte meinen Kurs. Sie war gerade 20 Jahre alt und begeisterte mich durch ihre Spontankomposition. Man gibt ihr ein Gedicht in die Hand und es wird Musik daraus“, zeigt sich Gees beeindruckt.
Vor zwei Jahren entstand aus ihrer Zusammenarbeit die CD „Liederkreis“ mit Vertonungen und Improvisationen zu 12 Gedichten des Joseph von Eichendorff. Der Titel der CD entstand in Anlehnung an Robert Schumanns Liederkreis op. 39, zu hören sind aber auch Folksongs von Benjamin Britten, Volkslieder von Johannes Brahms und eben Improvisationen.
Keine leichte Aufgabe für den Liebhaber der „Musik für den Moment. Denn die CD wirkt ja weit über den Moment hinaus“, wie Gees erklärt.
Gemeinsam stellen Anna Lucia Richter und Michael Gees ein „delikates Querliegen“ dar, das eine Auffälligkeit auf dem Markt ist. Dabei ist die junge Sopranistin eine sehr verinnerlichte Sängerin, die eine ruhige Ernsthaftigkeit ausstrahlt, die ihresgleichen sucht in einer Welt, in der Sopranistinnen häufig auf bestimmte Töne getrimmt werden. Und genau dieses „Exotenprogramm“, wie Gees es nennt, wurde nun von den Verantwortlichen in der Carnegie Hall gebucht.
„Für uns war es sensationell, dass unser Exotenprogramm gebucht wurde. Vor fünf Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass wir in einem so erzkonservativen Haus mit einem ebenso erzkonservativen Publikum ein Engagement erhalten könnten. Jetzt gibt es einen neuen Trend und die Zuschauer möchten auch einmal Musik hören, die sie nicht kennen“, freute sich Gees über das Engagement und den gelungenen Auftritt in den altehrwürdigen Hallen am 10. Februar.
Er flog bereits am 7. Februar nach New York, um seinen Jetlag bis zum Auftritt halbwegs im Griff zu haben und stellte fest, dass sich die Reise mehr als nur gelohnt hat: „Ich habe vor 25 Jahren schon einmal in New York konzertiert. Damals wurde uns der Abend von einem sehr ungezogenen Publikum regelrecht verhustet. Im Laufe der Jahre wurde die Akzeptanz durchaus besser, aber jetzt überraschte mich das Publikum durch eine erstaunliche Kompetenz. Beim Empfang nach dem Konzert wurden wir durch elaborierte Statements beglückt, was uns wirklich hoch erfreute.“

Einblicke ins Amerika in Trump-Zeiten

Gees nahm aber noch mehr mit nach Hause von seinem Besuch in den Vereinigten Staaten. So brauchte er gut zwei Monate um sein Visum genehmigt zu bekommen, was entsprechend noch nichts mit dem neuen US-Präsidenten, sondern dem Gebahren der Homeland-Security zu tun hatte.
Doch schon der Flug nach New York, der aus Gewohnheit von der Lufthansa mit dem Jumbojet über den großen Teich geht, überraschte den Gelsenkirchener, denn die Maschine war auf dieser sonst sehr gut gebuchten Strecke halbleer. „Für mich war das gut, weil ich mich auf vier Sitzen lang machen und schlafen konnte, aber es zeigte mir auch, das sich etwas geändert hat“, erzählt Gees.
In New York stellte er fest, dass die Menschen mit Weitblick schwer verstört und aufgeschreckt sind von dem, was gerade politisch in den USA passiert. „Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei Amerika um eine tief verwurzelte Demokratie handelt, die auf eine wesentlich längere Demokratie-Geschichte zurückblickt als wir hier. Die landesinterne Diskussion schlägt dort riesige Wellen und es gibt sehr kluge Beiträge im Fernsehen zu sehen, die suggerieren, dass ein Amtsenthebungsverfahren ein schwieriger, aber richtiger Schritt wäre“, schildert Michael Gees seine Eindrücke.
Andererseits musste er aber auch erleben, dass die durchaus guten Breaking News ständig durch Werbeeinspieler unterbrochen werden, die es den Menschen erschweren, den Nachrichtenwert von der konsumierten Werbung zu trennen. „Auf diese Weise kann der demokratische Geist auch den Bach hinunter gehen“, gibt der weitgereiste Musiker zu Bedenken.

"Liederabend" in derKölner Philharmonie

Mit dem "Liederabend" mit vertonten Gedichten von Joseph von Eichendorff sind Anna Lucia Richter und Michael Gees am Mittwoch, 22. Februar, um 20 Uhr zu Gast in der Kölner Philharmonie. Infos dazu gibt es auf http://www.koelner-philharmonie.de.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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