Heimatfest: Die stillen Ritter

Die Malteser waren unter anderem mit drei Motorrädern im Einsatz, damit in den bevölkerten Gassen schnellstmögliche Hilfe geleistet werden konnte. Fotos: Ralf Pieper
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  • Die Malteser waren unter anderem mit drei Motorrädern im Einsatz, damit in den bevölkerten Gassen schnellstmögliche Hilfe geleistet werden konnte. Fotos: Ralf Pieper
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Haltern. Tausende Besucher strömten am Wochenende wieder in die Seestadt zum Heimatfest. Hier lockten Musik, Unterhaltung, Marktstände, gutes Essen und Trinken. Im Hintergrund standen ehrenamtliche Helfer bereit, von denen man im Idealfall nicht viel mitbekommt. Wenn es aber ernst wird, konnte man auf die Malteser zählen.

Dem wechselhaften Wetter zum Trotz wurde es am Festwochenende wieder eng in der Seestadt: Viele tausend Menschen zog es nach Haltern, wo die Stadtagentur zum 34. Heimatfest geladen hatte. Den ganzen Tag über konnten die Besucher an Ständen mit Bauernwaren, Kunst oder Handwerksprodukten bummeln, sich mit Bekannten zum Klönen bei gutem Essen treffen, oder den Musikern auf den verschiedenen Bühnen lauschen. Die Jüngeren zog es vor allem in die Nähe des Siebenteufelsturms, wo eine kleine Kirmes mit Fahrgeschäften wartete.

In jedem Erfolg liegt aber auch ein Risiko

In jedem Erfolg liegt aber auch ein Risiko. Auf großen Veranstaltungen brutzelt Frittierfett, kommen Gasflaschen zum Einsatz, summen Wespen umher. Manche Menschen trinken zu wenig, andere zu viel. Bei aller sorgfältiger Vorbereitung und selbst bei Einhaltung aller Sicherheitsregeln sind Unfälle niemals unmöglich, und wo viele Menschen zusammenkommen, kann immer etwas passieren.

Doch zum Glück gab es die Helfer, die viele Besucher gar nicht wirklich wahrgenommen haben, die aber im Ernstfall sofort zur Stelle sind. Neben Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt waren es vor allem die Malteser, die während des Heimatfestes Präsenz zeigten.

Eine Ausnahmesituation

"Eine solche Großveranstaltung ist immer eine Ausnahmesituation", sagte Matthias Mersmann, der während des Wochenendes fast drei Dutzend Helfer koordiniert. Der Malteser tupfte sich den Schweiß von der Stirn, koordinierte noch einige Maßnahmen, doch seine Ausstrahlung war hellwach, klar und konzentriert. Denn solche Situationen sind für den Verbandsführer und seine Helfer nichts Neues: "Wir waren auch schon bei Papstbesuchen, Großkonzerten und hohen politischen Veranstaltungen im Einsatz. Die Routine und Erfahrung helfen uns natürlich", sagt der sympathische Malteser, während ihm ein Kamerad eine kalte Limonade hinstellt - ein kleines Symbol für eine gute Logistik. Denn welches Maß an Organisation die Malteser an diesem Wochenende beweisen, konnte jeder Besucher im Alten Rathaus auf den ersten Blick erkennen. Das ehrwürdige Gebäude war in eine Kommandozentrale umgewandelt worden, die sich vor keinem Militärlazarett verstecken musste. Funker koordinierten die Helfer auf dem Festgelände, eine Unfallhilfsstelle mit umfangreicher Ausrüstung stand bereit, und für die Helfer selbst gab es Ruheräume und Erfrischungen.

Die Einsatzleitung selbst gebot über eine eindrucksvolle Armada: "Wir haben doppelt so viel Material im Einsatz, wie es sonst eine Kleinstadt besitzt", erklärte Mersmann. Zwei Rettungswagen, zwei Krankentransporter, eine Notärztin und drei Motorräder mit Ersthelferausrüstung waren für das Fest zusammengezogen worden. Ein paar Mal wurde es kritisch: Ein Herzinfarkt, ein Wespenstich in den Mund, und schon schweben die Patienten in Lebensgefahr. Innerhalb von Minuten sind die Helfer zur Stelle, das Krankenhaus informiert, und ein tausendfach geübter Ablauf beginnt. Kühl, koordiniert, wie eine gut geölte Maschine funktionieren die Frauen und Männer des Malteserverbandes zum Wohle des Patienten. Bis spät in die Nacht schieben sie Dienst, stehen für Notfälle, aber auch kleinere Probleme bereit: Kreislaufschwächen, Sonnenstiche, kleinere Macken am Tag, alkoholisierte Personen am Abend.

Ehrenamtliche Helfer

Besonders bemerkenswert: Die Helfer machen den Dienst freiwillig, ohne Bezahlung, ehrenamtlich in ihrer Freizeit. "Ich kam direkt nach dem Dienst hierher", schmunzelte Mersmann, "und so geht es vielen meiner Leute. Wir machen das, weil wir davon überzeugt sind. Wir helfen gerne Menschen."

Manchmal kam es dabei schon zu kritischen Situationen, wenn etwa ein Festzelt in einer anderen Stadt geräumt werden musste. "Die alkoholisierten Gäste hatten angefangen, sich mit Gläsern zu bewerfen. Auf dem Zeltboden lag eine knöchelhohe Scherbenschicht. Da sind wir nur mit Helm und Dienstkleidung reingegangen, weil die Gläser auch in unsere Richtung flogen", so Mersmann. Angriffe auf Helfer kenne man auch aus anderen Städten, doch: "Haltern ist da zum Glück noch ein wenig heile Welt", so der Malteser.

Dennoch waren sie auf alles vorbereitet, auch den schlimmsten Fall. Der amtsdeutsche "Massenanfall von Verletzten" ist das gefürchtetste Szenario. Eine detonierende Gasflasche, eine Massenpanik, ganz gleich, welcher Umstand zu vielen Opfern in kürzester Zeit führen würde, die Helfer sind so gut wie es Menschen möglich ist, darauf vorbereitet. Eine große Funkantenne sorgt für Kommunikation auch im Chaos, Rettungswege sind ausgegeben, Helikopterplätze reserviert. "Innerhalb von Minuten könnten wir die Hauptschule zu einem Lazarett umbauen", betont Mersmann, "das Material steht sofort zur Verfügung".

Doch bei diesem Fest kam es zum Glück nicht dazu. Die Malteser, deren Orden bis in die Zeit der Kreuzfahrer zurückreicht, konnten sich über ein ruhiges Heimatfest freuen. Die Nachfahren der einstigen Ritter standen Wache, damit andere feiern können, und viele Besucher haben sie nicht einmal bemerkt. Sie sind eben stille Ritter, die Halterner Malteser.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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