Niederwenigern: Klein, aber oho!
Evangelische Kirchengemeinde ist fit für die Zukunft

Niederwenigern ist mit 1.700 Mitgliedern zwar eine eher kleine Kirchengemeinde in Hattingen, aber eine, die die Veränderungen in der Gesellschaft mitgeht. Vor gar nicht so langer Zeit war es ein Schock, dass das alte Gemeindehaus nicht mehr zu retten war, ein neues aber viel zu teuer würde. Jetzt waren Superintendentin Julia Holtz, Teile der Leitung des Kirchenkreises und weitere Fachleute an einem Tag von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends in Niederwenigern zu Gast und konnten sich davon überzeugen, dass die Gemeinde mit ihrer schönen Kirche und ganz ohne Gemeindehaus absolut lebendig ist.

Erste Station des Besuchs war der gemeindeeigene Kindergarten. Pfarrer Ludwig Nelles ist mit einem wöchentlichen Gottesdienst im „Familienzentrum unterm Regenbogen“ präsent, und die Leitung legt Wert darauf, dass die Familien der insgesamt 85 Kinder sich wohlfühlen und Gemeinschaftsmomente erleben können. Mit Vater-Kind-Zelten, thematischen Familientagen, Mütter-Kind-Klettern und anderen Aktionen wird dieses Gefühl geschaffen und führt dazu, dass das Familienzentrum zu einem wichtigen Teil des Gemeindeaufbaus geworden ist. „Vor 20 Jahren sollte der Kindergarten geschlossen werden“, erzählt Finanzkirchmeister Horst Scherf. „Jetzt wird er oft zum Wiedereinstieg in die Kirchengemeinde genutzt - auch von Eltern, die schon ausgetreten waren.“

Ein besonderer Clou für die Vorschulkinder des Familienzentrums ist ein Bauwagen, der in den Ruhrwiesen steht. Hier werden die „Großen“ in ihrem letzten Jahr vor der Schule betreut. Dabei halten sie sich dort, wann immer es geht, draußen auf und lernen spielerisch intensiv die Natur kennen, lernen zu schnitzen und handarbeiten. „Hier lernen die Kinder Natur und Schöpfung hautnah kennen“, zeigte sich Superintendentin Holtz begeistert von dem Konzept. „Die Kita ist ein Ort, an dem sich Eltern und Kinder angenommen fühlen, nicht nur Kinder betreut, sondern Familien beheimatet werden.“ Die intensive Einbindung der Familien in der Gemeinde setzt sich beim Religionsunterricht in der dritten Klasse fort, und der Kontakt geht auch nicht verloren, wenn der ältere Nachwuchs mit dem Bus zur Jugendarbeit in die benachbarte Johannes-Kirchengemeinde fährt.

Leider müssen aufgrund der Konkurrenzsituation mit dem städtischen Kindergarten inzwischen selbst Geschwisterkinder vom ev. Familienzentrum abgewiesen werden. Die Stadt drängt auf Abbau von Kapazitäten im sehr beliebten evangelischen Kindergarten, da in ihrem eigenen Haus in einem Neubaugebiet Plätze ungenutzt bleiben, wie die Leitung des Familienzentrums berichtet.

Die nächste Station des Besuchsteams stand im engen Zusammenhang mit dem Verkauf des früheren Gemeindehauses und des dazugehörigen Grundstücks an die Theresia-Albers-Stiftung. Sie baut auf dem Grundstück eine Einrichtung für 24 Menschen mit Behinderung. Pfarrer Ludwig Nelles freut sich bereits auf den Neubau in direkter Nachbarschaft zur Kirche und erwartet eine Bereicherung des Gemeindelebens durch die Integration der Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung. Mit Yvonne Noellen vom Vorstand der Stiftung sollen das gegenseitige Kennenlernen und die zukünftige Zusammenarbeit geplant werden. So ist auch diese Entwicklung ein gutes Projekt zum Gemeindeaufbau in sich wandelnden Zeiten. Die Nutzung gemeinsamer Ressourcen, sowohl bei Ehrenamtlichen als auch bei Räumlichkeiten, und die Öffnung des gemeindlichen Lebens nach außen sind zukunftsweisend.

Das Gebäude der Stiftung ist aber nur ein Ort, von dem die ‚Gemeinde ohne Gemeindehaus‘ profitieren wird. Eine seit vielen Jahren bestehende Tanzgruppe trifft sich inzwischen im Seniorenwohnheim Heidehof der Diakonie Mark-Ruhr. Beim Üben der Tänze haben die Damen nicht selten Besuch von Bewohnerinnen und Bewohnern des Heims, die sich über die Aktivitäten in ihren Gemeinschaftsräumen freuen. Umgekehrt tritt der Tanzkreis bei Veranstaltungen des Heidehofs auf. So wird Gemeindeleben ins Dorf hinausgetragen. Das macht deutlich, wie gut in Niederwenigern das Zusammenrücken in ungewohnten Konstellationen funktioniert und in der Nachbarschaft Gemeinsamkeit stiftet. Da es in dem 6.000-Einwohner-Ort nicht so viele Möglichkeiten zur Begegnung gibt, „kann die Kirche hier in die Offensive gehen“, wie Pfarrer Nelles meint. Mitglieder des Presbyteriums bestätigen, dass die Chancen dafür gut stehen. Die Verbindungen zu den katholischen Geschwistern, der Feuerwehr und den Vereinen sind lebendig.

In Zukunft will sich die Gemeinde besonders auch auf die konzentrieren, die aufgrund ihres Alters entweder noch nicht oder nicht mehr mobil sind. Die Begleitung von Kindesbeinen an bis zu den Jugendlichen zeigt, wie gut das schon funktioniert.

Dass durch den eigentlich so nicht geplanten Verzicht auf das neue Gemeindehaus viel Gutes entstanden ist, zeigt sich auch bei den Finanzen. Das Geld, das nicht in den Neubau gesteckt werden muss, soll der Kirche zugutekommen. Sie soll vorsichtig so verändert werden, dass sich dort wieder Gruppen treffen können. Es wird einen neuen Chor geben, und die Gemeinde-Band könnte hier proben. Außerdem soll die schmucke kleine Kirche ein Ort der Begegnung werden, mit offenen Angeboten und auch unkonventionellen Ideen, die auch kirchenfernere Menschen am Gemeindeleben teilhaben lassen kann.

„Ihr seid auf einem guten, zukunftweisenden Weg“, fasste Julia Holtz die Eindrücke des Visitationsteams von eindrücklichen zwölf Stunden in Niederwenigern zusammen. „Der Auftrag Jesu, seine Botschaft von der Liebe Gottes in die Welt zu tragen und Menschen in seine Nachfolge zu berufen, ist heute so aktuell wie vor 2.000 Jahren. Wir sind aufgefordert, ihn immer wieder neu umzusetzen.“

(hmj)

Autor:

Ev. Kirchenkreis Hattingen-Witten aus Hattingen

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