Hattingen: Gemeinsam Leben gerettet - Notfallsanitäter Michael Schäfer und Rettungssanitäterin Julia Schindler danken Ersthelfern

Julia Schindler und Michael Schäfer vor einem Krankentransportwagen. Mit einem solchen Fahrzeug waren sie mit einer Patientin zum Krankenhaus  Niederwenigern unterwegs, als auf der anderen Straßenseite ein Mann leblos zusammenbrach. Gemeinsam mit zwei Passanten konnten sie den Mann wiederbeleben.  Foto: Römer
  • Julia Schindler und Michael Schäfer vor einem Krankentransportwagen. Mit einem solchen Fahrzeug waren sie mit einer Patientin zum Krankenhaus Niederwenigern unterwegs, als auf der anderen Straßenseite ein Mann leblos zusammenbrach. Gemeinsam mit zwei Passanten konnten sie den Mann wiederbeleben. Foto: Römer
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Michael Schäfer ist seit 20 Jahren Rettungssanitäter bei der Feuerwehr Hattingen, gehört zu den wenigen, die sich inzwischen als Notfallsanitäter weitergebildet haben. Dennoch ist das, was er dieser Tage erlebte, auch für so einen „alten Hasen“ nicht alltäglich.

Gemeinsam mit seiner jungen Kollegin Julia Schindler (22), die erst im vergangenen Oktober ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin abgeschlossen hat, war er mit einer Patientin im Krankentransportwagen (KTW) in Niederwenigern auf der Essener Straße unterwegs.
Plötzlich bemerkten die beiden Sanitäter zufällig, dass auf der anderen Straßenseite ein Mann zusammenbrach und auf dem Bürgersteig liegenblieb. Sofort stoppten sie ihr Fahrzeug und eilten dem Mann zur Hilfe.
Dort knieten bereits zwei Passanten und leisteten Erste Hilfe, hatten den Mann in die stabile Seitenlage gebracht. „Diese beiden Ersthelfer waren Glück für den Mann und auch für uns“, erzählen Michael Schäfer und Julia Schindler, „denn eigentlich dürfen wir Patienten niemals allein im Krankenwagen lassen. So konnten wir uns aber zunächst aufteilen und hinterher beide gemeinsam helfen.“
Julia Schindler ging also mit einem der beiden Ersthelfer zum KTW, damit dieser sich um die Patientin darin kümmern konnte.
„Ich habe ihm ganz schnell gesagt und gezeigt, auf was er zu achten hat“, so die 22jährige. „Dann habe ich mir die Sachen geschnappt, die wir für den leblosen Mann auf dem Bürgersteig brauchten, und bin zurück gerannt.“
Leblos, das war der Mann auf dem Bürgersteig nämlich tatsächlich. Michael Schäfer, der zwischenzeitlich Notarzt und Rettungswagen (RTW) per „112“ benachrichtigt hatte: „Der Mann hatte einen Herz-/Kreislaufstillstand. Wir mussten ihn wiederbeleben. Dabei hat der Ersthelfer uns nach unserer Anweisung geholfen. Wir mussten den Patienten mit Beutel-/Maskenbeatmung zurück ins Leben holen. Das haben wir gemeinsam zum Glück auch geschafft.“
Als knapp zehn Minuten nach dem Anruf Notarzt und RTW vor Ort waren, konnten sie den Patienten übergeben. Er wurde anschließend zur weiteren Behandlung in ein Wittener Krankenhaus gebracht.
„Die Kollegen waren so schnell wieder weg, wie sie gekommen sind. Wir hatten nicht einmal Zeit, uns den Namen des Patienten zu notieren, um mal nach zu hören, ob er alles gut überstanden hat. Wir haben nur gehört, dass er noch am Leben ist“, sagen die beiden Sanitäter.
Gleiches gilt übrigens für die beiden Ersthelfer. Michael Schäfer: „Ohne diese beiden hilfsbereiten Menschen hätte es für den Mann schlecht ausgesehen. Es ging dann irgendwie alles so schnell, dass wir nicht einmal Zeit hatten, uns im Namen des Mannes bei ihnen zu bedanken. Sie haben im richtigen Moment Courage gezeigt. Gut für den Mann war natürlich auch, dass wir gerade vorbei kamen.“

"Die Menschen sind hilfsbereiter geworden"

Seinem Gefühl nach sei in der letzten Zeit so etwas wie „ein Ruck“ durch die Gesellschaft gegangen: „Die Menschen sind etwas hilfsbereiter geworden. Wir können alle nur ermutigen, die Erste-Hilfe-Kenntnisse von vor der Führerscheinprüfung auch anzuwenden.“
Seine Kollegin Julia Schindler schränkt allerdings ein: „Bei Unfällen oder wenn jemand zusammenbricht, da kümmern sich gleich welche drum. Aber wenn jemand in der Innenstadt in einer Ecke liegt, da gehen die meisten vorbei und denken, dass der betrunken ist.“
Schlimm finden die beiden Rettungssanitäter, die auch für einen Teil der Autobahn 43 zuständig sind, das Verhalten von Gaffern und Schaulustigen, die gleich bei ihrer Ankunft die Sanitäter mit ihren Smartphones filmen und womöglich noch maulen, weil ihnen die Sicht versperrt wird: „Wir müssen bei Einsätzen die Persönlichkeitsrechte des Patienten schützen. Deshalb geben wir diesen Neugierigen keine Möglichkeit, uns zu beobachten, damit wir vernünftig am Patienten arbeiten können. Wir arbeiten da mit ausgebreiteten Tüchern als Sichtschutz. Das hat sich bewährt. Aber besonders schlimm ist das Glotzen auf der Autobahn. Da bleiben manche fast stehen beim Vorbeifahren. So etwas müsste unserer Ansicht nach ganz streng bestraft werden.“
Lachen müssen Julia Schindler und Michael Schäfer mit ihren Kollegen auf der Rettungswache immer, wenn sie zwischen ihren Einsätzen – fünf bis zehn sind es pro einer Zwölf-Stunden-Schicht durchschnittlich, beim Altstadtfest oder ähnlichen Großveranstaltungen mehr, rund um Brückentage auch schon einmal weniger – ihre Fernseh-Kollegen im Einsatz sehen: „Manche Menschen glauben, das, was sie dort sehen, sei die Wirklichkeit. Wir haben schon erlebt, wenn wir beispielsweise beim Reanimieren mit einem Stromstoß arbeiten müssen, dass von draußen zu hören war, ,die machen das nicht richtig‘, bloß weil unser Patient nicht von der Trage so abhebt wie im Fernsehen.“
Stattdessen raten die Profis: „Die Leute müssten ab und an mal ihre Kenntnisse der Ersten Hilfe auffrischen. Denn selbst mit so kleinen Sachen wie einer stabilen Seitenlage kann der Einzelne viel helfen. Und, Leute, zeigt noch mehr Mut bei der Hilfeleistung! Unser Leitstelle hilft auch per Telefon in Notfällen. Wir haben dafür eigens besonders ausgebildete Kollegen, die einem genau telefonisch durchgeben können, was zu tun ist, bis in spätestens acht Minuten der Notarzt am Einsatzort eingetroffen ist.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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