König im Kindergarten

Hauke und Luca  (2. und 3. von links) überlegen noch, ob sie später Erzieher werden möchten. Sandra Brinkmann (JobCenter Herne, links) und Bernd Skubinn (Lehrer am Herner Emschertal Berufskolleg) leisten Überzeugungsarbeit. WB-Foto: Erler
  • Hauke und Luca (2. und 3. von links) überlegen noch, ob sie später Erzieher werden möchten. Sandra Brinkmann (JobCenter Herne, links) und Bernd Skubinn (Lehrer am Herner Emschertal Berufskolleg) leisten Überzeugungsarbeit. WB-Foto: Erler
  • hochgeladen von Bernhard W. Pleuser

„Der Beruf ist nicht so stressig, man spielt viel mit kleinen Kindern und man muss nicht so einen starken Druck aushalten. Außerdem kann man den Kindern viel beibringen.“ Luca (13) und Hauke (14) können dem Beruf des Erziehers offenbar einiges abgewinnen.

Die beiden Jungs vom Otto-Hahn-Gymnasium nehmen am „Boys Day“ an einem Jungs-Workshop im Bochumer Familienzentrum Kinder Oase teil. Die JobCenter und das Herner Emschertal Berufskolleg bemühen sich, männliche Erzieher für die Kindertagesstätten zu rekrutieren. Damit kann man nicht früh genug beginnen.
„Bundesweit“, so Sandra Brinkmann vom JobCenter Herne, „bestehen die Teams der Kindertagesstätten zu gerade mal 2,5 Prozent aus Männern. Dabei könnten Männer den Kindern wichtige Impulse geben.“ Die Empfehlung der EU liegt bei einem Anteil von 20 Prozent.
Immerhin, das Interesse ist groß: Mit 30 Teilnehmern hatte man gerechnet. Gekommen sind 43 Jungs aus Herne, Bochum, Witten und Essen. Sie besuchen in Realschulen, Gymnasien oder Gesamtschulen die achten oder neunten Klassen. Zumindest ein lokaler Anfangserfolg für die Bundes-Initiative „Männer in KiTas“.
„In Herne wird nur ein einziger Kindergarten von einem Mann geleitet“, gibt Bernd Skubinn, Lehrer am Emschertal Berufskolleg zu verstehen. „Männer als Erzieher sind heiß begehrt. Kleine Jungs brauchen das Vorbild Mann in der Kindertagesstätte. Auch bei Mädchen sind sie sehr beliebt, weil diese sonst ausschließlich auf Frauen fixiert sind.“ Nach Skubinns Ansicht hängt der mangelnde männliche Zulauf wesentlich auch mit der Bezahlung zusammen. Florian Föcking, der seit zwei Jahren als Erzieher in der Bochumer KiTa St. Paulus arbeitet, relativiert ein bisschen: Mit 1400 bis 1500 Euro im Monat komme er allein ganz gut zurecht. „Eine Familie kann man davon natürlich nicht ernähren.“
Föckings Augen leuchten, wenn er davon spricht, „die Persönlichkeit des Kindes zu begleiten und zu entwickeln.“ Er lächelt, wenn er von seinen Anfängen als Erzieher berichtet. „Ich war der König im Kindergarten. Vor allem die Jungs haben sich auf mich gestürzt.“ Die Arbeit bereite ihm riesigen Spaß, „auch wenn es manchmal nervig ist“.
Die Jungmänner, die am Workshop teilnehmen, stellen sehr zaghaft ihre Fragen. „Muss ein Erzieher jede Kleinigkeit in der Entwicklung von Kindern dokumentieren?“, will einer wissen. „Im Prinzip schon“, antworten die Experten, „aber das ist nicht so aufwändig wie es sich anhört.“ Außerdem arbeite man ja im Team und jeder trage etwas aus seinen persönlichen Beobachtungen bei.
Nach der Theorie kommt die entspannende Praxis. Die Workshop-Jungs basteln Sponge Bobs und Pinguine – wie sie es später mit den KiTa-Kindern vielleicht auch machen würden.
Luca und Hauke haben unterdessen eine Alternative für ihren Berufsweg gefunden. Wenn es mit dem Erzieher nichts werde, kämen durchaus auch Polizist und Architekt infrage. Dabei ist die berufliche Einsatz-Palette für Erzieher nicht auf Kindergärten beschränkt: Es stehen ihnen auch die Türen von Heimen, Jugendzentren oder Einrichtungen des Offenen Ganztags offen.

Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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