Frage der Woche: Missbrauch und Vertuschung – Was muss die katholische Kirche ändern?

Der Regensburger Dom im Jahr 1865. Seit 1945 wurden hier mehr als 500 Kinder systematisch gequält und missbraucht. | Foto: By Franz Josef Denzinger [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Der Regensburger Dom im Jahr 1865. Seit 1945 wurden hier mehr als 500 Kinder systematisch gequält und missbraucht.
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Die katholische Kirche steht unter Druck. Es gibt unglaublich viele Opfer und unglaublich viele Täter. Erstere suchten über Jahrzehnte lang vergebens ein offenes Ohr, Letztere konnten sich auf die Verschwiegenheit ihrer Oberen verlassen. Doch stellt sich die Kirche jetzt ihrer Verantwortung?

Im letzten Monat wurden die Ergebnisse der umstrittenen Studie bekannt, die im Auftrag der Kirche selbst erarbeitet wurde. Darin kamen die Forscher*innen zu dem Ergebnis: Zwischen 1946 und 2014 seien 3677 Minderjährige Opfer sexueller Straftaten durch Kirchenfunktionäre geworden sein. Von 1.670 Sexualtätern in kirchlichen Würden ist darin die Rede. Das sind Zahlen, die nicht wenigen Katholiken in Deutschland die Schamesröte ins Gesicht treiben. Sie verlieren das Vertrauen in die Heiligkeit der Institution, die nur langsam, nur unvollständig und nur widerwillig Auskunft gibt über die eigenen Abgründe. 

Entstehung der Studie: Nur die Spitze des Eisbergs

Denn was die Studie ans Licht bringt, ist offenbar längst nicht alles. Die beauftragten Forscher*innen berichten nämlich, dass sie zu keinem Zeitpunkt die Originalakten der Kirche einsehen durften. Alle Schriftsätze seien zuvor durch die Hände von Kirchenpersonal gegangen, Namen wurden geschwärzt. In mindestens zwei Bistümern seien Akten gezielt vernichtet worden. Dazu kommt, dass Missbrauchsfälle aus Ordensgemeinschaften – so etwa Schulen und Kinderheime – gar nicht erst in die Studie aufgenommen wurden. Das gilt auch für die 500 Fälle von Gewalt an Kindern bei den Regensburger Domspatzen. Der Kirchenbeauftragte Bischof Stephan Ackermann sagte zur Veröffentlichung der Studie

Ziel der Studie, an der sich alle 27 Diözesen Deutschlands beteiligt haben, ist es, mehr Klarheit und Transparenz über diese dunkle Seite in unserer Kirche zu erhalten und zwar um der Betroffenen willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen. Es geht uns um eine verantwortungsvolle und professionelle Aufarbeitung.

Aber wie müsste eine solche verantwortungsvolle Aufarbeitung aussehen? Welche Strukturen sind dafür verantwortlich, dass so unermesslich viele Kinder über Jahre gequält und missbraucht werden konnten? Welche Reformen sind angesichts dieser Verbrechen denkbar, welche notwendig? Welche Mittel hat der Rechtsstaat noch nicht genutzt? Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare.

Achtung: In dieser Woche sprechen wir über furchtbare Verbrechen, an denen die Opfer ein Leben lang zu leiden haben. Sie sind selbst Opfer von Gewalt durch katholische Geistliche geworden und möchten sich mitteilen? Wir veröffentlichen Ihren Kommentar selbstverständlich anonymisiert. Schicken Sie dazu einfach eine Mail an service@lokalkompass.de oder eine PN an den Autor.

Autor:

Jens Steinmann aus Herne

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