aufRECHT bestehen: Kein Sonderrecht im Jobcenter - 2. Mahnwache (update)

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Hartz IV- Stolpersteine. Bei trockenem Wetter und relativ milden Temperaturen bauten wir auch heute wieder unseren Stand auf, um mit Passanten ins Gespräch zu kommen und vor den bevorstehenden weiteren Verschlechterungen im Hartz IV-Recht zu warnen.

"Stimmt das wirklich alles, was da auf den Steinen steht?" Der junge Mann sah mich zweifelnd an. Ein bisschen müde und auch traurig. "Ja," sagte ich ihm kurz. Zu jedem der erhobenen Vorwürfe kann ich eine Geschichte erzählen, kann Namen benennen und oftmals auch Aktenzeichen beibringen. Wir kamen ins Gespräch. Er erzählte von seiner Ausbildung, seiner Kündigung danach und von seinen Erfahrungen mit der Zeitarbeit. "Ich habe wohl schon alle Zeitarbeitsfirmen in Iserlohn durch." Jetzt ist er wieder arbeitslos. Bei seinem letzten Job hatte er Überstunden geschoben, Nachtarbeit und Akkordarbeit. "Etwas über 700,00 €" habe er erhalten, sagte er enttäuscht.

Meine Frage, ob ihn denn niemand auf die Möglichkeit der Aufstockung hingewiesen hatte, verneinte er. Aufstockung, was ist das? Als ich es ihm erklärte, wusste er, dass ihn Jobcenter und Zeitarbeit beschissen hatten. Falschberatung steht auf einem der Stolpersteine, Nichtberatung auf einem anderen. - Jetzt weiß er, was gemeint ist.

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Update.

Einige Personen kritisierten die Aktion. „Immerhin haben wir ein besseres Sozialsystem als die meisten anderen Länder.“ „Verglichen mit der Dritten Welt, . . .“, „- und dem Mittelalter, und der Steinzeit . . .“ helfe ich gern aus.
- Ja, . . . und?

Ein Anderer „kennt Menschen, die nichts tun“, aber richtig abkassieren. „Ach, sie kennen Börsianer, - nichts tun wollen, außer abkassieren?“ Darauf war er nicht vorbereitet, zeternd ging er weiter. Auf ein ernsthaftes Gespräch wollte er sich nicht einlassen.

Aber es gab auch ernste Kritiker. Die Frage muss erlaubt sein, ob Deutschland sich seinen Anspruch als Sozialstaat dauerhaft leisten kann. Ein Paar aus Australien hielt es für untragbar, dass die Umverteilung zugunsten derer, die weit mehr verdienen, als Sie zum Leben tatsächlich brauchen auf Dauer nicht tragbar ist. Ein Konflikt, den sie rund um den Globus vermehrt wahrgenommen haben. Wir waren uns einig darin, dass bedingt durch den rasanten Wandel z.B. in der modernen Computerwelt viele Arbeitsplätze ersatzlos hinfällig werden. Es gibt nicht mehr genug ausreichend bezahlte Arbeit für alle. Auf jede freie Stelle kommen bereits heute 8 Erwerbslose. Über die Qualität der freien Stellen sagt das noch nichts aus. Durch die Einführung einer Sozialversicherungspflicht bei 450,00 €-Jobs hat die Regierung die Zahl offener Arbeitsplätze für die Statistik massiv manipuliert. Zur Täuschung naiver Menschen ist das ausreichend.
Andererseits gilt: An sinnvoller, aber unbezahlter Arbeit fehlt es so schnell nicht. Das belegt die steigende Zahl an Arbeitsstunden in Ehrenämtern. Und das belegen die verkürzten Zeitvorgaben in Krankenhäusern und Altenheimen für die Pflegezuwendung.

Der überwiegende Teil der Gespräche bestätigt unsere Kritik. Einige berichteten uns von ihren Erfahrungen und wir verwiesen sie auf die Möglichkeiten kompetenter Rechtsberatung.

Am kommenden Mittwoch, den 01.10.2014 ab 8:30 Uhr werden wir noch eine dritte Mahnwache direkt vor dem Jobcenter Märkischer Kreis, Friedrichstraße 59/61 in Iserlohn abhalten. Dann ist Zahltag in Iserlohn und Notfallsprechstunde.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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