Gesellschafterversammlung der MVG
Bilanz stimmt vorsichtig optimistisch

von links:
Marco Voge (Landrat Märkischer Kreis)
Frauke Effert (Geschäftsführung MVG)
Stefan Janning (Geschäftsführung MVG)
Karsten Meininghaus (Vorsitzender Aufsichtsrat
MVG) Foto: Jochen Sulies/MVG
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    Marco Voge (Landrat Märkischer Kreis)
    Frauke Effert (Geschäftsführung MVG)
    Stefan Janning (Geschäftsführung MVG)
    Karsten Meininghaus (Vorsitzender Aufsichtsrat
    MVG) Foto: Jochen Sulies/MVG
  • hochgeladen von Andrea Rosenthal

„Bei den Fahrgastzahlen waren gerade im ersten Halbjahr noch immer Auswirkungen der Corona-Pandemievorhanden und die wirtschaftlichen Folgeeffekte des Ukraine-Krieges waren auch bei der MVG stark zu spüren“. Mit diesen Worten bilanziert die Geschäftsführung der MVG das Geschäftsjähr 2022 in der Gesellschafterversammlung, die am Dienstag, 15. August, in der Betriebsstelle Iserlohn stattfand.

Geschäftsführer Stefan Janning berichtet, dass sich die Nachfrage bei der MVG – wie im bundesweiten Branchentrend – im Vergleich zu den beiden Vorjahren positiv entwickelt hat. 31,1 Mio. Fahrgäste im öffentlichen Linienverkehr im Jahr 2022 haben sich für das ÖPNV-Angebot der MVG entschieden (Vorjahr: 27,6 Mio.). Allerdings sei man von den Zahlen vor der Corona-Pandemie noch Einiges entfernt (vgl. 2019: 34,4 Mio. Fahrgäste). Der Jahresfehlbetrag der MVG liegt aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen und Investitionen mit 25,7 Mio. Euro über dem des Vorjahres (20,8 Mio. Euro).

Leichte Zuwächse durch die Einführung des 9-Euro-Tickets im Zeitraum von Juni, Juli und August wirken positiv auf die Entwicklung der Fahrgastnachfrage. Die entgangenen Einnahmen aus dem 9-Euro-Ticket und die pandemiebedingten Einnahmenausfälle wurden durch staatliche Zuschüsse im Rahmen des ÖPNV-Rettungsschirms mit 6,8 Mio. Euro ausgeglichen.

Janning freut sich: „Der Verkaufsstart für das 9-Euro-Ticket bei der MVG konnte reibungslos zum 1. Juni 2022 erfolgen.“ Im Herbst 2022 legten sich Bund und Länder auf eine Nachfolgeregelung fest: Das Deutschlandticket zum Preis von 49 Euro. Zur rechtzeitigen Einführung am 1. Mai 2023 hat die MVG die Chipkarten für ihre Kundinnen und Kunden und zahlreiche interne Abläufe angepasst.

Zusätzlich unterstützt ein neu eingeführtes Abo-Onlineportal auf der Internetseite der MVG die Umstellung auf das Deutschlandticket. Der Dank gilt hier den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nicht überall in der Republik gelang der Start des Deutschlandtickets so reibungslos wie im Märkischen Kreis.

Bereits zum Schuljahreswechsel im August 2023 gibt es für die Schülerinnen und Schüler im Märkischen Kreis das Deutschlandticket Schüler. Anspruchsberechtigte bekommen es über ihre Schulen, sonstige interessierte Schülerinnen und Schüler können es bereits für einen vergünstigten Preis (29 Euro) kaufen, sofern die vertraglichen Voraussetzungen mit den Schulverwaltungsämtern abgeschlossen sind.

Semester-Ticket, Sozial-Ticket und weitere Derivate des Deutschland-Tickets befinden sich momentan noch in der politischen Diskussion. Dies gilt ebenso für die in den Folgejahren noch nicht festgelegte Finanzierung des Deutschlandtickets über Bund und Land – darauf blicken MVG und zahlreiche Branchenunternehmen sehr interessiert.

Im Geschäftsjahr hat die MVG ihr Engagement im Bereich zukunftsorientierter Angebotsformen fortgeführt.

Autonomer Bus fährt

Das 2022 fortgesetzte Forschungsprojekt „a-Bus Iserlohn – New Mobility Lab“ wurde im Juni 2023 planmäßig abgeschlossen. Gemeinsam mit den Projektpartnern FH Südwestfalen, Stadt Iserlohn und Stadtwerke Iserlohn wurde auf einer Strecke vom Stadtbahnhof Iserlohn zum Campus der FH Iserlohn die technische und wirtschaftliche Dimension erforscht. Das automatisiert fahrende Fahrzeug konnte in diversen Realeinsätzen getestet und vorgestellt werden.

BEA bringt Flexibilität

Eine absolute Neuigkeit im Leistungsangebot der MVG ist BEA. BEA steht für Bestellen - Einsteigen – Ankommen und ist ein sogenannter On-Demand-Verkehr, der nur „bei Bedarf“ oder „auf Anforderung“ fährt. BEA fährt seit dem 27. März 2023 im Bedienungsraum Meinerzhagen / Valbert und erfreut sich seit Betriebsbeginn einer regen Nachfrage. Die Fahrten werden per BEA-App oder telefonisch gebucht. Die Fahrtrouten werden von einem Algorithmus berechnet, der ähnliche Fahrtbestellungen in einer Fahrt bündelt und auf diese Weise die Auslastung der Fahrzeuge optimiert.

So zeigt auch Landrat Marco Voge seine Freude über den gelungenen Start: „Gemeinsam mit der MVG hat der Märkische Kreis den ersten On-Demand-Verkehr eingeführt. Mit diesem innovativen Angebot und der erkennbar positiven Entwicklung der Fahrgastzahlen zeigen der Märkische Kreis und die MVG, dass diese nachfrageorientierten Mobilitätsangebote auch im ländlichen Raum stark an Bedeutung gewinnen werden.“

MVG spürt die Krisen

Die wirtschaftliche Lage im Jahr 2022 war gekennzeichnet von den Folgen des Ukraine-Krieges. Energiepreiserhöhungen, Inflation sowie Material- und Lieferengpässen hatten ebenfalls Auswirkungen auf die Kennzahlen der MVG im Berichtsjahr. Dennoch zeigt sich Karsten Meininghaus, Vorsitzender des Aufsichtsrates der MVG, sehr zufrieden: „Der sensible Umgang mit öffentlichen Mitteln ist für die Verantwortlichen der MVG nicht neu. Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte die MVG, trotz zahlreicher externer Einflussfaktoren, ihr Leistungsangebot für die Menschen im Kreis auf einem hohen Niveau aufrechterhalten. Dabei gilt es vorrangig, möglichst schnell wieder viele Fahrgäste in den Linienbussen begrüßen zu können.“

Hinzu kommen weitere Herausforderungen über externe Einflussfaktoren. Die Auswirkungen des bekannten Themas „A45 Rahmedetalbrücke“ werden die MVG noch bis mindestens in das Jahr 2026 begleiten. Straßensperrungen, Staus und Fahrzeit verlängernde Linienwege belasten nicht nur die Bevölkerung in und um Lüdenscheid. Insbesondere für das Fahrpersonal auf den Linienbussen im Märkischen Kreis folgt hieraus eine starke Belastung über einen extrem langen Zeitraum. Mehrere Fahrplananpassungen aufgrund der Verkehrssituation in Lüdenscheid haben bereits zu einem zusätzlich erhöhten Personalbedarf bei der MVG wie auch bei den Auftragnehmern geführt.

Personalmangel ist  ein Problem

Eine weitere Herkules-Aufgabe gilt auch für die MVG. Branchenweit ist es in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden, den Bedarf an Fahrpersonal zu decken. Die Einstellung
von Fahrpersonal mit den notwendigen Qualifikationen war im Berichtsjahr eine unternehmensweite Herausforderung, und für die nächsten drei Jahre wird allein für die MVG
– insbesondere aufgrund von Renteneintritten – ein weiterer Personalbedarf von 70 bis 80 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Fahrdienst prognostiziert. Die MVG plant aus diesem Grund, ihr Personalmarketing auszubauen.

Zudem soll auch die Ausbildung in der MVG-eigenen Fahrschule forciert werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine Ausbildung bei der MVG eine sehr gute Zukunftsperspektive für junge Menschen bietet. Neben den klassischen Ausbildungsbereichen im Fahrdienst, den Werkstätten und in der Verwaltung haben zahlreiche Ex-Auszubildende einen Dualen Studiengang (Bachelor of Arts) bei der MVG absolviert. Geschäftsführerin Frauke Effert ist stolz: „Die MVG bietet vielfältige und sehr gute Ausbildungsmöglichkeiten. Viele unserer ehemaligen Auszubildenden erlangen zum Abschluss ihres Studiums Bestnoten und werden von der SIHK in Hagen geehrt.“ Die MVG bietet ihren Beschäftigten außerdem zahlreiche flankierende Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung: Homeoffice und flexible Arbeitszeitgestaltung, EMS-Training und Massagen sowie Fahrradleasing. Hierzu zählen auch: Mitarbeiter-, Partner und Kinderfahrkarten.

In der öffentlichen Wahrnehmung oft nicht erkennbar, ist auch die fortschreitende Digitalisierung in nahezu allen Bereichen der MVG. Seit Jahren in Betrieb sind beispielsweise ein Betriebshofmanagementsystem, die Auskunft über die Personaldisposition per App und ein komplett digitalisierter Rechnungslauf. In der Umsetzung befinden sich bereits: Digitale Vertrags- und Personalverwaltung sowie die Aktualisierung auf die neueste Planungssoftware für die Fahrerdienstplanung.

Parallel zu den täglichen Herausforderungen und größeren Projekten gibt es immer mehr rechtliche Herausforderungen von der EU, welche von der MVG umzusetzen und dauerhaft einzuhalten sind. Hier zu nennen das Hinweisgeberschutzgesetz, NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz, sowie das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz.

Geschäftsführerin Frauke Effert berichtet noch über eine für alle Betriebsbereiche der MVG sehr weitreichende Aufgabe: „Die Umstellung der Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe. Die MVG unterliegt als Sektorenauftraggeber dem Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz. Dieses fordert eine quotierte Beschaffung von „sauberen“ bzw. „emissionsfreien“ Bussen in gestaffelt definierten Zeiträumen.“ Dies bedeutet für die MVG und die Auftragsunternehmen im Märkischen Kreis, dass bis Ende 2025 45% und bis Ende 2030 65% der neu angeschafften Fahrzeuge „sauber“ oder „emissionsfrei“ sein müssen. Effert betont: „Nahezu alle Unternehmensbereiche der MVG werden mit der Planung, Vorbereitung und Umsetzung gefordert.“

Weniger CO2-Ausstoß

In Zusammenarbeit mit dem Märkischen Kreis wurde eine Umsetzungsstudie durchgeführt, welche den Einsatz von alternativen Antrieben analysiert: Es wurden verschiedene Pfade zur Dekarbonisierung der Busflotte betrachtet. Wie sich herausstellte ist der Einsatz eines batterieelektrisch betriebenen Busses für die MVG aktuell am sinnvollsten. Eine zu erwartende Technologieentwicklung ermöglicht es der MVG auch lange Umläufe zukünftig rein elektrisch fahren zu können und somit eine große Menge lokaler Emissionen zu vermeiden. „Eine Integration von Wasserstoffahrzeugen ist zwar auf Grund der Wirtschaftlichkeit und von derzeitigen technologischen Einschränkungen nur schwierig machbar, wird aber auch in Zukunft weiter betrachtet. Die Implementation von diesen Brennstoffzellenfahrzeugen kann unter bestimmten Voraussetzungen auch bis in die frühen 30er Jahre vorgenommen werden“, ergänzt Effert mit einem Blick in die weitere Zukunft.

Um eine elektrisch angetriebene Flotte betreiben zu können, müssen auch im Bereich der Infrastruktur viele Maßnahmen vorgenommen werden. So müssen die Betriebshöfe der MVG
mit Ladepunkten versehen und für die Abstellung, Wartung sowie Instandhaltung von Elektrobussen ertüchtigt werden. Die Ergebnisse, die im Rahmen der gemeinsamen Analyse von MK und MVG erzielt wurden, werden noch im Jahr 2023 in den politischen Gremien erörtert.

Autor:

Lokalkompass Iserlohn-Hemer aus Iserlohn

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