"Ihr tragt die Verantwortung dafür, dass sich solche Gräueltaten nie wiederholen.“

Foto: Ingrid van Gemmeren

130 Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums für Wirtschaft und Verwaltung hatten am 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz eine ganz besondere Geschichtsstunde. Die Holocaust-Überlebende Eva Weyl berichtete anschaulich und ergreifend über ihre Kindheit während des Nationalsozialismus und wandte sich gleich mit ihrem wichtigsten Anliegen an die jungen Menschen: „Ihr seid nicht schuldig an den Verbrechen der Nazis, aber ihr tragt die Verantwortung dafür, dass sich solche Gräueltaten nie wiederholen.“
Eva Weyls Urgroßvater hatte 1880 in der damals boomenden Stadt Kleve ein Manufakturkaufhaus eröffnet, heute Galeria Kaufhof. Aber seit der Machtergreifung der Nazis wurde das Leben für die jüdische Familie immer schwieriger, nicht nur, weil SS-Männer mit Plakaten „Deutsche, kauft nicht bei Juden“ den Eingang zum Geschäft versperrten. Sie ließ sich deshalb 1934 in Arnheim nieder, wo Eva 1935 geboren wurde und zunächst eine unbeschwerte Kindheit verlebte.

Als sie sechs Jahre war, änderte sich jedoch alles. Die Nazis hatten die Niederlande überfallen und deportierten in den nächsten Jahren 107000 Juden in das Durchgangslager Westerbork in der Nähe von Groningen. So auch Eva und ihre Eltern. Die engen, ungeheizten Baracken mit Stapelbetten, der Stacheldraht, der das Lager mit einer Fläche von fünf Fußballfeldern umgab, die Trennung vom geliebten Vater, der bei den Männern untergebracht wurde, flößten dem kleinen Mädchen schreckliche Angst ein. „Es war ein grausiger Ort.“

Dabei wusste sie – wie die meisten Juden dort – nicht, dass die wirklichen Schrecken erst begannen, wenn man auf der Liste für den Zug Westerbork-Auschwitz stand. Jeden Dienstag wurden 1000 Menschen in die Viehwaggons gezwängt und in die Vernichtungslager im Osten transportiert. Nur 5000 Juden aus Westerbork entkamen der Vergasung. Familie Weyl gehörte dazu, denn dank mehrerer glücklicher Zufälle entging sie dreimal der Deportation. „My story is a happy story“, sagt Eva Weyl.

Die 79-Jährige, die in Amsterdam lebt und seit drei Jahren Schulen am Niederrhein besucht, damit auch die heutige Generation das Geschehene nicht vergisst, betont, dass sie gerne nach Deutschland kommt und beeindruckt ist vom Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit. So lobt sie z. B. die Stolpersteine, die in vielen Städten an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, zu denen neben den Juden auch Sinti, Roma, Homosexuelle und Behinderte gehörten.

Die Schülerinnen und Schüler hoffen, dass Eva Weyl noch lange als Zeitzeugin mit jungen Menschen ins Gespräch kommen wird. „Mit ihrer lebendigen und trotz des Themas humorvollen Art und der sehr anschaulichen PowerPointPräsention gelingt es Frau Weyl, die schrecklichen Geschehnisse beeindruckend darzustellen. Wir werden nicht nur die Geschichte des Ringes, dessen Diamanten in die Knöpfe des Mantels der kleinen Eva eingenäht waren, behalten, sondern vor allem ihren Appell: Versucht die Welt etwas besser zu hinterlassen, als ihr sie vorgefunden habt.“

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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