Infoveranstaltung zum Nationalpark Reichswald
Was im Nationalpark erlaubt und was verboten ist

Vortrag von Dietrich Cerff
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Die Initiative für einen (Inter-)Nationalpark Reichswald hatte eingeladen und viele, viele kamen. Einige mussten stehen, da das Kolpinghaus in Kleve gar nicht so viel Stühle hatte, um allen einen Sitzplatz zu bieten. Die Einlader hatten sich viel Mühe gegeben, um möglichst umfangreiche Informationen zum Themenkomplex zu geben und mehrere Gäste eingeladen.

Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, informierte über die Ziele und Hintergründe einer Nationalpark-Ausweisung. Weitere Vorträge gab es von Michael Lammertz (Leiter Nationalpark Eifel), Dr. Heike Döll-König (Geschäftsführerin Tourismus NRW), Dietrich Cerff (NABU-Kreisverband Kleve), sowie Henny Brinkhof (Natuurmonumenten). Moderiert wurde der Abend vom Journalisten Andreas Gebbink, der auch das Publikum zu Wort kommen ließ.

Die Referenten Dietrich Cerff (NABU-Kreisverband Kleve), Henny Brinkhof (Natuurmonumenten),  Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Heike Döll-König (Geschäftsführerin Tourismus NRW), Michael Lammertz (Leiter Nationalpark Eifel).
  • Die Referenten Dietrich Cerff (NABU-Kreisverband Kleve), Henny Brinkhof (Natuurmonumenten), Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Heike Döll-König (Geschäftsführerin Tourismus NRW), Michael Lammertz (Leiter Nationalpark Eifel).
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Nationalpark nicht nur für Tier und Umwelt

Bürger, die bisher meinten, ein Nationalpark bestehe nur aus Wildnis und bringe für Menschen nur Verbote, wurden überrascht. Umweltminister Oliver Krischer sagte gleich zu Beginn, es bestehe ein Konsens, dass ein Nationalpark zwei Ansprüche erfüllen müsse, nämlich die Belange von Mensch und Natur vereinen müsse. Das betreffe den Schutz der Natur und ihrer Dynamik, aber auch die Förderung von Naturerleben, Erholung und Umweltbildung. Diese Ansicht hätten alle Landesregierung seit Beginn des ersten Nationalparks 2003 in NRW formuliert. Und das solle auch so bleiben.

Bürger, Gemeinden und Landkreise Hand in Hand
Gute Beispiele, wie das gelingen kann, trug der Leiter des Nationalparks Eifel, Michael Lammertz, vor. Er betonte, dass alle Entscheidungen zu Entwicklung und Ausgestaltung des Nationalparks einvernehmlich von den Landkreisen und Gemeinden mit dem Regierungspräsidenten in Köln getroffen worden seien. Auch die Bürger und wichtige Interessengruppen, wie Naturschutzverbände oder Landwirte, seien einbezogen worden.

Die wichtigsten Regeln im Nationalpark
Für das gesamte Schutzgebiet in der Eifel sind acht zentrale Regeln festgelegt, die auch so nach außen auf Plakaten und Flyern kommuniziert werden. Im Einzelnen sind das:
1. Wegegebot - Bleiben Sie auf den markierten Wegen
2. Leinengebot - Führen Sie ihren Hund an der Leine
3. Sammelverbot - Nur Eindrücke und Beobachtungen mitnehmen.
4. Rauchen Sie nicht und entzünden Sie kein Feuer
5. Vermeiden Sie Lärm
6. Nehmen Sie Abfälle wieder mit - Müll gehört nicht in die Natur
7. Radfahren nur auf ausgewiesenen Wegen
8. Zelten und jegliches Übernachten - auch in Wohnmobilen - ist verboten. Nutzen Sie     ausgewiesene Plätze im Nationalparkumfeld.

Diese Regeln zusammen mit der Besucherleitplanung reichen aus, um im Nationalpark Eifel ein gedeihliches Miteinander von Mensch und Natur zu organiseren.

Folie aus dem Vortrag von Michael Lammertz über den Nationalpark Eifel - Erfolge bei der Vielfalt im Artenschutz
  • Folie aus dem Vortrag von Michael Lammertz über den Nationalpark Eifel - Erfolge bei der Vielfalt im Artenschutz
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33 Millionen Euro Kaufkraft pro Jahr
Der Nationalpark Eifel, so Geschäftsführer Michael Lammertz, sei ein Erfolgsmodell. Nicht nur der Anstieg des Artenreichtums sei beachtlich.  Die Besucherzahl sei langsam und stetig gestiegen und liege nun bei über 1 Million im Jahr. Das bringe eine Menge Geld in die Region. Lagen die Erlöse 2007 noch bei 8 Millionen Euro, so liegen die Bruttoumsätze in den letzten Jahren bei 33 Millionen Euro im Jahr.
Von der großen Besucherzahl profitieren vor allem Ferienwohnungen, Hotels, Gaststätten, Campingplätze und -stellplätze, Gästeführer und der Fahrrad- und Kanuverleih. Aber auch Museen, Schwimmbäder und kulturelle Einrichtungen könnten Zuwachs erhalten.

Neue Strahlkraft für die Region
Dr. Heike Döll-König, die Leiterin von Tourismus NRW, ergänzte weitere Aspekte zur ökonomischen Bedeutung der Nationalparke bei. Sie betonte, dass der Bereich Tourismus und Gastgewerbe  mit 1, 7 Millionen Beschäftigten zu einem der größten Arbeitgeber in Deutschland angewachsen sei.  NRW liege inzwischen bei den Regionen mit den höchsten Besucherzahlen in Deutschland.

Die Tourismusforschung hätte vier aktuelle Trends ausgemacht, so Dr. Heike Döll-König. Besonders gestiegen in den letzten Jahren sei die Nachfrage nach Naturnaher Erholung, Kulturtourismus, Familienerholung und Fahrradfahren, und zwar in dieser Reihenfolge. In allen vier Bereichen biete der Niederrhein um Kleve-Goch-Kranenburg mit Wald, Rhein, Niers, Düffel und seinen kulturellen Highlights wie Schloss Moyland und Museum Kurhaus und den Klever Gartenanlagen glänzende Voraussetzungen. Der neue Nationalpark könnte dazu das i-Tüpfelchens bilden. Mit dem Etikett „Nationalpark“ bekäme die Region neue Strahlkraft, ein Image, mit der sich glänzend Werbung machen ließe.

Ihr Fazit: „Ein zweiter Nationalpark: ja! Grundlage für einen zukunftsfähigen Tourismus: nachhaltig, klimaneutral, voller biologischer Vielfalt und eine Bereicherung für das Land NRW.“

Reichswald einzige Möglichkeit für einen Nationalpark im Nordwestdeutschen Tiefland
Die Sicht der Ökologie auf den Reichswald trugen Dietrich Cerff vom Naturschutzverband Nabu und Henny Brinkhof von der niederländischen Stiftung Naturmonumenten vor. Beide sahen gute Voraussetzungen für eine Anerkennung als Nationalpark. In vielen Ländern würden Nationalparks eingerichtet, um die Vielfalt ökologischer Typen in einem Land abzubilden und unter Schutz zu stellen. Die bisherigen Nationalparks in Deutschland wären überwiegend in deutschen Mittelgebirgen, so Cerff. Es gäbe bisher kaum Nationalparks in der flacheren Ebenen des norddeutschen Tieflandes. Der Reichswald würde sich insofern als Nationalpark anbieten, als der das größte und einzige Altwaldgebiet im Nordwestdeutschen Tiefland sei und zudem einen hohen Laubwaldanteil habe. Nicht zu unterschätzen sei der Vorteil, dass der Reichswald in Landesbesitz wäre. Es gäbe also keine Konflikte mit privatwirtschaftlichen Interessen.

Aktuell, so Dietrich Cerff, verfüge der Reichswald über 600 ha Naturschutzgebiet und 80 ha Wildnisgebiet. Der Wald sei zu Kriegszeiten arg zerschunden. In den letzten Jahrzehnten hätte eine Erholung stattgefunden, der Strukturreichtum hätte zugenommen und böte große Chancen. In den ersten Jahren wären unterstützende Maßnahmen im Reichswald nötig, man könne sozusagen von einem „Nationalpark in Entwicklung“ sprechen. Das wäre aber auch in anderen Nationalparks nötig gewesen, was der Leiter des Nationalparks Eifel bestätigte.

Erweiterung um niederländische Gebiete möglich
Henny Brinkhof von der Stiftung Natuurmonumenten wünschte sich, die 5.000 ha des Reichswaldes um 4.000 ha des angrenzenden niederländischen Gebietes zu ergänzen. Die gebiete seien größtenteils im Besitz des Staatsforstes oder der Stiftung Naturmonumenten. Als Beispiele nannte er das Naturschutzgebiet De Bruuk, den St.-Jansberg, den Groesbeeks Wald und den ehemals deutschen Duivelsberg (Teufelsberg).
Anhand historischer Karten illustrierte er, dass der hiesige deutsch-niederländische Waldbestand im Mittelalter unter dem Begriff „Ketelwald“ eine Einheit gebildet hatte. Er erinnerte daran, dass es in den letzten 20 Jahren zwischen den niederländischen und deutschen Forst- und Umweltverbänden bereits Kooperationsprojekte zur Biotopvernetzung und zu Rotwildpfaden gegeben hat. Diese würden unter dem Begriff „Nationalpark“ weiterhin fruchtbar gemacht werden können.

Zugvogelzählung: Seltene Tierarten
Auf deutscher Seite ist bekannt, dass der Reichswald eine der größten Greifvogel-Populationen in NRW, ja sogar Deutschlands beherbergt. henny Brinkhof lieferte weitere imposante Zahlen aus der aktuellen Zugvogelzählung 2023. So seien im deutsch-niederländischen Grenzraum zwischen Nijmegen und Kleve 8.000 Mehlschwalben, 500 Mauersegler, 56 Baumfalken, 160 Wespenbussarde und 1.250 Weißstörche gezählt worden.

Übersichtskarte mit Landschaftsarealen, die den deutschen Teil des Nationalparks Reichswald ergänzen könnten. Quelle: H. Brinkhof, Natuurmonumenten.
  • Übersichtskarte mit Landschaftsarealen, die den deutschen Teil des Nationalparks Reichswald ergänzen könnten. Quelle: H. Brinkhof, Natuurmonumenten.
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Was ist erlaubt? Fragen und Antworten zum Nationalpark
Nach den Vorträgen gab es eine Befragung von Umweltminister Oliver Krischer und den Experten durch den Moderator Andreas Gebbink. Anschließend konnte sich das Publikum äußern.
Zusammenfassend einige Antworten zu den gestellten Fragen.
- Die Trinkwasserversorgung steht der Ausweisung als Nationalpark nicht entgegen. Minister Oliver Krischer sprach von einem vorrangigen Ziel, die Trinkwasserqualität für nachrangige Generationen zu erhalten. Mitten im Nationalpark Eifel gäbe es zwei der größten Trinkwasserstauseen NRWs. Wenn die Stadtwerke in Goch ihre Trinkwasserbrunnen erweitern wollten, sollten sie dies in dem zu erstellenden Vertragswerk zum Nationalpark verankern lassen.
- Die Jagd, sagte Michael Lammertz schelmisch, sei im Nationalpark Eifel verboten – allerdings wird weiterhin Wild erlegt! Nämlich um das ökologische Gleichgewicht und die Artenvielfalt zu erhalten. Auch mögliche Fressschäden an jungen Bäumen werden so im erträglichen Rahmen gehalten. Der Abschuss erfolgt durch sachkundige Personen, die von der Nationalparkverwaltung benannt werden.
- Eine Holzentnahme für den heimischen Kamin oder die Möbelfabrikation ist aus dem Nationalpark nicht möglich. Größere Ausfälle sind nicht zu erwarten: Der Reichswald trägt nur zu 0,5 Prozent zur Holzproduktion in Deutschland bei.
- Die Zäune im Reichswald könnten nach seiner Meinung bleiben, urteilte Dietrich Cerff vom Naturschutzbund Nabu. In ökologischer Sicht würden sie für die Entwicklung des Reichswaldes keine entscheidende Rolle spielen. Nationalpark-Leiter Michael Lammertz meinte, das könne alles vor Ort in einem Vertragswerk festgeschrieben werden.
- Reiten kann weiterhin ermöglicht werden. Im Nationalpark Eifel gibt es beispielweise 65 km Reitwege.
- Die Sorgen einer Beeinträchtigung der Landwirtschaft im Umkreis eines Nationalparks seien unbegründet, sagten Minister Krischer und Nationalpark-Leiter Michael Lammertz. Die Landwirte könnten bis an die Grenze eines Nationalparks ihren Acker pflügen. In der Eifel hätten die Landwirte keine Probleme mit dem Nationalpark.

Bietet der Nationalpark Chancen auch für Landwirte?
Eine Dame aus dem Publikum fragte: Warum sehen die Landwirte und Grundbesitzer eigentlich nicht die Chancen eines Nationalparks? Überall anders würden Ferienwohnungen entstehen oder Camping-Stellplätze gebaut. Bei der Photovoltaik und der Windenergie dienten die Landwirte doch auch der Allgemeinheit und würden außerdem noch privaten wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen.
Eine gesonderte Infoveranstaltung für Landwirte wird folgen. Sie soll am 27. Februar In der Wasserburg Rindern stattfinden.
Der Nationalpark - Ein Gewinn für die gesamte Region??

Autor:

Thomas Velten aus Kleve

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