Letzte Podiumsdiskussion: Bundestagskandidaten bekennen Farbe

Einer lebhaften Diskussion mit fünf eingeladenen Bundestagskandidaten für den Kreis Kleve folgten rund 180 Zuhörerinnen und Zuhörer. | Foto: Dr. Andrea Spans
  • Einer lebhaften Diskussion mit fünf eingeladenen Bundestagskandidaten für den Kreis Kleve folgten rund 180 Zuhörerinnen und Zuhörer.
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(pbm). Einer lebhaften Diskussion mit fünf eingeladenen Bundestagskandidaten für den Kreis Kleve folgten rund 180 Zuhörerinnen und Zuhörer.

Im Kolpinghaus in Kleve waren nach der Eingangsfrage von Moderator Dr. Christof Haverkamp („Kirche + Leben“-Chefredakteur) zwar nur eine Handvoll Personen noch unentschlossen. Trotzdem nahmen sie am Donnerstagabend, 21. September, Anteil an dem, was Dr. Barbara Hendricks, Stefan Rouenhoff, Prof. Dr. Ralf Klapdor, Bruno Jöbkes und Ferdinand Niemann zu sagen hatten.
Die Veranstaltung gliederte sich in drei Themenblöcke: Flüchtlingspolitik, innere Sicherheit und Klimapolitik. Das Publikum konnte bei Bedarf in die Diskussion eingreifen und Fragen stellen. Bruno Jöbkes von Bündnis 90/Die Grünen und Ferdinand Niemann (Die Linke) stellten den hilfesuchenden Flüchtling als Mensch in den Mittelpunkt. Auch mit subsidiärem Status solle Familiennachzug gewährt werden, da es die Integration der Menschen fördere, so Jöbkes. Stefan Rouenhoff (CDU) warb dafür, Flüchtlingen Sprachkurse und eventuell eine Ausbildung zu ermöglichen, die sie bei einer Rückkehr in ihre Heimatländer gebrauchen könnten.
Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Barbara Hendricks (SPD), wollte Sprachkurse auch den Menschen ermöglichen, deren Bleibeperspektive unter 50 Prozent liege. „Flüchtlingen in Deutschland klare Perspektiven durch ein Einwanderungsgesetz aufzeigen“, das fand Ralf Klapdor (FDP) zielführend. Das solle regeln, wie mit Flüchtlingen umzugehen ist, deren Einwanderungsgrund (Krieg, Verfolgung) wegfällt. Gegen den abwertend gebrauchten Begriff „Wirtschaftsflüchtlinge“ wandte sich Barbara Hendricks: „Wir würden in der perspektivlosen Armut dieser Menschen genauso handeln und versuchen, der eigenen Familie bessere Lebenschancen durch Wegzug zu ermöglichen.“
Heiß diskutiert wurden auch die Themen Rente und Mindestlohn. Unbestritten ist, dass eine Lücke bleiben wird. Denn immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Menschen einzahlen. „Stabilisieren auf jetzigem Niveau bei 48 Prozent des Lohnes, statt bis 2030 noch mehr abzusenken“, forderte Hendricks. „Was ist mit der Generation nach 2030?“, fragte Rouenhoff zurück. „Die Regelungen zur betrieblichen Rentenvorsorge vereinfachen“, meinte Klapdor angesichts von fünf unterschiedlichen Durchführungsverordnungen.
„Warum schafft Deutschland es nicht wie die Niederlande, eine Mindestrente von 1.300 Euro anzubieten?“, fragte ein Zuhörer. Ein anderer machte sich Sorgen, was mit den Menschen wird, die für Mindestlohn oder im Niedriglohnsektor arbeiten müssen. „Zwölf Euro müsste der Mindestlohn betragen, damit Menschen überhaupt zusätzlich privat für die Rente etwas zurücklegen könnten“, rechnete Niemann vor. Als einen Erfolg der SPD wertete Hendricks den Mindestlohn, auch wenn es längst kein guter Lohn sei.
Teilweise haben Menschen ab Ende 40 trotz qualifizierter Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt keine Chance, bemängelte ein Zuhörer. „Nicht alle Unternehmen wissen um die Chancen, die ältere Arbeitnehmer mitbringen“, antwortete Hendricks. Zudem verstärke sich bald der Fachkräftemangel, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gingen. Das Renteneinstiegsalter solle bei 67 bleiben, fanden alle, auch wenn Hendricks Wolfgang Schäuble und Jens Spahn von der CDU unterstellte, schon jetzt über die 67 hinaus zu denken.
Bei der inneren Sicherheit bekannte sich Rouenhoff zum Einsatz von Vorratsdatenspeicherung, Schleierfahndung, Videoüberwachung und mehr Polizeipersonal: „Wir dürfen den Terroristen nicht hinterherlaufen und müssen dafür zur Verfügung stellen, was nötig ist.“ Effizienter und gezielter diejenigen observieren, die wie Anis Amri als Gefährder eingestuft sind, statt genereller Überwachung aller Bürger“, forderte Jöbkes.
„Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ist nur die ultima ratio“, war sich das Podium einig. „Wir müssen die Verkehrsströme aus den Städten holen, Straßen entlasten, den öffentlichen Personennahverkehr in den Städten ausbauen, Ziel der Grünen sei der emissionsfreie Verkehr“, sagte Jöbkes. Egal, ob mit Strom oder Brennstoffzellenantrieb. Für Nachrüstung der Dieselfahrzeuge setzten sich Klapdor und Hendricks ein. Die beste Nachrüstung bringe aber nur wenig, wenn gleichzeitig PS und Gewicht der Fahrzeuge kontinuierlich steigen, ergänzte Hendricks.
Und ehrlicherweise sei der Schiffsverkehr der größere CO2-Produzent als Privatwagen. „Die Autoindustrie muss sich ihrer Verantwortung stellen“, betonte Rouenhoff im Hinblick auf den Dieselskandal und plädierte für mehr Investitionen der Industrie in Elektro-Autos. „Es gibt noch keine Firma, die große Busse mit Elektroantrieb anbietet“, kritisierte Hendricks.
Die Podiumsdiskussion in Kleve war eine von zweien, die die Veranstaltergemeinschaft aus Evangelischem Kirchenkreis und Kreiskomitee der Katholiken mit Unterstützung der Kolpingsfamilie sowie Caritas und Diakonie angeboten hat. Bürgerinnen und Bürger konnten sich dabei ein Bild von den Kandidaten und ihren Standpunkten machen.

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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