Kohlekraftwerk Datteln 4: Mahnmal verfehlter deutscher Kohlepolitik

Das umstrittene Kohlekraftwerk Datteln IV. [Foto: D. Jansen]

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung bleibt trotz Corona-Krise eine der drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Zwar richten sich die öffentliche Aufmerksamkeit und das politische Handeln derzeit zu Recht auf die Bewältigung der akuten Krise. Gleichzeitig aber droht die Umsetzung richtungsweisender politischer Entscheidungen ausgebremst zu werden.

Das betrifft insbesondere den Kohleausstieg: Es wird immer unwahrscheinlicher, dass 2020 überhaupt noch ein Kraftwerk vom Netz geht. Im Gegenteil: Das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 soll im Juni 2020 den regulären Betrieb aufnehmen – allen Empfehlungen der Kohlekommission zum Trotz. Die Antwort der Bundesregierung war lediglich ein miserables Klimagesetz.

auch ein finnisches Problem

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nimmt die Hauptversammlung des finnischen Energiekonzerns Fortum am Donnerstag zum Anlass, den klima-, umwelt- und gesundheitspolitischen Irrsinn des Projektes Datteln 4 noch einmal zu beleuchten und in einer heute erscheinenden Broschüre zu dokumentieren. Fortum hält seit diesem Jahr etwa 70 Prozent am Kraftwerksbetreiber Uniper. Da die finnische Regierung Mehrheitseigner an Fortum ist, ist Datteln 4 somit auch ein finnisches Problem.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Wenn die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin Klimaschutz will, muss sie die Inbetriebnahme von Datteln 4 durch den staatseigenen Mehrheitseigner Fortum verhindern. Weder in Finnland noch in Deutschland liegt die Zukunft der Energiepolitik in der Kohle. Mit einem neuen ‚finnischen‘ Kraftwerk in Deutschland würde Finnlands Regierung ihre eigene Klimapolitik und den finnischen Kohleausstieg 2029 konterkarieren. Und für die Bundesregierung wäre der Betrieb von Datteln 4 ein klimapolitischer Offenbarungseid. Das Kraftwerk unter hohen Verlusten mit aller Gewalt ans Netz zu bringen, ist zudem volkswirtschaftlicher Unsinn. Gerade in diesen Zeiten ist das besonders unverantwortlich.“

Der BUND und insbesondere der Landesverband Nordrhein-Westfalen leisten bereits seit Bekanntwerden des Bauprojekts erbitterten Widerstand und prozessieren seit Jahren gegen den Kraftwerksschwarzbau – bislang stets erfolgreich. Das Projekt Datteln 4 hat bis jetzt lediglich aufgrund nachträglicher politischer Rechtsanpassungen überlebt.

Dirk Jansen, Geschäftsleiter BUND Nordrhein-Westfalen: „Das rechtswidrig errichtete Kraftwerk Datteln 4 würde jährlich Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Und: Solange die Klagen nicht entschieden sind, hängt das Damoklesschwert des entschädigungslosen Abrisses über dem Vorhaben. Der finnische Staat und Fortum wären deshalb gut beraten, den Empfehlungen der Kohlekommission zu folgen und eine Verhandlungslösung für eine Nicht-Inbetriebnahme zu suchen. Wenn schon die Bundesregierung nicht liefert, muss die finnische Regierung diesen Klimakiller stoppen.“

neue Wege des Protests

Der Protest gegen Datteln 4 werde nicht verstummen – im Gegenteil: „So mancher Kohlekonzern und Politiker mag die demonstrationsfreie Zeit begrüßen“, so Jansen. „Doch der BUND sucht neue Wege des Protests, will aber auch nicht auf Präsenz vor Ort verzichten. Deshalb haben wir zur Begleitung der Fortum-Hauptversammlung für Donnerstag eine den Anforderungen des Infektionsschutzes vollumfänglich entsprechende Mahnwache vor dem Kraftwerk angemeldet.“

Die Forderungen des BUND sind eindeutig und unverändert: Keine Inbetriebnahme von Datteln 4, ein schneller Kohleausstieg bis 2030, zügiger Ausbau der erneuerbaren Energien.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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