Meinung

Wie gern ich nicht gefragt werde

„Da möchte ich aber erst gefragt werden!“ Wer sagte das noch mal? Die Mutter, der Vater?
Fragen waren mir zunächst nur unangenehm. Fragen von Eltern, Pastoren und Lehrern. Nein, da hätte ich gerne drauf verzichtet. Fragen machten mich nicht selten total sprachlos. Anders natürlich bei Fragen, die man sich selbst stellt, sexuell z.B. oder auch philosophisch. Wer nicht fragt, bleibt dumm! Aber bitte nicht „Wo warst du?“ Besonders krass schmerzten die Warum-Fragen, deren Antwort auf der Hand liegen: „Warum ist dein Zimmer noch immer nicht aufgeräumt?“ Es klingt wie eine Frage, stellt aber fraglos eine Drohung dar.
Heute verbirgt sich so etwas schon mal hinter der Erkundigung der Ehefrau: „Magst du nicht mal ein frisches Hemd anziehen?“
Was nervt, sind aber die Verkäuferfragen, ob in der Gastronomie „Möchten Sie noch ein Bier?“ oder an der Haustür „Möchten Sie eine Kanalspiegelung?“
Die Steigerung des omnipräsenten kommerziellen Fragens ist aber die Befragung nach erfolgter Kanalspiegelung: Waren Sie zufrieden? Da genügt auch keine einfache Bestätigung. „Wenn ja, wie sehr waren Sie denn zufrieden - auf einer Skala von 1 bis 300?“ Hopp-hopp!
Nein, es kommt nicht darauf an, dass man irgendwas gefragt wird, auch politisch nicht. Es kommt einzig darauf an, ob eine Antwort wirklich etwas bewirkt, Konsequenzen hat. Und das hat sie wohl nur bei wenigen Menschen, den sogenannten gefragten Persönlichkeiten.
Die kriegen sogar Geld dafür, dass sie sich fragen lassen und können sich sogar öffentlich mit Antworten zu Wort melden auf Fragen, die ihnen gar nicht gestellt wurden, auch wenn das kein Schwein interessiert.
Mir macht es nichts aus, keine gefragte Persönlichkeit zu sein. Es heißt ja auch nicht: „Wer nicht gefragt wird, bleibt dumm“. (s.o.) Ich wäre schon zufrieden mit: „Könnten Sie bitte noch mal so ein schönes Gedicht schreiben?“ Oder etwas in der Art.