Gert Grote durchwanderte Deutschland mit seinem Pferd Buddy
Ein Abenteuer auf sechs Beinen

Die lange Wanderung hat Pferd und Reiter zusammengeschweißt. | Foto: PR-Foto Köhring
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  • Die lange Wanderung hat Pferd und Reiter zusammengeschweißt.
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900 Kilometer mit demPferd unterwegs. Diese außergewöhnliche Reise unternahm Gerd Grote. Außergewöhnlich - vor allem außerordentlich berührend - ist auch der Grund dieses Unternehmens. Für die Mülheimer
Woche hat Grote einen Reisebericht verfasst.


VON GERD GROTE

Im Herbst letzten Jahres haben wir einen mehr als vierwöchigen Wanderritt vom Bodensee ins Ruhrgebiet absolviert. Wir, das sind mein Pferd Buddy und ich. Buddy ist ein schwarzer Wallach, zehn Jahre alt und ein irisches Vollblut. Ich bin 71 Jahre jung und Parkinsonpatient. Die Diagnose erhielt ich vor sechs Jahren, die Behandlung erfolgt mit mit Tabletten. Ich denke gerade über die THS, den sogenannten Hirnschrittmacher, nach.

Warum habe ich diese Reise gemacht? Ich wollte mir und meinen „Mit Parkinson-Betroffenen“ zeigen, dass man mit und trotz dieser Krankheit noch Ungewöhnliches leisten kann. Am Anfang stand eine neunstündige Autofahrt mit dem Pferdeanhänger von Mülheim nach Lindau am Bodensee. Meine Frau fuhr das Gespann wieder nach Hause, Buddy und ich machten uns zu Fuß und zu Huf auf den Heimweg. Geplant waren fünf Wochen für diesen Weg, 35 Unterkünfte hatte ich für Pferd und Reiter gebucht. Unendlich wirkende 900 Kilometer lagen vor uns, von denen ich dann nur 300 Kilometer im Sattel saß und 600 Kilometer mit meinem Pferd gelaufen bin.

Solch´eine Reise ist wie ein Leben. Sie hatte einen Anfang und ein Ende, es gab Hindernisse, die überwunden werden mussten, Flüsse die durchquert wurden, Brücken, denen wir uns anvertrauten und es gab Weggabelungen, an denen wir uns für einen Weg entscheiden mussten.

Zu Beginn der Reise war mein Buddy noch ein Anfänger mit wenig Erfahrung im Wanderreiten und manchmal auch etwas ängstlich. Zum Ende der Reise war er für mich ein cooler Superheld. Er ging durch Flüsse, er ging über Brücken, auf die ein normales Pferd keinen Huf setzen würde. Besonders angsteinflößend war die Lahnbrücke in Löhnberg. Eine filigrane Fußgängerbrücke. 1,20 Meter breit, 70 Meter lang, als Bodenbelag Gitterroste, durch die man das Wasser sah. Als wir mit unseren 700 Kilogramm Gesamtgewicht in der Mitte waren, fing sie auch noch leicht an zu schwingen.

Enge Beziehung zwischen
Reiter und Pferd

Buddy sprang mit mir über Gräben und umgestürzte Bäume. Er ging mit mir sogar über eine Treppe mit 16 Stufen. Seine größte Leistung vollbrachte er bei Altenberg. Weil der Weg versperrt war, mussten wir 400 Meter durch den Eifgenbach. Über Stock und Stein ging es stromaufwärts. Mal war das Wasser flach, dann auch mal einen Meter tief. Daran erkennt man, wie eng die Beziehung zwischen Pferd und Reiter wird, wenn man nur zu zweit so viele Tage ununterbrochen zusammen ist.

Mein Problem war die mangelhafte Beweglichkeit auf Grund der Krankheit. Meine Medikamentendosis hatte ich um 50 Prozent erhöht und doch war es schwierig, in den Sattel und wieder herunter zu kommen. Ein Baumstumpf oder eine Parkbank waren dann hilfreich, wenn die Packtaschen im Wege waren. Wir trafen häufig auf Menschen, die wegen unseres Gepäcks neugierig wurden. Es folgten dann fast immer die gleichen Fragen. Wo kommen Sie her? Wo wollen Sie hin? Wie alt ist das Pferd? Wie alt sind Sie? Wenn ich dann auch noch sagte, dass ich die Krankheit Parkinson habe, waren die Menschen stets beeindruckt, dass ich diese Reise machte.

Durch viele kleine Pausen konnte es schon mal spät werden und einmal gerieten wir in die Nacht hinein. Da standen wir nun zwei Kilometer vor unserem Tagesziel im Dunkeln auf dem Acker und konnten nicht sehen, wo wir hin mussten. Ich rief unseren Herbergsvater an und er kam mit dem Auto und eingeschaltetem Blinklicht aus seinem kleinen Heimatort, um uns zu unserer Unterkunft zu leiten.

Skurriles Paar getroffen

Auf einem einsamen Wiesenweg im Westerwald kam uns ein alter Trecker entgegen. Darauf ein etwas skurriles Paar. Sie hielten an und es kamen die üblichen Fragen: woher, wohin und so weiter. Da sahen sie, dass meine linke Hand verletzt war und ich ein blutiges Taschentuch hatte. Der Mann packte sich einen Verbandskasten und verband meine Hand. Dabei erzählte er mir von seiner Krankheit und ich sagte ihm, dass ich Parkinson habe. Es waren zwei bibeltreue Menschen und so beteten drei alte Menschen gemeinsam irgendwo in der Einsamkeit des Westerwalds.

Kurz vor Solingen ging es dann per Anhalter zum Zwischenziel. Neben uns hielt ein schwarzer Jeep. Eine Frau sprang heraus und sagte: „Wenn ich ein Pferd mit so viel Gepäck sehe, muss ich mit dem Reiter reden.“ Als sie hörte, dass wir zur Feierabendzeit quer durch Solingen wollten, meinte sie, das wäre ein Problem. Ich sah ihr tief in die Augen und fragte: „Oder würden Sie uns mit ihrem Anhänger zu unserem Tagesziel fahren?“ So kamen wir per Anhalter durch Solingen.

Die letzte Etappe von Solingen nach Mülheim war schließlich ein Heimspiel. Bis zur Grube 7 im Haaner Ortsteil Gruiten wurden wir von Freunden begleitet. Dann ging es im Osten an Mettmann vorbei, durch Wülfrath und Heiligenhaus zum Auberg. Ab der Ruhrtalbrücke geleiteten uns meine Frau und zwei Freunde heim zum Aubergshof. Dort wartete ein überwältigendes Willkommen auf uns. Rund 30 Freunde begrüßten uns mit Plakat, Glückwünschen, Essen und Trinken. Und natürlich einer riesigen Portion Möhren für Buddy.

Ich habe zu danken. All unseren Gastgebern. meiner Frau, die uns nach Lindau gefahren hat und bei allem unterstützt hat. Allen Menschen, die mir geholfen haben. Und ein großes Danke an meinen „Fanclub“, der mich immer angefeuert hat.

Autor:

Sibylle Brockschmidt aus Mülheim an der Ruhr

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