„Haus Constanze“ in Wesel-Diersfordt
Gedicht aus dem „Haus des Schreckens“

Nein, es ist jetzt nicht die Zeit der rauschenden Kastanien, aber im Digitalisierungsrausch (digital wird’s egal), erwischte mich ein hochdeutsches Gedicht unseres  Mundartpoeten Chird Hardering, das er während eines Erholungsurlaubs in der Nähe von Wesel verfasste. Wann wissen wir nicht.

Hier suchte und fand der Mülheimer Gerhard Hardering einst Entspannung in Waldluft und - ruh und beschrieb es in einem der wenigen hochdeutschen Gedichte, die er verfasste. Ich fand es undatiert in seinem Nachlass. Sicher keine lyrische Großtat, vielleicht auch nur ironisch gemeint, aber interessant schon wegen „Constanze“.
Warum er ausgerechnet in Wesel-Diersfordt landete, kann man nur mutmaßen. Er bezog wegen seines Klumpfußes eine Behindertenversorgung. Vielleicht war darin auch eine regelmäßige Unterstützung für Erholungsaufenthalte im Umkreis der Heimatstadt enthalten?
Nun war das Gästehaus zu seiner Zeit auch noch ein Hotel zur Erholung und Sommerfrische, benannt nach Constanze Koch, deren Familie über 100 Jahre das Haus führte. Im 18.Jh. hatte es bereits einen Vorgänger-Fachwerkbau gegeben.

Bereits 2017, als ich „Constanze“, das Hardering in einer Notiz mit K schrieb, gesucht hatte, um vielleicht etwas vom Geist unseres Poeten unter Kastanien einzuatmen, hatte es sich in ein Erholungszentrum der etwas anderen Art verwandelt.

Einige im Garten verstreut aufgestellte Buddhafiguren und Ähnliches deuteten es bereits bei der Ankunft an, man saß zwar an ganz normalen Gartentischchen, aber über dem Eingang prangte die neue Bezeichnung: „Balance-Recovery Life-Center Guest House“. Sozusagen die Wiedergeburt der Erholungs-Constanze im Geiste asiatisch angehauchter  Selbstverwirklichung.

Wie ich jetzt erfuhr, ist das „Selbstheilungszentrum“ einer sektenartigen Gemeinschaft unter Führung eines 59-jährigen Niederländers in die Schlagzeilen geraten, der selbsternannte Therapeut wegen diverser Misshandlungen verhaftet und die Zukunft des Traditionshauses ungewiss.

Es scheint, die Zeiten unschuldiger Erholung in Waldluft mit Kuckucksruf sind endgültig vorbei.

Schade!

Doch hier das Gedicht

Gerhard Hardering

Ferien am Niederrhein

Vor meinem Fenster

Vor meinem Fenster stehen drei Kastanien,
Sie stehen in Spanien nicht, nicht in Italien,
Sie stehen am Niederrhein, im deutschen Land,
Wo ich die wahre Ruhe und Erholung fand.

Wenn in der Früh', der erste Tages Schimmer,
Sich durch die Blätter stiehlt, bis in mein Zimmer,
Treibt mich ein lust'ger Musikantenchor,
Der in den Zweigen aufspielt, aus dem Schlaf empor.

Und aus dem dunklen Walde gegenüber,
Ertönt es: "Kukuk - kukuk!" Zu mir rüber.
Die Wildtaube ruft aus dem Wald: "Gruu - gruu!
Hier laß dich ruhig nieder, hier hast du Ruh'!"

Die deutschen Wälder sind so herrlich grün!
Warum soll ich in fremde Lande ziehn?
So manches Fleckchen meiner Heimat kenn ich nicht,
Wo man vor allem meine Sprache spricht.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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