Gendern
Sier warf ein Ei an die Wand

Ich las davon in einer französischen Zeitung. Die Frau des Präsidenten ist dagegen. Was ist passiert? Das ist passiert: Sie haben nicht nur ein eigenes Fürwort für Diverse gefunden, sondern auch bereits in ein führendes Wörterbuch aufgenommen. Die Mehrheits-Franzosen finden dagegen, es sei etwas anderes, Verständnis für eine Minderheit zu zeigen, als die Sprache wegen ihr zu ändern. Also eine Fortführung der sprachlichen Genderisierung wie sie auch bei uns von unsichtbarer Hand vorangetrieben wird.
Wie sieht das bei den Franzosen aus? Es gibt il für er und elle für sie. Wenn man eine Person ohne Zuordnung zu männlich oder weiblich meint, also divers, solle man iel sagen und schreiben. Das e von elle ist dem il also eingeschoben.
Ich habe das dann versucht, im Deutschen nachzubilden und gemerkt, dass sich diese Zwischenform, die von beidem was hat, nicht befriedigend bilden lässt, wenn man, wie in Frankreich, das männliche Pronomen voranstellt, esr oder esir klingt nicht. Nur wenn man sie bevorzugt, hat man mit sier ein künstliches Zwischen-Pronomen, das erkennbar von beidem etwas hat, ohne eins von beiden zu sein.
Zu meiner großen Überraschung stellte ich anschließend fest, dass meine Wortschöpfung sier so neu nicht ist, es gibt sier schon, sogar voll durchdekliniert, wird aber von der Rechtschreibkorrektur immer noch rot unterschlängelt. Beispielsatz: Sier haute sich ein Ei in die Pfanne.
Was es leider nicht gibt, ist eine verlässliche Zahl von Betroffenen, die eine Sprachänderung evtl. sinnvoll erscheinen ließe.
Die französische Zeitung geht bei den jungen Franzosen (18-30) von 22% aus, die sich „weder als, noch als“ fühlen.
Ich möchte jetzt nicht die Wahrheit gepachtet haben, aber es scheint mir bei so einer hohen Prozentzahl auch eine gewisse gewollte Entscheidungsschwäche mitzuspielen.
Da möchte man dann doch fragen: wenn laut Wissenschaft die emotionalen und kognitiven Unterschiede von Mann und Frau nicht so gravierend sind wie man denkt, woher wissen die jungen Franzosen denn, dass sie sich nicht wie ein Mann oder eine Frau fühlen?
Müsste man nicht dann auch  konsequent jeglichen sprachlichen Anklang an die geschlechtsbezogenen Pronomen er und sie meiden und sich für div entscheiden?
Und selbst wenn das Geschlecht, wie man jetzt immer wieder hört, nur ein soziales Konstrukt sein sollte, also ein Kommtdraufanmitwemduaufwächst, ist eine Entscheidung darüber, ob die Sprache aller verändert werden sollte, in der Demokratie eine Angelegenheit aller. Allerdings wäre eine Zweitsprache für Minderheiten durchaus denkbar.
Und so wenig wir uns das eigene Geschlecht aussuchen können: Es weist unser Wesen wohl nicht in Schranken, die nur eine andere Art Mensch überwinden könnte.
Die existentiellen Fragen der Menschheit, und damit haben wir es heute täglich zu tun, handelten und handeln vom Menschen und nicht von seinem Geschlecht.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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