Da waren's nur noch vier

Foto: Walter Schernstein

Bis Mittwochabend sah es so aus, dass die Grünen-Dezernentin Helga Sander, die den Bereichen Planung und Umwelt vorsteht, wiedergewählt wird. Am 11. Februar 2012 läuft ihre Amtszeit aus. Wenige Stunden vor der Ratssitzung am Donnerstagnachmittag schmiedeten CDU und SPD einen neuen Antrag: Die Dezernate werden neu zugeschnitten, im Zuge dessen wird Helga Sander nicht wiedergewählt.
Nach einer turbulenten Diskussion setzten sich die beiden Parteien mit diesem Antrag durch. So wird die Beigeordnete, die insgesamt 16 Jahre Mülheims Planungsdezernentin war, ihren Sessel im Februar räumen. Ihren Posten besetzt der bisherige Dezernent für Schule und Kultur, Peter Vermeulen, während die beiden Bereiche zusätzlich von Ulrich Ernst übernommen werden, der als Dezernent für Soziales und Sport zuständig ist. In Abwesenheit von Sander, die sich diese Sitzung ersparte, versuchten die kleineren Parteien vergeblich, den Antrag zu verhindern.
Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung hatte der Rat vor einem Jahr beschlossen, bis 2015 eine Dezernentenstelle einzusparen. Die achtjährigen Amtszeiten von drei der fünf Dezernenten laufen bis 2014 ab, einer müsste bis dahin gehen. Seit Donnerstag steht fest, dass es Helga Sander ist, Dezernentin für Planen, Bauen und Umwelt.
Natürlich liegen der Koalition von SPD und CDU handfeste Interessen zugrunde. Beide Parteien wollten ihre eigenen Kandidaten nicht gefährden. Sowohl Kämmerer Uwe Bonan (SPD) als auch Peter Vermeulen (CDU) stehen im Frühjahr 2014 zur Wiederwahl an. Wäre die Grüne Helga Sander im Amt geblieben, hätte einer der beiden gehen müssen. Verlierer sind die Grünen. Dementsprechend wütend war der Protest in der Ratssitzung. Mehrmals musste Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld Ratsmitglieder zur Raison rufen. Grüne, FDP, MBI und WIR-Die Linke kritisierten unisono das Vorgehen von CDU und SPD scharf. Von einer „Nacht- und Nebelaktion“ sprach Tim Giesbert (Grüne), von einem „Schmierenstück und Postenschieberei“ Achim Fänger (WIR). Lothar Reinhard (MBI) sah sich entmündigt und überfordert, eine Entscheidung solcher Tragweite wie die neue Zuordnung von Geschäftsbereichen mal eben auf die Schnelle zu beschließen ohne vorherige Beratung in den Fraktionen. Peter Beitz (FDP) befand in Richtung SPD und CDU: „Sie sollten sich schämen.“ Nicht nur die Neuordnung der Dezernate, sondern auch ihre künftige Besetzung stieß den kleinen Parteien auf. So wurden Zweifel geäußert, ob Peter Vermeulen die richtige Besetzung für das Planungsamt sei, da er nicht über das nötige Fachwissen verfüge.
Ein Trauerspiel sei diese Diskussion, entgegnete Dieter Wiechering (SPD). Es sei nicht nur unüblich, in einer Ratssitzung eine offene Diskussion über die Eignung eines Dezernenten zu führen. Die Kritik der kleinen Parteien sei geheuchelt. Es habe Gespräche über Monate mit allen gegeben, und eine Demokratie lebe nun mal von Mehrheitsbildungen. Wolfgang Michels (CDU) begründete den kurzfristigen Antrag auch mit der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern der Verwaltung, die man nicht monatelang in Ungewissheit lassen wolle.
Nachdem der Antrag der Grünen, die Zuordnung der Dezernate zur Beratung in den Hauptausschuss zu schieben, abgelehnt wurde, kam es schließlich zur geheimen Abstimmung von zwei Anträgen. Das noch in einer längeren Pause formulierte und beantragte Begehren der FDP, den Bereich Umwelt dem Dezernenten Steinfort (Recht) zu übertragen, Kultur zu Planen (Vermeulen) und Kinder, Jugend und Schule zu Soziales und Sport (Ernst) einzugliedern, wurde mit 39 Nein-Stimmen zu 19 Ja-Stimmen abgelehnt. Der Antrag von SPD und CDU wurde mit Mehrheit beschlossen. Der erste Punkt, der nur noch vier Dezernenten vorsieht, erhielt 45 Ja- und 14 Nein-Stimmen. Der zweite Punkt, der die Neuordnung der Dezernate festschreibt, wurde mit 32 Ja- gegen 25 Nein-Stimmen angenommen. Den Tagesordnungs-Punkt Wiederwahl der Dezernentin zog die Verwaltung anschließend zurück - er hatte sich schlicht erübrigt.

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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