VHS bleibt ab sofort geschlossen

Unverkleidet geht von den Kabeln eine große Gefahr aus. | Foto: PR-Fotografie Köhring/AK
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Bauaufsicht zieht Betriebserlaubnis wegen schwerwiegender Mängel zurück

90 Minuten hatten die 20 festen Mitarbeiter der Volkshochschule am Montagmorgen Zeit, um das markante Gebäude an der Bergstraße zu räumen. Die Bauaufsicht der Stadt hatte die Betriebserlaubnis widerrufen, nachdem eine wiederkehrende Begehung lebensgefährliche Mängel zu Tage gefördert hatte.

Von Andrea Rosenthal

In regelmäßigen Abständen werden diese Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt. Bei der Letzten war eine Liste mit Punkten erstellt worden, die es galt genauer in Augenschein zu nehmen: Mit dabei die Lüftungsanlage, die Brandschutzvorrichtungen und die Sicherheitsstromanlage. Als die Fachleute zur Tat schritten und die abgehängte Zwischendecke öffneten, fielen erste schwere Mängel ins Auge, denen weitere folgten. Kabelstränge waren nicht eingekoffert, sie lagen also nicht in in feuerfesten Kisten, sondern offen. Wände waren oft nicht deckenhoch, sondern oberhalb der Zwischendecke offen. In tragende Balken waren nachträglich Durchlässe gebohrt worden. Die Statik wurde dabei nicht hinterfragt.

"Wie ein Schweizer Käse"

Am Donnerstag wurden die Fachleute von der Feuerwehr als Berater hinzugezogen. Sven Werner, Brandschutzexperte der Mülheimer Feuerwehr, versinnbildlicht das Vorgefundene: "Dieses Gebäude hat Löcher wie ein Schweizer Käse. Horizontale und vertikale Durchbrüche für Kabelstränge und Lüftungsschächte sorgen für einen Kamineffekt." Sollte also an einem Kabel im Technikkeller ein Schwelbrand entstehen, könnte innerhalb kürzester Zeit das Dachgeschoss komplett verraucht sein. Betroffen wären auch sämtliche Flucht- und Rettungswege. Grund genug, die Bauaufsicht anzurufen, die am Montagmorgen einschritt.

Stadtkämmerer Frank Mendack, für den jetzt das große Rechnen beginnt, um die VHS in die Zukunft zu führen, betont: "Die Verwaltung steht zu 100 Prozent hinter der Entscheidung der Bauaufsicht. Es gibt keine Alternative zur sofortigen Schließung der VHS." Zu den sicherheitsrelevanten Mängeln kommt, dass Baustoffe gefunden worden, die heute ebenfalls verboten sind. Dazu gehören halogenhaltige Kabel. Feuerwehrmann Sven Werner erklärt: "Im Brandfall verströmen diese tödliches Chlorgas." Die verheerenden Folgen sind vom Brand am Düsseldorfer Flughafen 1996 bekannt.

Die Gefahr ist sehr real. Durch das VHS-Gebäude könnte sich Rauch in rasanter Geschwindigkeit verbreiten, was für Besucher des Gebäudes die Gefahr des Erstickens durch Kohlenmonoxid bedeutet. Zusätzlich enthalten Rauchgase Verbrennungsrückstände in so gesättigter Form, dass sie in Kontakt mit Sauerstoff neue Brandherde entfachen können. So geschehen beim Brand der Hochhausfassade in London, bei dem mehr als 70 Menschen starben.

Kurse umverteilen

Deshalb darf das VHS-Gebäude nicht mehr genutzt werden. Ein Stab aus sechs Mitarbeitern ist ins Rathaus umgezogen, um von dort alle Kursteilnehmer und Dozenten zu informieren, neue Räumlichkeiten zu suchen und die Verwaltung aufrecht zu erhalten. Bildungsdezernent Ulrich Ernst fasst die aktuellen Probleme zusammen: "Es gibt Kurse, die sind von Dritten finanziert und müssen schnell weiter laufen. Bei anderen wollen die Teilnehmer Zertifikate oder Bildungsabschlüsse erwerben, die sie brauchen." Betroffen sind insgesamt 500 Kurse mit 5500 Teilnehmern.

Es wird momentan eine Prioritätenliste erstellt, die nach und nach abgearbeitet wird. Alle Bürger können sich über das Servicecenter der Stadt unter Tel. 455-0 über den jeweils aktuellen Stand informieren. Auch unter www.muelheim-ruhr.de und auf Facebook gibt es die aktuellsten Informationen.

Ob die VHS an der Bergstraße saniert werden kann, kann heute noch niemand sagen. "Zunächst müssen wir Geld in die Hand nehmen, um die Kurse anderweitig unterzubringen. Da sind wir in der Pflicht", weiß Kämmerer Frank Mendack. Dann wird durch gerechnet was der Brandschutz und die Modernisierung kosten würden. "Es stellt sich ganz sachlich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit", weiß der Herr über die Finanzen. "Das werden wir seriös kalkulieren." Und Bildungsdezernent Ulrich Ernst sieht eine spannende Zeit auf sich zu kommen: "Es ist alles im Fluss." 

Autor:

Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr

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