Hexe Tina, Teil 9: Wenn "der Eine" plötzlich vor dir steht

Hexhex zusammen!
Na, da hab ich mir ja was angelacht! Diese Zeilen widme ich heute meiner Tochter Natascha und ihrer großen Liebe Melvin (auf besonderen Wunsch natürlich).
Da schreibe ich doch wochenlang darüber, wie cool sich eine moderne Frau von heute verhalten sollte. Dass sie sich ihre Freiheit in einer Beziehung erkämpfen sollte. Dass sie sich nicht einengen lassen und ihren Besen niemals aus der Hand geben sollte.
Laut Angaben meiner Tochter alles für die Katz!
Na, nicht alles. Viele Texte haben ihr gefallen, jawohl, sagt sie selbst, aber sie sagt auch, dass ICH mich ein bisschen mehr auf „den Einen“ einlassen sollte! Das hat sie tatsächlich gesagt! Natascha sprach von Vertrauen, tiefen Gefühlen und Glauben an die große Liebe. Davon, dass Liebe wachsen muss. Freiwillig. Seit ihr Melvin in ihrem Leben aufgetaucht ist – Wusa!
Grummel, grummel.
Nun sitze ich hier eingerollt in meinem großen, roten Ohrensessel, mein Hexenhut hängt mir schief auf den Kopf und mein Besen ruht verräterisch still an der Wand. Was das bedeutet? Hut und Besen erklären mir mit dieser Schweigehaltung, dass ich über etwas Wichtiges nachdenken sollte. Grummel, grummel. Selbst mein eigens angefertigter Naturholzzauberstab regt sich kein bisschen. Ups!
Also, Amazonen haben sehr kriegerisch gehandelt. Göttinnen waren schon etwas sanfter, blieben gleichzeitig aber auch sehr selbstbewusst. Eine Diva von heute kennt ihren Weg ebenfalls ganz genau. Und eine Hexe? Also ich?
Jaja, schon verfalle ich wieder in Schwärmereien von wilden, unabhängigen Frauen, schramme am eigentlichen Thema vorbei.
Hexhex. Gefühle. Große Liebe. Ich hab's ja schon kapiert, Natascha!
(Sie steht jetzt mit verschränkten Armen vor mir, schaut mich mit ihren schönen dunklen Augen sehr ernst an und wippt dazu auch noch mit dem Fuß! Auweia, spätestens jetzt sollte ich umschalten, damit unser Haussegen nicht schief hängt.)
Amazone, Göttin, Diva oder Hexe – egal, meine Tochter ist der Meinung, in einer wirklich guten Beziehung könnte Frau echt all das für ihren ... ehm ... „Schatz“ sein (hm, sogar die Filmindustrie gibt ihr in dem Punkt ja Recht). Ständig haucht sie verliebt: „Mein Schatz, ich liebe dich“, ins Telefon oder tippt diese Worte wild auf die Handytastatur. Ist Melvin mal nicht bei uns, was eigentlich gar nicht so oft vorkommt, schreibt sie ihm immer. Oder sagt es ihm frei heraus ins Gesicht, einfach so.
Die Worte ICH LIEBE DICH haben ihre ganze Welt verändert, ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt – und sie ist sehr glücklich darüber. Natascha bleibt trotzdem sie selbst, also amazonenmäßig, selbstbewusst und eine kleine Hexe.
Melvin ist aber auch ein sehr „Netter“. Also, ein toller junger Mann. Natürlich, sonst hätte er nicht das Herz meiner Tochter im Sturm erobert. Ich mag ihn auch sehr. Eigentlich kam er aus dem INTERNET. Ja, ihr habt richtig gehört. Ist heutzutage einfach normal, sich so kennenzulernen. Sie haben sich nicht wirklich gesucht, aber gefunden. Liegt darin etwa der ganze Zauber?
Natascha und Melvin hat das Schicksal zusammengebracht, wie bestimmt viele von euch auch (ich persönlich glaub ja fest an solch schicksalhafte Bestimmungen). Und wenn jetzt jemand von euch fragen würde, wie ihre Beziehung so aussieht, bekommt ihr bestimmt die Antwort: ES LÄUFT.
Es läuft. Schlicht, einfach und sehr unkompliziert. Nun muss ich ja auch zugeben: Wenn ihr die zwei sehen würdet, hättet ihr den Eindruck, sie sind schon seit Jahren ein eingespieltes Team. Jaja, selbst ich muss das jetzt zugeben und sogar noch mehr.
Freiheit ist ihnen beiden plötzlich nicht mehr ganz so wichtig. Also, nicht denken, sie engen sich ein. Nein, nein, ganz und gar nicht. Sie halten täglich Kontakt mit Hilfe des ganzen technischen Krams, der ihnen zur Verfügung steht. Aber auf freiwilliger Basis, echt.
Jeder von beiden geht auch seinen eigenen Weg. Schmiedet eigenmächtig Tagespläne. Aber am glücklichsten sind sie doch, wenn sie wieder zusammen sind. Dann hat jeder von ihnen so ein geheimnisvolles Lächeln auf dem Gesicht und die Augen leuchten so schön. Manchmal kann sogar ich diese besondere Aura spüren, welche die beiden umgibt.
Die Basis von Natascha und Melvin? Ehrliche Liebe, aneinander glauben und sich völlig vertrauen. Und das alles wirklich freiwillig.
Liebe versetzt eben doch Berge. Menschen sollten zu zweit durchs Leben gehen. Kompromisse können später noch eingegangen werden und eine Vergangenheit hat schließlich jeder.
Vielleicht muss man sich überhaupt gar nicht solche Gedanken darüber machen, wenn das Leben uns Menschlein „den Einen“ beziehungsweise „die Eine“ zuspielt. Natascha und Melvin beiden machen sich darüber überhaupt keine Gedanken oder Sorgen. Es läuft. Sagt meine Tochter und Melvin sieht das genauso. Er macht sie einfach glücklich und sie ihn. So einfach ist das.
So einfach ist das? Hmm, beim Besen meiner Mama. Meine Eltern sind jetzt über sechzig Jahre verheiratet, ich dachte immer, das gehöre einfach zu dieser Generation. Hat es damals bestimmt auch. Werte wie Vertrauen und Liebe sind im Laufe der Zeit in unserer heutigen Welt einfach verloren gegangen. Männer wollen ihre Freiheit. Frauen wollen ihre Freiheit. Aber es gibt sie noch. Die Beziehung, in der sich beide ihre Freiheit lassen und deshalb einfach nur glücklich miteinander sind. Hmm ...
Ein Freund sagte vor Kurzem einen Satz zu mir, der genau hierher passt. Er sagte: „Die Zeit ist begrenzt, verschwendet sie nicht. Folgt eurem Herzen, lasst nicht die Meinung anderer eure eigene Stimme töten.“ Ist das der Schlüssel zum Glück?
Ja, das könnte er sein. Ich interpretiere diesen Satz einfach mal so, dass jeder von uns seinen eigenen Weg gehen und sich von niemandem reinreden lassen soll. Hört besser auf euer eigenes Bauchgefühl. Meine Tochter Natascha und ihr Freund Melvin führen anscheinend ihre Beziehung nach genau diesem Prinzip. Es läuft einfach.
Gut, dann muss da tatsächlich etwas Wahres dran sein. Ist es wirklich so schwer, über seinen Schatten zu springen und einer Person, die man sehr mag, seine Gefühle mitzuteilen?
Hexe Tina sagt deutlich, grummel, grummel, eigentlich ja. Warum? Weil sie bestimmt gerne eine Beziehung führen würde, die ihr die passende Freiheit gibt. Hey! Nicht, was ihr jetzt denkt! Das hat mit „eine Portion Leckerchen Mann“ dann natürlich nichts mehr zu tun. Sie gehört aber auch nicht zu den stillen Frauentypen. Sie möchte leben UND lieben. An der Seite eines Mannes, der sie versteht, sie nicht einengt und jeden Tag glücklich darüber ist, dass es sie gibt.
So. Jetzt ist es raus. Vielleicht ist sie auch nur ein wenig ... na sagen wir mal ... v o r s i c h t i g. Was ich auf gar keinen Fall möchte, ist dieser schreckliche Zustand, den man als Liebeskummer kennt. Tut höllisch weh und wirft einen völlig aus der Bahn. Und die Welt in rosaroten Farben zu betrachten, war bisher auch nicht so meins. Schwarz, das ist meine Farbe, kennt ihr ja. Wie bitte schön soll schwarz mit rosarot zusammenpassen?
Aber, aber, aber.
(Nun trommelt Natascha abwechselt und sehr ungeduldig mit all ihren langen, gepflegten Fingernägeln auf unsere Tischplatte und sieht mich strafend an. Mann, die kann einen Blick auflegen, da zittert ja sogar mein Reisigbesen, echt!)
Jajaja.
Also, ich wollte an dieser Stelle einfach schreiben, es kann laufen. Gut. Wenn „der Eine“ dann vor mir steht, echt. Natascha, ich könnte ihm ja eine klitzekleine Chance geben. Eine kleine Chance? Oh, Mann, ja, ich würde ihm eine Chance geben. Wenn dieser Jemand er selbst bleiben kann. Wenn er ehrlich ist. Wenn ich ihm vertrauen kann. Grrrrrr.
Bin ich eine feige Hexe? Nein, eine Mama-Diva-Hexe, die nicht gerne etwas zugibt und doch eine so offene Tochter hat, die mutig genug ist, ihr Herz komplett zu verschenken.
Ja, gut, ist ja auch schön, wenn am anderen Ende jemand ist, der sich auf mich freut. Und es ist schön, wenn man sich verabredet und vor mir steht ein Mensch, dem ich sehr viel bedeute und der bereit ist, etwas Besonderes oder sogar etwas ganz Großes mit mir aufzubauen. Ich bin nicht allein. Kann mich ihm jeder Zeit anvertrauen, mit ihm lachen oder sogar weinen.
Okay. Also, umschwenken. Ihr müsst die heiteren Worte aus meinen anderen Kolumnen ja nicht gleich zerreißen oder löschen oder so. Legt sie erst einmal zur Seite und konzentriert euch darauf, euren „Lieblingsmenschen“ zu begegnen und ihn zu erkennen.
Eins steht für mich auf alle Fälle fest: In meinem Leben habe ich immer getan, was mein Bauchgefühl mir geraten hat. Ob es sich hinterher als richtig herausgestellt hat, blieb abzuwarten. Aber ich habe es getan! Ich habe Sachen gemacht, über die ich nicht lange nachgedacht habe. Ich habe es einfach getan. Und irgendwie nie bereut. Okay, manchmal hätte ich vielleicht einige Sekunden darüber nachdenken sollen, aber dann hätte mir mein innerer Schweinehund vielleicht davon abgeraten.
Darüber, dass ich eine Sache dann NICHT getan oder jemandem keine Chance gegeben hätte, darüber hätte ich mich wirklich höllisch geärgert. Und ich habe vieles gemacht. Und wenn ich mich für etwas oder für eine Person entschieden habe, gebe ich einfach alles.
Jetzt ist es raus! Ich bin gar nicht so windig, wie ich mich immer darstelle. Ich kann als olle Hexe auch ganz kuschelig und warmherzig sein, jawohl! Schon als ganz kleines Hexchen habe ich alles gerettet, was eben gerettet werden musste. Ungerechtigkeit und falschen Flugstolz konnte ich noch nie leiden. Ja, und wenn ich jemandem mein dunkelstrahlendweißes Herzchen geschenkt habe, dann behielt er es so lange, bis er es nicht mehr haben wollte. Aufgedrängt habe ich mich nie. Keine Sekunde lang! Ich habe immer einen coolen Abgang hingelegt. Vielleicht habe ich die Beziehung vergeigt, aber niemals meine Würde oder meinen Stolz verloren! Habe mich danach ein paar Stunden eingeigelt, meinen Hund umarmt und dabei geheult wie ein Schlossgespenst. Irgendwann bin ich dann aber wieder optimistisch auf meinem Besen gestiegen und neuen Abenteuern entgegengeflogen. Okay, vielleicht bin ich meinen Freundinnen noch ein wenig auf den Nerv gegangen, aber wirklich nur den Allerbesten. So einfach war das.
Und mein Kämpferherz? Das blieb, Beziehung hin oder her. Besenflüge mit Freundinnen müssen auch in Zukunft ebenso drin sein wie spontane, außergewöhnliche Aktionen. Hex, so bin ich halt.
Und Natascha, ich habe dir richtig zugehört. Wenn „der Eine“ dann vor mir steht, ist mir meine Freiheit nicht mehr ganz soooo unendlich wichtig. Ich gebe davon gerne freiwillig einen Teil auf – nicht, weil er es will, sondern weil ich selbst es so will.
Heute bin ich aber tief geflogen. Natascha und auch Melvin, ich denke, ihr könnt ehrlich stolz auf mich sein. Genießt beide eure Liebe aus vollen Herzen. Lasst euch von keinem reinreden. Macht euer Ding. Ich jedenfalls stehe immer hinter euch und wünsche euch alles Gute und spüre ja sogar, dass ihr füreinander bestimmt seid. Wusa!
Wahre Liebe gibt es eben doch. Hab's kapiert und ihr anderen hoffentlich auch alle. Liebe findet immer ihren Weg, heilt zerbrochene Herzen und siegt einfach immer. Eine neue Liebe ist halt doch ein neues Leben. Gebt ihm eine Chance, dem „Einen“, der auch eines Tages vor euch stehen wird. So und nun genug rosarot.
Vergesst jetzt trotzdem nie, eure Besen zu schwingen, bis in hundert Jahren!
So sei es!
Eure Hexe Tina

Autor:

Tina Becker aus Oberhausen

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