Karl Kunz - Figurative Malerei, während der Mainstream die Abstraktion hochhielt

Karl Kunz, Gemälde und Zeichnungen, im Museum Von der Heydt, Wuppertal
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Am Sonntag, den 30.3.2014, 11.30 Uhr eröffnet das Von der Heydt-Museum Wuppertal seine neueste Ausstellung "Karl Kunz".

Karl Kunz hielt an seiner Malerei fest - als die Nazis ihm Malverbot gaben, als seine Kollegen dem Zeitgeist der Abstraktion anhingen, als gegenständliche Werke nicht in Ausstellungen vertreten waren, als die typisch amerikanische Kunst mit Pop Art über Deutschland schwappte.

Kunz kommentiert seine Bilder 1965 so: "Kurz am explodieren. Insofern sind sie immer noch gesund, wenn auch die Themen immer scheußlicher werden. Aber das Leben führt mir keine Idyllen zu, sondern ein Irrenhaus - in dem auch ich meine Rolle zu spielen habe - und versuche, diesem Irrenhaus, dieser Unwirklichkeit ein Bild zu geben."

Der deutsche Maler Karl Kunz (1905 Augsburg - 1971 Frankfurt) gilt als Einzelgänger der Moderne des 20. Jahrhunderts. Er war kein Glückskind des Kunstbetriebs, sondern ein lebenslang Suchender, ein Schwieriger, einer, dem die Isolation zum Schicksal wurde.

Dem Holz, das in der Schreinerei und Furnierhandlung seiner Eltern den Alltag bestimmte, ist der Künstler lebenslang treu geblieben, auch wenn er kein Plastiker wurde - gedrechselte Möbelteile tauchen noch in seinen letzten Bildern auf. Sein bevorzugtes Medium sind Sperrholzplatten oder Hartfaserplatten, die er mit Öl und Zeichenstiften bemalt oder auch collagenhaft beklebt.

Zum modernen, der neuesten Kunst verpflichteten Maler ist Kunz ab 1922 in München geworden, wo er in den Bann der französischen Moderne und die Kunsttheorie von Kandinsky geriet.
Er war Schüler von Hans Hofmann, der in den 1930' er Jahren in die USA ging und dort maßgeblich für die Entwicklung des abstrakten Expressionismus sorgte.

Karl Kunz wurde als "entartet" diffamiert und erhielt 1933 von den Nazis Ausstellungsverbot. Er arbeitete daraufhin im väterlichen Furnierhandel. Gemalt hat er bis 1945 nur im Verborgenen. Bomben zerstörten 1944 den größten Teil seines Frühwerkes.

Seine vor dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Bilder (die Ausstellung präsentiert das Früheste von 1934) weisen schon die später für ihn typische surreale Mehrdeutigkeit auf. Die Bilder künden von einer starken Verunsicherung und bevorstehendem Unheil.
In den während des Krieges im Geheimen entstandenen Bildern entwickelt er komplexe Figurenszenen, die in kulissenhafte Raumsituationen eingebettet sind.

Nach Kriegsende bemühte sich Kunz, Anschluss an das wieder erwachende Kunstleben zu finden. Er schloss sich der Münchner „Neuen Gruppe“ an, der progressivsten süddeutschen Künstlervereinigung.
In eindringlichen Bildmetaphern setzte er sich mit der Bedrohung durch den Nationalsozialismus und der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs auseinander. Die Schrecken des Krieges übertrug Kunz in surreal verschlüsselte Bildkompositionen, in denen sich Realität und Imagination, Figürliches und Abstraktes durchdringen.

Im Sommer 1949 wurde Kunz, einer Intrige wegen, aus dem Dienst an der „Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk“ in Saarbrücken, entlassen. Es blieb das Leben eines freien Künstlers.
Im Laufe seines Schaffens geriet Kunz in die heftige Kontroverse über den Vorrang von abstrakter und gegenständlicher Kunst.

Kunz malte figurativ, griff aber auch die Impulse seiner Zeit auf. Surrealistische Elemente oder solche der Bauhausschule, aber auch die Formensprache des Picasso gingen in seine Werke ein. Als Folge des Kalten Krieges wurde, in Abgrenzung zum Osten, die amerikanische Abstraktion im westlichen Europa vorherrschend. Kunz blieb figurativ, mit der Folge, dass er nicht mehr ausgestellt wurde.

1957 ging er nach Frankfurt am Main, ein Einzelgänger, der sich mit seiner Sonderrolle abseits der Gruppierungen abgefunden hatte. Er wurde zu einem existenzialistischen Sucher, der sich auf die Entdeckung des Unbewussten einließ.
Es schien, dass die deutsche Öffentlichkeit Kunz ab den 1960er Jahren endlich im gebührenden Rahmen wahrzunehmen begann. Aber ihm blieb keine Zeit, um die Ernte einzufahren. Im Mai 1971 ist Karl Kunz an einem Herzleiden gestorben.

Mit der aktuellen Ausstellung im Von der Heydt-Museum wird die Wiederentdeckung seines Werkes gefeiert. Das Museum präsentiert Karl Kunz nicht nur als Maler sondern auch als Zeichner mit graphischen Serien voller Figürlichkeit und Erotik. Papierarbeiten aus den Jahren 1951 bis 1969 weisen Kunz als erstklassigen Zeichner aus. Feinste Tuschezeichnungen zaubern spektakuläre Bilder. Im Zyklus "Einundsechzig Illustrationen zum Inferno der Göttlichen Komödie des Dante Alighieri" schafft Kunz es, Dantes Schilderung einer visionären Wanderung durch die Reiche des Jenseits in fantastisch-imaginäre Bildwelten zu übertragen. Der Museumsdirektor Gerhard Finckh freut sich, dass das Museum jüngst vom Sohn des Malers, Walter Kunz, zwei Akt-Zeichnungen geschenkt bekam, die nun ebenfalls präsentiert werden.

Eros erhält im Laufe des Schaffens immer mehr Bedeutung, nicht nur als Feier des Lebens, sondern auch als Zeichen von Vergänglichkeit. Kunz versucht als Kontrast zu seiner Todessymbolik, das "Mysterium des Lebens" darzustellen. In den Gemälden fällt der stellenweise freie unbemalte Hintergrund auf. Mal wird die Maserung der Sperrholzplatte als Hintergrund mit ins Bild eingebunden, mal werden weiße Bereiche der Hartfaserplatte ausgespart, mal wird eine weiße Fläche, als Balken, Keil oder in wolkiger Phantasieform, ins Bild gemalt.
"Weiß" ist für Kunz ein heller, bewusster Tod, das Nichts. Vor dem "Weiß" entfaltet er sein Leben.

Faszinierend an den großformatigen Gemälden ist, wie einerseits ein großer, explosiver Schwung, der für große Emotionen steht, neben Fixpunkte gestellt wird. Verwobene Einzelbilder und viele Details verweisen als Zitate auf die Antike, wie auch auf psychologisch aufgeladene Bilder des Unbewussten. Kunz mischt alle Stilelemente seiner Zeit, also des Informell, des Surrealen, der Pop Art, des Abstrakten und der Collagen, mit seiner gegenständlichen Malerei und schafft so etwas unbedingt Eigenständiges.
Seine Kunst ist nicht spontan, sondern das Ergebnis einer konstruktiven Gliederung. Architektonische Bildelemente verknüpfen die Orte der Wirklichkeit und Orte der Vorstellung.
Seine Kunst ist intellektuell, auf das Bildungsbürgertum abgestimmt, welches mit Zitaten umgehen kann. Die Bilder erfordern Betrachtungszeit und Konzentration, dann entdeckt man eine Vielzahl von Einzelbildern und Zusammenhängen.

Unabhängig vom Theoriestreit zwischen Abstraktion und Figuration war Karl Kunz die innere Haltung wichtig. Während zunächst das Spielerische und Experimentelle für ihn im Vordergrund stand, wandelten ihn die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges zu einem existenzialistischen Sucher. Mit einer eigenwilligen Bildsprache ließ er sich auf die Entdeckung des Unbewussten ein.
Abseits vom offiziellen Kunstgeschehen steigerte sich Karl Kunz in eine expressiv-manieristische und von surrealer Symbolik beherrschte Bildwelt hinein, die um die Themen Eros, Sünde und Tod kreist. Den Mittelpunkt stellt häufig der weibliche Akt dar.

Die Ausstellung folgt mit rund 50 Gemälden und Zeichnungen den künstlerischen Entwicklungen von Karl Kunz von 1934 bis 1970.
Ein Film von ca. 10 Minuten Dauer von Heinz Dieckmann mit J. A. Schmoll, genannt Eisenwerth, aus dem Jahre 1966 erläutert die wesentlichen Merkmale der Malkunst des Karl Kunz.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Karin Thomas (Museumsausgabe 15 €). Infos zu den Öffnungszeiten und zum Rahmenprogramm unter www.kunz-ausstellung.de.

Autor:

Dorothea Weissbach aus Oberhausen

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