Klettverschlüsse für Christo

Christo und Jeanne-Claude 1999 vor dem Gasometer während der finalen Aufbauarbeiten zu „The Wall“. Jeanne-Claude wurde am selben Tag wie Christo am 13. Juni 1935 geboren. Sie erlag 74-jährig im November 2009 einer Hinrblutung. Foto: Archiv
  • Christo und Jeanne-Claude 1999 vor dem Gasometer während der finalen Aufbauarbeiten zu „The Wall“. Jeanne-Claude wurde am selben Tag wie Christo am 13. Juni 1935 geboren. Sie erlag 74-jährig im November 2009 einer Hinrblutung. Foto: Archiv
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VON MARC KEITERLING
Ab März 2013 gibt der weltbekannte Künstler Christo sein zweites Gastspiel in Oberhausen. „Big Air Package“ ist der Name der Installation, zu ihrer Realisierung werden Klettverschlüsse ohne Ende benötigt. Eine seiner Ausstellungen hieß „Wolfgang Volz - Das Auge von Christo und Jeanne-Claude“. Und der weltbekannte Footograf Volz war es auch, der die Fäden zog zum zweiten Projekt Christos im Gasometer.
Zu Volz hat Gasometer-Geschäftsführerin Jeanette Schmitz einen ganz kurzen Draht, kein Wunder ist er doch Kurator der 2011 und 2012 präsentierten Ausstellung „Magische Orte“.
„1999 haben Christo und Jeanne-Claude hier `The Wall`inszeniert, seither sind wir über Wolfgang Volz immer in Kontakt geblieben. Ende 2010 haben wir dann auf diesem Weg angefragt, ob er sich nochmals etwas im Gasometer vorstellen könne“, so Jeanette Schmitz. Christo schlief buchstäblich eine Nacht darüber, schon am nächsten Morgen lieferte er seine Idee. Eine Luftskulptur atemberaubenden Ausmaßes in einer der ungewöhnlichsten Ausstelllungshallen dieses Planeten.
Es ist praktisch eine Weiterentwicklung. 1968 bekamen Christo und seine 2009 verstorbene Ehefrau Jeanne-Claude die Möglichkeit zu einer Teilnahme an der Documenta in Kassel. Ihr Beitrag bestand aus einem länglichen Ballon mit einem Volumen von 5600 Kubikmetern. Das „Package“ bereicherte Kassel seinerzeit zwei Monate lang.
„Er hat uns total überrascht. Sowohl mit seiner schnellen Entscheidung, als auch mit der Weiterentwicklung zum ´Big Air Package`. In dieser Größe hatten wir es nicht erwartet“, gibt Schmitz lächelnd zu. Die Skulptur wird 90 Meter hoch sein und einen Durchmesser von 50 Metern aufweisen. Sie umhüllt den wertvollsten Stoff der Erde - die Luft. Der Besucher, der in das Package eintritt, soll überwältigt sein von dem gewaltigen Luftraum, der ihn umschließt.
Nach der Zusage Christos wurden 2011 dafür genutzt, abseits der Öffentlichkeit den zweiten Auftritt des weltweit renommierte Künstlers vorzubereiten. Ein Lieferant musste für dieses „Riesending“ her. Gefunden wurden „Geo, die Luftwerker“. Seit Mitte der 1990er-Jahre betreibt diese Firma in Lübeck ein eingetragenes Luftfahrtunternehmen. Die Prüfung der Lufttüchtigkeit von Ballonen gehört zum Angebot.
Rund zwölf Monate werden es am Ende sein, die Konstruktion und Fertigung daran tüfteln, dass aus 20.000 Quadratmetern Ballonstoff und 4.500 Metern Seil pünktlich zur Ausstellungseröffnung im März 2013 auch wirklich ein großes Luftkissen entsteht.
Jeanette Schmitz zu den Dimensionen: „Es würden rund 400 Standard-Einfamilienhäuser hineinpassen. Bis zu 300 Besucher werden zur gleichen Zeit den Raum betreten können.“
Grobkonstruktion und Seilverlauf sind fertiggestellt, bis Anfang September laufen Erprobungen im Lübecker Werk. Danach rattern die Nähmaschinen für volle drei Monate, um den Stoff zu schneidern. „Die Anlieferung findet im Januar 2013 statt, damit wir im März `Big Air Package`präsentieren können“, so Schmitz. Eingefügt werden auch zahlreiche Klettverschlüsse. 20.000 Quadratmeter Stoff an einem Stück - da muss selbst ein Gasometer kapitulieren. In Stücken wird das gute Stück hineintransportiert und dort zusammengesetzt.
Später wird selbstverständlich auch Christo anwesend sein. Gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau Jeanne-Claude inszenierte er 1999 im Gasometer „The Wall“. 13.000 Ölfässer lieferten damals unvergessliche Bilder. Wie hat die Gasometer-Chefin ihn 1999 erlebt? Schmitz: „Er hat sehr genaue Vorstellungen davon, wie seine Ideen umzusetzen sind. Ein Perfektionist, ganz klar. Gleichzeitig war er aber auch sehr umkompliziert im Umgang, ein Mensch, der die Bodenhaftung nicht verloren hat“.
In einer Videoschalte aus New York ließ der gebürtige Bulgare kürzlich wissen, dass er den Gasometer 1999 liebengelernt habe. Und auf die Frage, ob „Big Air Package“ sein letztes Projekt in Deutschland werde, entgegnete er leicht entrüstet: „Wie kommen sie darauf - ich bin doch erst 77 Jahre alt...“

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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