Todsünden
Sind Todsünden des Todes? - Ein Plädoyer zum Abrüsten

Todsünden, ein alter Begriff der katholischen Kirche, Schreckensverbreitung zur Herrschaftsmacht, die Jahrhundelang  diese Version des Christentums verbreitete und Menschen mit Schuldzuweisungen knechtete und gefügig machte.
Dreht man diese Ver- und Gebote in ihr Gegenteil, und lässt sich nicht vom kirchlich gewollten Zwang abschrecken, so erscheinen sie nicht bedrohlich,
im Gegenteil. Sie verkünden oder tragen dazu bei, was Jesus eigentlich gemeint und gewollt hatte und von der Kirche zwecks Machtinteresse ins Gegenteil verkehrt wurde.
Und sie sind keineswegs nur auf den christlichen Glauben zu beziehen, denn schon Aristoteles lehrte ganz praktisch Menschen die Kardinaltugenden zur Eudaimonie, dem guten Leben. Heute beruft sich die positive Psychologie, vornehmlich durch Seeligmann, auf diese alten Möglichkeiten. Sie behalten ihre Bedeutung.
Jesus als einer der großen positiven Urkräfte im Zusammenhang allen Lebens zu vertrauen, einer bedingungslosen Liebe, eines Pazifismus, um Gutes zu tun und Gutes zu wollen, führt auf den Wegdes guten Miteinanders. Seine in Geschichten erzählten Lehren sind heute noch genauso verständlich, denn sie treffen den Kern des Menschseins.
Auch in der buddhistischen Psychologie sind ähnliche Grundzüge bekannt, eigentlich in sehr vielen Religionen überall und zu allen Zeiten. Wie wir miteinander umgehen sollten, benötigt aber immer wieder einer Auffrischung.
Obwohl, neulich diskutierte ich mit einem katholischen Geistlichen, der sich von dem Begriff – Schuld – nicht abbringen ließ und sich in den Worten wand, es gäbe doch „vorsätzlich“. Ja, es gibt vorsätzlich. Menschen sind in der Lage, andere ohne Gewissen zu betrügen und belügen oder noch schlimmer, und dies ist erstaunlicherweise schon bei einigen Primaten bekannt.
Sieht man aber den gemeinsamen Geist eines gemeinsamen Ursprungs aller Religionen, so liegen die Grundideen nicht weit aus einander.
Hochmut.
Der Hochmut scheint in unserer westlichen Gesellschaft fast schon ein Standardmaß zu sein, einmal aus einem überbordenen Selbstwert oder aus dem Gegeteil, einer innerlichen Ohnmacht. Ein natürlicher Stolz ist etwas Schönes, wie bei einer Tänzerin oder einem prächtigen Tier im Bewusstsein der eigenen Würde. Würde wird im Grundgesetz zwar propagiert, praktisch jedoch wenig ausgeführt.
Wenn dazu Eitelkeit und Dünkeldenken kommen, verschwindet Anmut zugunsten einer Überheblichkeit, der Macht, sich über andere zu stellen.
Politiker und Machthaber, viele Menschen, halten sich nun selbst für Götter und legen einen Hochmut an den Tag, mit eigener unbestrittener Wahrheitskompetenz, der ihresgleichen sucht.
Unsere Gesellschaft beruht auf Machtstrukturen, dem Objekt Denken, dem Kosten Nutzen Prinzip wie Machiavelli. Max Weber lastete es dem Protestantismus an, der nach Luther von Gnade ausging, deren man sich nicht sicher sein konnte, wie auch Calvin glaubte, wirtschaftlicher Reichtum zeige eben diese Gnade.
In einer zunehmend narzisstischen Gesellschaft sind Menschen Konkurrenten und Rivalen, eingepresst ins Leistungs/ Erfolgssystem. Man spielt Kampf gegen einander und nennt es dann Beziehung.
Wie Faust bei Goethe zeigt es einen Menschen, der mit übergroßer Hybris und Gier, glaubt, alles zu wissen und mit dekadenter Unzufriedenheit sich und seine Liebste dadurch zugrunde richtet.
Leben aber ist mehr als Ehrgeiz, Leistung und Materialismus.
Wenn wir Gott glauben, oder einem Universum, das trägt und hebt, müssen wir nicht kämpfen. In einer komplexen und phantastischen Schöpfung, in die wir eingebunden sind und die wir nur partiell schemenhaft erfassen können, können wir staunen über das Wunder Leben. Daraus erwächst Demut und Dankbarkeit, und der Wille, nicht als Opfer der Politik, nicht als Opfer der Kirche. instrumentalisiert zu werden.
Keiner ist perfekt, und doch legte Jesus nahe, uns anzunehmen wie er es tat, ohne Unterschied von Herkunft, Hautfarbe, Status, Geschlecht, nicht festgelegt auf Standards und Muster.
In der Dankbarkeit schaffen wir Möglichkeiten des Friedens, in uns selbst, in anderen und vielleicht auf einem kleinen Stück Erde.
Geiz

Geiz scheint eher eine Geisteshaltung zu sein, nicht unbedingt von materieller Gier, eher eine Zwanghaftigkeit des Zählens und Kontrollierens, und den Besitz, und sei er noch so klein, dringend behalten zu müssen, da ansonsten etwas von der eigenen Sicherheit vermeintlich fehlen könne. Das zwanghafte Festhalten und die oftmals folgende Einsamkeit in der Verbitterung zeigt sich gut in der „Christmas Carol“ von Charles Dickens, in der ein geiziger Mensch zu einer völligen Vereinsamung gelangte und durch die Liebe und das Wohlwollen anderer zu einem freigiebigen Menschen wurde.
Menschen, deren Denken sich um die Vermehrung ihres Reichtums dreht, erleiden seelische Qualen, wenn sie auch nur ein wenig davon verlieren, da darin ihre vermeintliche Sicherheit eines Denkgebäudes, von Angst und Sorge geprägt, stirbt.
Von weniger reichen Ländern hingegen ist oftmals bekannt, dort, wo Menschen wenig besitzen, sie zumeist auch weniger Sorge und ihr Habe oder dessen Verlust empfinden und die Atmosphäre zumeist entspannter ist.
- Sorget nicht! – sagte Jesus ein über das andere Mal und nahm die zwanghafte Angst fort. - Sehet die Lilien auf dem Felde... - Ihr seid wichtig und werdet gesehen, jeder.
Er versuchte den Zwang zu nehmen, der eine Form von Angst ist, ohne etwas kontrollieren, festlegen und greifen zu wollen in einem nicht festlegbaren Leben und uns die Freiheit zu geben, dass wir aufgehoben und geborgen sind, das Vertrauen in das Leben selbst.
Der Gegenpol zum Geiz ist eine Großzügigkeit, das Leben zu betrachten, nicht nur im materiellen Sinne, denn ein großzügiger Mensch ist meist auch ein freier Mensch, auch im Umgang mit Fehlern und Schwächen, um dem Leben eine positive Richtung zu geben.
Neid
Mein Vermieter machte den Vorwurf, Arme lebten auf Kosten seiner Steuern, die er in die Sozialkassen zahlte. Er besitzt zwei Häuser, zwei Autos, ein Wohnmobil und hat ein durchaus angenehmes Leben, doch als enger Mensch mit einem engen Menschenbild, denn ansonsten würde er ja soziale Verhältnisse betrachten können. Doch er ist einfach nur neidisch.
Der Kapitalismus fördert den Wettbewerb der Ellenbogengesellschaft. Vergleich, Konkurrenz, Stress und Druck unterbinden letztlich auch das Glück. Reiche sichern sich zwanghaft und angsterfüllt ihren Besitz und neiden den Armen fast schon ihre Existenz.
Arme geifern nach dem Habe der Reichen, weil sie glauben, ein Mehr an Materiellem machte sie glücklich. Die Werbung propagiert „Haste was dann biste was.“ Und dann beginnt der Neid die Seele zu vergiften.
Mit dem eignen Schicksal zu hadern, in Vergleichen zu anderen, führt zu einer Anklage und Selbstanklage. Hiob zeigte Stärke, die eigenen Anfechtungen durchzustehen. Keiner wusste, warum sie kamen und keiner wusste, warum sie wieder gingen.
Aus Neid entstehen aggressive Kämpfe zwischen Einzelnen, aber auch vornehmlich zwischen Gruppen und Völkern, wie der Kolonialismus mit der Ausbeutung und Vernichtung ganzer Völker.
Jeder Vergleich trägt in sich den Beginn eines bösartigen Gefühls durch die eigene Minderwertigkeit und vielleicht kann man sogar sagen:
- Der Neid ist die Vorstufe von Hass.-
Die Frage, warum jemand in seiner Einmaligkeit nicht gesehen wurde oder glaubt, nicht gesehen zu werden und zu bösartigen Mitteln greift, erschließt eventuell seine Biografie, doch Ursachen und Bedingungen sind komplex und kaum änderbar. Das Alte Testament gibt bei der Geschichte von Kain und Abel keinen befriedigenden Grund an, warum der eine anerkannt und der andere nicht. MIr scheint es gibt dafür keinen wirklichen Gründe. Und doch nimmt sich Gott dem weniger Anerkannten an.
Wenn das Gegenmittel zur Eifersucht die Toleranz ist, so steht dem Neid die Großzügigkeit gegenüber, mit dem Wissen, dass alles Materielle und auch der eigene Status ein Ende nehmen wird, nicht festzuhalten, weder Besitz noch ein überhöhtes Ego. Und immer wieder sprach Jesus von der Freiheit und Unabhängigkeit auf der Grundlage der Dankbarkeit, des Teilens, die ein Glück schenkt, das Materielles übersteigt.
 Zorn
„Wut tut gut – Zorn zerreißt“ sagte Anselm Grün.
Wut lässt sich im gemeinsamen Leben nicht vermeiden, um sich durchzusetzen oder auch zu distnazieren. In der Wut liegt Kraft, tätig zu werden, im Sport, in der Kunst, Musik, sie zu etwas Positivem, Kreativem einzusetzen.
Mit dem Zorn ist es etwas anderes. Zorn überfällt uns und wir werden blind, sagen vernichtende Dinge, die wir später bereuen. Wir denken nicht mehr klar, da der Zorn, bekommt er eine kognitive Komponernte, zu unermesslichen Phantasien führt, Gift für die Seele. Zurück in unsere eigentlichen vom Zorn verborgenen Gefühle zu finden, jenen die unter dem Zorn lagen, können betroffen machen. Wir können dann andere, aber auch zunächts alleine uns selbst mit viel Mitgefühl betrachten und annehmen. Anderen zu vergeben heißt ja auch, uns selbst zu vergeben, frei für Frieden zu werden.
Doch auch die globalen Ungerechtigkeiten können sehr viel Zorn auslösen. Wie viel Leid und Elend gibt es überall? Ein Zorn gegen Gott würde vielleicht sagen: „Wie kannst du das zulassen? Wie kannst du so ungnädig sein?“
Solche Gedanken fußen auf einem persönlichen Gottesbild, als sei Gott ein Richter, ein Verwalter und vor allem ein konkretes Gegenüber. Man kann darüber geteilter Meinung sein.
Sartre sagte: „Gott ist in uns oder nirgends.“
Wenn Gott aber die Lebenskraft, Liebesenergie in uns selbst ist, sind wir verantwortlich, was auf der Erde, passiert. Der Mensch machte sich die Erde untertan, so sagte man, doch er hat sie benutzt und zerstört, Ressourcen zu seinem Wohl ausgebeutet, Geokriege geführt , in einem erschreckend kurzen Denken, ohne jemals einen Überblick zu wagen.
Man muss als Deutscher nicht erst zum Dritten Reich blicken, sondern jetzt, hier, überall, hinschauen, überall passiert riesiges großes Leid.
Es braucht zivilen Ungehorsam und globale Verantwortung.
Jesus bot die Freiheit der Entscheidung an, sich tugendhaft zu verhalten oder nicht, und er stellte in vielen Geschichten in Aussicht, welches unserer Verhalten uns frei machen würde und könnte. Es waren keine steifen Regeln, sondern Vorschläge, wie es besser gehen könnte.
Gier und Wollust
„I want it all, and I want it now!”
Dieser Songs bringt es auf den Punkt, das Drama der hedonistischen gierigen westlichen Welt, die spontane Befriedigung der Bedürfnisse.
Wir wollen zwanzig Fingerringe, sagte der Dalai Lama, obwohl wir nur zehn Finger haben, zehn Paar Schuhe, obwohl nur ein Paar Füße. Wir wollen mehr, immer mehr. Und immer ist der Wunsch stärker als die tatsächliche Befriedigung. Das kapitalistische System ist eine „Bedarfsweckungsgesellschaft, nicht eine Bedarfsdeckungsgesellschaft.“, sagte Richard David Precht. Erich Fromm war sogar der Ansicht, der westliche
Mensch sei und saugte wie ein Riesenbaby mit immer neuen, unersättlichen Ansprüchen.
Wenn Sexualität früher von der Kirche als etwas Feindliches angesehen wurde, so ist sie doch eine treibende Kraft, eine Lebensenergie, die zu guten Leistungen, auch in Literatur und Kunst führen kann, der "Wille zum Leben" wie Schopenhauer sagte.
Doch wenn heute Sex oft von tiefen liebenden Gefühlen abgetrennt ist, dient er lediglich zur profanen Triebbefriedigung eigener Bedürfnisse, wobei der andere als Objekt wahrgenommen wird, mit dem Zwang zur Wiederholung in größeren Dosen, weil nie wirklich befriedigt.
Es ist ein Tanz ohne Hingabe.
Gaben, die Fähigkeiten zur Tiefe und Erfüllung menschlichen Seins sind schon „in uns drin“, sagt Anselm Grün und sie zu entwickeln, braucht Zeit und Muße, in sich zu gehen und sich kennenzulernen.
Wer langsam geht, sieht mehr, sagt ein Sprichwort. Der Film „Die große Stille“ in einem Schweige- Kloster zeigt, wie Arbeiten bedacht, liebevoll und achtsam getan werden. Auch wir brauchen Zeiten der Besinnung.
Trägheit
„Ich schaue lieber nicht hin.“ Eine übliche Meinung, zu schweigen und wegzuschauen, wenn etwas die Ruhe oder Bequemlichkeit stört. Wir laufen wie die Fische im Strom, weil es den geringsten Widerstand hat.
Die Machiavellis sind zahlreich geworden, alle diejenigen, die rein ihren Nutzen sehen.
Leben ist aber mehr als eine unkonkrete Aneinanderreihung von Momenten und erfordert manchmal harte Arbeit, Engagement und nicht immer einfache Lösungen. Auch können wir nicht von einem Gott erwarten, dass er die Probleme löst. Gott ist kein Bestellkatalog.
„Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass Gott allein sich darum kümmert.“ , sagte Martin Luther King.
Jesu Taten, Reden udn Beispiele waren provokant. Er lehrte nicht, wegzuschauen. Er mischte sich ein, so unangenehm es auch für viele Leute war.
Trägheit scheint mir immer auch eiue Art von Borniertheit zu sein, aufzuzeigen, man sei besser und habe mit Diesem oder Jenem nichts zu tun, sich abzugrenzen und in seiner kleinen Welt heimisch einzunisten. Jesus machte zum Ärger einiger Leute keine Unterschiede, mit wem er sprach und wem er half.
Was auf unserer Erde passiert, geht uns alle an.
Die einschläfernden Soaps und Quizsendungen, der bunte Blätterwald der Zeitschriften legen es bewusst darauf an, dass möglichst wenig gedacht und vor allem nicht reagiert wird. Sensationen und Sportereignisse werden als Blitzableiter hoch gepuscht.
Die Trägheit ist also auch einfach gewollt, da sie leichter regierbar ist.
Wenn Jesus heute noch einmal wieder kommen würde, käme er entweder nach Guantanamo oder als völlig Irrer in die Klapse. Ein Mann, der in der Bronx das Brot und die Weisheit mit allen teilte und Liebe gab, ist immer noch gefährlich.
Ich komme zum Ende der Betrachtungen, sicherlich unvollständig und nur ein kleiner Anstoß, sich mit dem Thema zu befassen.
Die Annahme der Tugenden, wie ich erläutern konnte, ist kein altmodisches Relikt, sondern gerade in dieser unserer Welt des materiellen Habens nicht nur möglich, sondern überlebensnotwendig.

Der Künstler Georg Overkamp gestaltete das Thema mit einer großen Installation, auf dem obigen Bild zu sehen. Man kann sich dieses Werk wie auch seine anderen neuen Schöpfungen  im Rahmen der derzeit laufenden Ausstellung  anschauen.
Galerie KIR  -  Elsässer Straße 21  -  46045 Oberhausen 
Ausstellung vom 1. August - 5. September  -  2021
Öffnungszeiten:  Mo + Fr 17.00 - 19.30 Uhr   So 16.00 - 19.00 Uhr
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Autor:

Ingrid Dressel aus Bochum

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