Eine radikale Geldreform gegen das (EURO)-Schlamassel

Der tiefgreifende Umbau des Geldsystems soll aus der Schuldenkrise führen. Ein konkreter Vorschlag wurde auf einer Tagung in der Schweiz vorgestellt.

Woher kommt unser Geld? Die Bundesbank bringt das Bargeld in Umlauf (die Schweizer Nationalbank 2011: 39,16 Mrd. € ). Dazu zirkuliert – und das ist leider kein Allgemeinwissen - auch eine gigantische Geldmenge als elektronisches Buchgeld (Giralgeld). Es wird von den Geschäftsbanken geschaffen (2011: 406 Mrd. CHF oder 338,3 Mrd. €). Sie überschreiben den Kunden Kredite als Guthaben, die derzeit nicht durch reales Geld gedeckt sein müssen. Damit wird die Menge des Geldes vermehrt; das nennt man «Geldschöpfung». Das Buchgeld bläht als Treibstoff im Kreislauf der monetären Ökonomie die Finanzwirtschaft auf, es setzt die Realwirtschaft unter Druck und nimmt den Staat als Geisel: Gerät eine grosse Bank in Schieflage, muss sie mit Steuergeldern gerettet werden (too big to fail). Die Verluste werden auf die Allgemeinheit abgewälzt, die Gewinne bleiben privat. So werden nun aktuell die spanischen Banken mit Geldern der EZB gerettet. Es werden neue Staatsschulden von Spanien geschöpft. Dies geschah bisher: Damit diese EU-Institutionen und der IWF für ihre erworbenen griechischen Staatsanleihen die hohen Zinsen erhalten, geben sie Griechenland das Geld in Form von «Hilfspaketen». Damit Griechenland nicht in Versuchung kommt, die EU-Gelder für etwas anderes auszugeben, werden die «Hilfs»-Milliarden auf ein Treuhand-Konto in Athen über-wiesen, auf das die griechische Regierung keinen Zugriff hat. Auf diesem Konto bleibt das Geld nur wenige Tage, bevor es wieder an den IWF, die EZB und die andern Gläubigern zurück überwiesen wird.

Nicht bloss Politik- und Staatsversagen

Die gewaltige Schuldenkrise in Europa ist nicht bloß ein Fall von Politik- und Staatsversagen, sondern ebenso ein Fall von Banken- und Marktversagen. Professor Huber für Wirtschafts- und Umweltsoziologie in Halle-Wittenberg (D). In der bail-out- und Austeritäts-Politik der EU sieht er einen Widerspruch zwischen fiskalischer Konsolidierung und realwirtschaftlicher Erholung. Ohne eine tiefgreifende Reform der Geld- und Bankenordnung bekomme man das Problem der Staatsschulden und Finanzkrisen nicht in den Griff.

Das Konzept: die Finanzwirtschaft wieder voll in den Dienst der Realwirtschaft stellen. Der Kern der Sache: Die Geschäftsbanken dürfen kein eigenes Geld mehr schöpfen, der Bund erhält das Geldmonopol auch im Bereich des Buchgeldes. Das Buchgeld wird damit zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt (Vollgeld). Parallel dazu soll eine wirksame Finanzmarktreform verhindern, dass die Vollgeldreform unterlaufen wird.

Keine verstaatlichten Banken

Die Banken selber werden nicht verstaatlicht. Sie übernehmen weiterhin Kreditvergabe, Zahlungsverkehr und Kontoführungen. Die Einzelkonten werden außerhalb der Bilanz geführt und von der Nationalbank garantiert. Geht eine Bank bankrott, bleiben die Kundengelder unangetastet. Am Tag X übernimmt die Nationalbank den Bestand des gesamten privaten Buchgeldes. Geld ist jetzt nur noch Zahlungsmittel und nicht mehr Spekulationsobjekt. Die Geldschöpfung ist allein Sache der Notenbank. Sie orientiert sich an der Realwirtschaft, die ihre Gewinne durch ein vernünftiges Produktions- und Absatzwachstum erreicht und nicht mehr länger Sklave von Bankkrediten ist. Den Geldschöpfungsgewinn (Seigniorage) gibt sie an den Bund, Länder, Gemeinde und Private weiter. Die öffentliche Hand kann so Schulden abbauen, Investitionen tätigen oder Steuern reduzieren. «Geld ist ein öffentliches Gut und keine Ware», begründet Philippe Mastronardi die Reform. Der emeritierte HSG-Staatsrechtsprofessor und frühere Sekretär der Geschäftsprüfungs-kommissionen (GPK) im Bundeshaus. Damit die Reform in Gang kommt, braucht es eine Revision der Verfassung. Dem Bund wird das alleinige Recht zu, Münzen und Banknoten nach dem Gesetz zugestanden. Über das Buchgeld aber schweigt sich die Verfassung aus. Kann es in der EU, wie in der Schweiz geschehen, dass die Nationalbank selber soll aufge-wertet und als Monetative zur vierten Gewalt im Staat werden – neben Exekutive, Legislative und Judikative. Damit wollen die Vollgeld-Promotoren die Unabhängigkeit der Geldschöpfer absichern.

Inzwischen ist das Thema auch im Schweizerischen Nationalrat angekommen. Lukas Rei-mann (SVP) und Geri Müller (Grüne) reichten im Märze Interpellationen rund um Guthaben, Schulden und Geldschöpfung ein und haben nun eine bundesrätliche Antwort erhalten. Die Regierung gibt sich defensiv und setzt auf die bisherige Geld, Währungs- und Finanzmarktpolitik. Dazu gehört auch das Paket über die Bankenregulierung, das sie am 1. Juni verabschiedet hat. An der heutigen Buchgeld-Schöpfung ändert sich damit nichts. Und sogar die NeueZüricherZeitung (NZZ) kommentierte das Paket leicht süffisant: «Pro 100 Franken Bilanzsumme müssen die Grossbanken künftig kaum mehr als 5 Franken Eigenkapital halten; ein Gefühl besonderer Sicherheit vermittelt das nicht.» in Deutschland ist es nicht anders.

Liberaler Ökonom: Was für Naivlinge!

Jetzt will der Verein MoMo das Projekt über ein Bündnis abstützen und dazu eine Volksinitiative lancieren. Das ist ein ambitiöses Unterfangen. Schon an der Zürcher Tagung im Juni 2012 wurde klar, dass das kein Spaziergang wird. Das Geld- und Währungswesen ist immer von politischen Interessen beeinflusst. Das ist beim Vollgeld insbesondere der Verteilung der Geldschöpfung an Bund, Ländern und Kommunen nicht anders.

Auch Anhänger von Komplementärwährungen (in der Schweiz z.B. WIR-System) tun sich schwer. Sie wurden an der Tagung von der Professorin und Geldexpertin Margrit Kennedy vertreten. Sie zeigte auf, dass lokale Parallelwährungen (z.B Chiemgauer) problemlos funktionieren. Mit der Vollgeld-Initiative ginge das nicht ohne weiteres. Um die Umgehung des Bundesmonopols zu vermeiden, verlangt die Vollgeld-Initiative für «andere Zahlungsmittel» ausdrücklich eine Bundesbewilligung. Das sorgte für lange Gesichter bei den Tagungsteilnehmern in Zürich.

Initiativen-in der Schweiz mit geplantem Start 2013

Das letzte Wort scheint aber noch nicht gesprochen. Insbesondere Historiker und MoMo-Beirat Peter Hablützel beschwor, Sympathisanten nicht vor den Kopf zu stossen, sondern ins Boot zu holen. Es werde ohnehin extrem schwierig, «den Banken die Geldschöpfung zu ent-reissen». Umso mehr brauche es eine breite Koalition und einen langen Atem. Einstweilen wird der lange Atem allerdings nötig sein, um die Volksinitiative überhaupt erst mal auf die Beine zu bringen. Wie sieht es damit aus? Laut MoMo-Vorstandsmitglied Daniel Meier soll bis Ende 2012 das Initiativ-Komitee stehen und der Text zur Prüfung an die Bundeskanzlei bereit sein. Die Unterschriftensammlung soll 2013 starten. Das ist ein optimistischer Zeitplan. Beirat Mastronardi sagte dazu lediglich: «Wir möchten es bald machen.» Zwar würden die Initianten lieber international koordiniert vorgehen. Vollgeld-Bewegungen gibt es auch in Deutschland, England und in den USA. Aber die direkte Demokratie könne hier Vorbild und Antreiberin sein, darum starte man auch allei-ne, denn: «Wenn die Krise noch schärfer wird», so Mastronardi, «glaube ich, dass am Ende auch Europa mitzieht.»

Zitiert nach:
http://www.infosperber.ch/Artikel/Wirtschaft/Mit-radikaler-Geldreform-gegen-das-Schlamassel
siehe auch: http://www.lokalkompass.de/oberhausen/politik/warum-gerade-italien-nach-griechenland-d175801.html

Fazit: Die Notwendigkeit der Einführung der Kohle als Zwischenschritt bis zur Umsetzung der Initative Vollgeld, erscheint vordringlich.

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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