Ringen: Weltweite Proteste gegen Entscheidung der IOC-Exekutive

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Unterschriftenaktion des Deutschen Ringer-Bundes

KSV Witten ruft Ringerfreunde der Ruhrstadt zur Teilnahme auf

Lausanne – Die IOC-Exekutive hatte in Lausanne (Schweiz) die Streichung der Traditionssportart Ringen aus dem olympischen Programm beschlossen; diese Entscheidung sorgte bereits Stunden später weltweit für heftige Proteste.

Die Stimmung bei den Ringern schlug inzwischen um, von Entsetzen auf Kampf. DRB-Sportdirektor Jannis Zamanduridis, seit Januar im Amt, brachte es auf den Punkt; „…wir haben gelernt zu kämpfen – und das werden wir jetzt tun“.

Das sehen auch viele 'Ringernationen' so, denn inzwischen schlägt dem IOC ein eisiger Ostwind ins Gesicht, denn gerade in Osteuropa gehört Ringen zu den Nationalsportarten, in Russland, Aserbaidschan, im Iran, der Türkei, oder Armenien sorgt Ringkampf für volle Arenen. Bei der Weltmeisterschaft 2007 und der Europameisterschaft 2010 war die Heydar-Aliyev-Arena in Baku (AZE) mit 15.000 Plätzen restlos ausverkauft, 12.000 Zuschauer säumten die Ränge im Moskauer Olimpiskij bei der WM 2010, genauso viele dürften es bei der WM 2011 in Istanbul gewesen sein, die für eine grandiose Ringkampfstimmung sorgten. Doch auch in China, Japan, Korea, den USA und Kanada gehört der Ringkampfsport zu den angesehensten Sportarten.

Die Stimmungslage schlägt bei den Ringern nun von Entsetzen in Wut um – und das weltweit. Vor allem in der Türkei, das sich mit Istanbul für die Olympischen Spiele 2020 beworben hat, ist man geschockt. Der neue türkische Ringerpräsident Hamza Yerlikaya; „… Olympische Spiele ohne Ringen sind für uns undenkbar“. Der Olympiasieger von 1996 und 2000, sowie mehrfache Welt- und Europameister will nun die großen Ringernationen formieren. „Wir haben bereits erste Gespräche geführt, werden diese Entscheidung keinesfalls hinnehmen“, so Yerlikaya, der nach seiner sportlichen Kariere (Olympiasieger, Welt- und Europameister) nun Präsident des türkischen Verbandes ist. Auch Ahmet Ayik, Vizepräsident der FILA, schlägt kämpferische Töne an, „…so etwas kann man nicht einfach beschließen; die älteste Sportart der Welt aus dem Programm zu nehmen, geht nicht so einfach. Wir werden alles dafür tun, um diese Entscheidung rückgängig zu machen, die Ringerwelt lässt so etwas auf keinen Fall zu“.

Riza Kayaalp; Europameister und amtierender Weltmeister, 3. Der Olympischen Spiele 2012 in London; „…als Sportler ist man schockiert und fragt sich, für was man noch trainieren soll. Das Ziel eines jedem Athleten ist es, Olympiasieger zu werden; ich habe in London die Bronzemedaille gewonnen und mit dem Gedanken, dass Rio die letzten Olymypischen Spiele für uns sein sollen, möchte ich mich nicht anfreunden“.

Der deutsche Ringer Carsten Kopp absolviert derzeit sein Studium in den USA. Er berichtet vom Kontinent der ungeahnten Möglichkeiten: „… die Zeitungen sind voll, alle sprechen nur noch vom Ringen und der krassen Fehlentscheidung der IOC-Exekutive, in allen TV-Sendern laufen Videos von internationalen Kämpfen der US-Boys, das ist eine riesige Welle, die gerade durch die USA läuft“.

Auch aus den deutschen Nachbarländern kommen bestürzte, aber auch kämpferische Stimmen. So aus Polen, wo man die Sportwelt nicht mehr versteht und auf eine Rücknahme der Entscheidung der IOC-Exekutive hofft; aber auch aus Österreich, wo der deutsche Ex-Bundestrainer Jörg Helmdach im Januar sein neues Traineramt antrat. „… auch hier bedeutet die Streichung des Ringkampfsportes aus dem Olympischen Programm das Aus für die Sportart und wenn man bedenkt, wieviele Ringer es weltweit gibt – ich kann das alles noch gar nicht begreifen“, weiß auch Helmdach, dass es nun erst recht Zeit ist zu kämpfen, wenn auch fernab der Matten.

Schon nach den Olympischen Spielen 2004 stand Ringen – und da vor allem der griechisch-römische Stil - im Fokus des IOC. Damals reagierte der Weltverband FILA mit drastischen Regeländerungen. So wurde die Bodenrunde eingeführt, aus der ein Ringer zum Wurf (Ausheber) fassen durfte. Bei den Weltmeisterschaften 2005 in Budapest gab es ein wahres Feuerwerk an Techniken, das auch den anwesenden Jaques Rogge gut gefiel. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, es gewinnen nicht diejenigen, die zum Wurf fassen dürfen, sondern die Defensivstrategen. Eine erneute Regeländerung, um passiver Kampfweise entgegen zu wirken, hat die FILA vor den Olympischen Spielen von London wohl verpasst.

Weitere Proteste und Aussagen hochkarätiger Ringerpersönlichkeiten gegen die Streichung des Ringkampfsportes aus dem olympischen Programm werden kommende Woche am Rand des Mannschaftsweltcups in Teheran erwartet, einem Land, wo Ringkampf keine Sportart sondern eine Religion ist. 25.000 Zuschauer werden in der Wiege des Ringkampfsportes für den Erhalt des Ringens als älteste Sportart der Welt im Olympischen Programm plädieren. Iran holte in London 2012 insgesamt 6 Medaillen im Ringen, davon dreimal Gold.

In Deutschland ist derweil eine Unterschriftenaktion des Deutschen Ringer-Bundes angelaufen. Über 100.000 Unterschriften will man erreichen und Thomas Bach, dem deutschen IOC-Vizepräsidenten, überreichen, um das Votum der IOC-Exekutive zu revidieren. Auch der KSV Witten 07 beteiligt sich daran und ruft alle Ringerfreunde der Stadt auf, sich zu beteiligen: ksv-witten.de, info@ksv-witten.de.

Bilder:
Ringen nicht attraktiv genug ? 12000 waren bei der Eröffnung der Weltmeisterschaft 2011 in Istanbul (TUR) anderer Meinung. Istanbul ist eine der Bewerberstädte für die Olympischen Spiele 2020, doch der Türkische Ringerpräsident Hamza Yerlikaya (zweifacher Olympiasieger, Welt- und Europameister) kann sich Olympische Spiele in der Wiege des Ringkampfsportes ohne seine Sportart nicht vorstellen.
Fotos. J. Richter

Autor:

Detlef Englich aus Witten

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