Magische Farblichtdusche im Xantener Dom

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von Christel und Hans-Martin Scheibner

Es gibt da eine Stelle im St. Viktor Dom in Xanten, welche uns immer wieder magisch anzieht, und zwar das Mittelschiff nach Westen. Dort steht auch eine eindrucksvolle Orgel, errichtet im November 1975 von der Fa. Seifert aus Kevelaer. Doch das Besondere ist das Westfenster von A. Wendling von 1963, das am Nachmittag, wenn die Sonne im Westen steht, von ihrem hellem Licht durchflutet wird. Dieses Fenster besteht größtenteils aus rotem Kristallglas, der Auslöser eines faszinierenden Farbenspiels, welches Teile Doms in rote Glut taucht.

Auch Probst Alfred Manthey, der vom Februar 1999 bis September 2011 den Xantener Dom leitete, beeindruckte dieses nachmittägliche Erleuchten des Domes immer wieder aufs Neue.

In einem Interview äußerte er sich diesbezüglich dem WDR (Lokalzeit Duisburg, 14.10.2010) gegenüber wie folgt:

"Dieses Westfenster, das ist wie eine große Farbdusche, die es schafft, den ganzen Dom in einer unglaublichen Weise zu verwandeln. Kirchenräume haben, wenn sie so fantastisch in der Architektur der Kunst aufgebaut sind, immer etwas Magisches. und davon fühlen sich Menschen ganz intuitiv angezogen, kommen einfach hier in den Kirchenraum, sitzen hier, kommen hier zur Ruhe und spüren, daß dies ein Ort ist der durch die Jahrhunderte hinweg getragen ist von einer unvorstellbaren Sehnsucht."

Doch ist Rot nicht eine Farbe der Vernichtung, des Krieges, Blutvergießens, des Hasses, der Sünde ?

Rot ist die Farbe unseres Blutes, also im Grunde des Lebens, aber auch der Märtyrer und deren Blut, demonstriert Macht über Leben und Tod. Schon in der Steinzeit nutzte man ockerfarbene Erde, welcher derzeit lebenserhaltende, schützende Kräfte zugeschrieben wurden, als Grabbeigabe sowie auch als Malfarbe. Gott soll Adam - der Name kommt aus dem hebräischen und bedeutet Blut - aus blutroter Erde geformt haben.

Rot wurde in heidnischen Zeiten dem Planeten Mars und somit den Kriegs- und Gewittergöttern zugeordnet, die denn auch rote Haare hatten, und noch bis ins 19. Jahrhundert waren viele Uniformen rot. Mit Einführung des Christentums wurde aus den rothaarigen Göttern der Teufel mit rotem Haar und rotem Bart - Rot wurde zur Farbe der Hölle. Frauen mit roten Haaren galten als Dirnen oder Hexen, Rot stand seitdem für Sexualität in negativem Sinne. Man denke hier an rote Damenkleidung oder rote Unterwäsche, Namen wie Rotlichtmilieu oder Rote Meile.

Kaiser, Könige und Adelige, Senatoren und auch Richter, trugen nichts desto trotz die sehr teuren purpurfarbenen Gewänder - das einfache Volk konnte sich rotgefärbte Stoffe nicht leisten. Kirchenoberhäupter kleideten sich ebenfalls in Roben im sogenannten Kardinalsrot. Auch St. Nikolaus trägt auch heute noch solch ein Kleidungsstück, St. Martin einen roten Mantel. Der rote Teppich, welcher bei besonderen Anlässen ausgerollt wird, stammt ebenfalls noch aus dieser Zeit.

In der Russischen Revolution im Jahre 1907 wurde die rote Fahne zum Symbol für Sozialismus und Kommunismus und steht hier für "schön", während man im Westen eher von der roten Gefahr oder von den roten Linken spricht.

Rot ist auch die Glut des Feuers. Das Feuer besitzt wie alle Elemente sowohl positive als auch negative Eigenschaften. Es kann unser Nahrung garen und uns wärmen, aber auch vernichtend wirken. Mit ihm kann man Nutzgegenstände schmieden, aber auch Waffen. So sind auch im Feuervogel Phönix positive und negative Eigenschaften vereint. Er symbolisiert nicht nur Glück und langes Leben, sondern auch Gewalt. Er wird wiedergeboren, indem er sich dem Feuer übergibt und verjüngt, gereinigt und mit neuer Lebenskraft aus seiner Asche emporsteigt. Das Feuer ist auch Symbol des christlichen Pfingstfestes, den Adventskranz schmücken rote Kerzen. Beim Sonnenauf- oder untergang leuchtet der Himmel in feurigem Rot.

Im Gegensatz zu Blau und Grün zählen Gelb und eben Rot zu den warmen, also wärmenden Farben. Rot dient als Infrarotstrahlung Heilzwecken. Es aktiviert - schon die Wahrnehmung dieser Farbe soll die Leistung des menschlichen Stoffwechsels immens erhöhen. In der Psychotherapie ist Rot die Farbe der Gefühlsausbrüche und dafür bekannt, Blockaden lösen zu können, aber gilt auch als Auslöser von Unruhe und im Extremfall von Aggressionen. Rot erregt nicht nur in der Natur Aufmerksamkeit, weshalb es als Signal- und Warnfarbe und zu Werbezwecken eingesetzt wird. Man denke in diesem Zusammenhang auch an den roten Faden oder den Rotstift, mit welchem Fehler markiert werden. Viele unserer heimischen Wildfrüchte färben sich rot, so manche Pflanze trägt im Herbst ein rotes Blätterkleid.

Rot, Gelb und Blau bilden die Kontrastfarben-Palette und zählen als Grundfarben und in dieser Kombination zu den Malfarben, während schwarz und weiß zwar einen Kontrast bilden, aber zu den unbunten Farben zählen. In den Naturwissenschaften sind es jedoch die Farben, Rot, Blau und Grün, auch Lichtfarben genannt, denn ohne Licht wäre für unsere Augen alles schwarz, weiß oder grau. Licht ist eine Energie, welche sich in unterschiedlich langen Wellen fortbewegt, von denen unser Auge drei Wellenlängen unterscheiden kann: Rot = lange Wellenlänge, Grün = mittlere Wellenlänge und Blau = kurze Wellenlänge. Lichtfarben leuchten eigenständig wie die Sonnenstrahlen oder auch das Licht einer Glühlampe, während ein Gegenstand das Licht als Körperfarbe reflektiert. So wird auch das rote Glas des Kirchenfensters durch die Einwirkung des Sonnenlichtes als Lichtfarbe sichtbar.

Hier zum Abschluß noch eine Erzählung nicht nur für Kinder: Die Geschichte vom Fest der Farben. Sie ist unter folgendem Link zu finden:

http://www.kidsweb.de/farben_spezial/geschichte_vom_fest_der_farben.htm

Die Photos wurden am Mittwoch, dem 15.08.2012 im St. Viktor-Dom in Xanten gemacht.

Autor:

Hans-Martin Scheibner aus Xanten

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