Erbsen döppen - aus der Mode gekommen ?

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05.07.2014

Von Christel und Hans-Martin Scheibner

Wer kennt heutzutage noch selbst gedöppte (Rhein, Ruhr), auch gepulte oder gepalte (beides niederdeutsch), im Hochdeutschen enthülste oder entschotete (niederdeutsch ausgeschotete) grüne Erbsen ? Gut, das ist natürlich mit Mehrarbeit verbunden, aber der vorzügliche Geschmack entlohnt für die Mühe. Frisch werden grüne Erbsen vorwiegend auf Wochenmärkten in den Sommermonaten Juni - August angeboten, in Supermärkten eher selten oder eben wegen ihrer kurzen Haltbarkeit als TK-Produkt oder Konserve. Im Gemüsefach des Kühlschrank lassen sich frische grüne Erbsen jedoch problemlos 2 Tage lagern. Man kann sie auch selbst einfrieren. Entgegen vieler Angaben, sie zuvor zu blanchieren, haben wir die Erfahrung gemacht, daß dies im Grunde, wie auch bei Pilzen, Lauch, Paprikaschoten und frischen Kräutern, nicht nötig ist. Die frischen Erbsen müssen aus der Hülse gelöst werden. Hierzu öffnet man durch leichtes Einritzen mit dem Fingernagel die feine Nahtstelle an der oberen Krümmung der Hülse und löst die runden Samen mit den Fingern heraus. Beim Kauf sollte man darauf achten, daß die Hülsen prall und fest und auch tatsächlich voller Samen sind, denn in manchen Jahren sind viele taube Hülsen dabei. Die Ausbeute sollte bei mindestens 30 Prozent im Verhältnis zum Schalenanteil liegen und die Erbsen reichlich Mark in der sie umschließenden dünnen Schale enthalten. Wir hatten diesmal Glück: die Ausbeute lag bei über 50 Prozent!

Alptraum des Gärtners: der Erbsenwickler

Auch die winzigen Räupchen des Erbsenwicklers (Cydia nigricana), einer Schmetterlingsart, lieben grüne Erbsen über alles, insbesondere Trockenerbsen. Es kann also vorkommen, daß einige der Erbsen von diesem kleinen Feinschmecker heimgesucht wurden. Ein Hinweis auf Raupenaktivitäten sind angebohrte Stellen mit Kotresten und ein feines Gespinst in den Hülsen. In der Regel ist dies jedoch nur ein äußerst geringer Prozentanteil.

Wie sie in die Erbsen gelangen ? Das nachtaktive Falterweibchen legt seine Eier in den Monaten Mai - Juni an die Erbsenpflanzen. Die olivbraunen Erbsenwickler sind etwa 8 mm groß. Sie haben eine Flügelspannweite von 12 - 15 mm, ihre Vorderflügel sind mit schwarzen und weißen Streifen begrenzt, die Hinterflügel ausgefranst.

Nach einer Woche schlüpfen die 8 mm langen gelben Raupen mit schwarzbraunem Kopf und durchbohren die Wand der Hülsen. So gelangen sie an die Samen ihrer Futterpflanze und erreichen in den folgenden 20 Tagen eine Länge bis zu 13 mm. Nun ist es Zeit, sich abzuseilen und im Boden zu vergraben, um dort in Kokons zu überwintern. Erst im Frühjahr verpuppen sich die Raupen dort, um im Mai als Falter zu schlüpfen. Wie ihre Eltern gehen sie nachts auf Nahrungssuche: Blütennektar der Erbsenpflanze. Im Monat Mai legen die Weibchen der neuen Generation wiederum jeweils bis zu 200 silbrig glänzenden Eier an ihre Wirtspflanze, die Erbse. Besonders viele Eier werden bei warmem trockenem Wetter gelegt - dann kann es zu einen Ertragsverlust von bis zu 30 Prozent kommen.

Bekämpft wird der Erbsenwickler-Befall nicht nur mit Pflanzenschutzmitteln, sondern auch durch nachts ausgebrachte Kulturschutznetzte. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch die Förderung der natürlichen Feinde des Wicklers wie Igel, Laufkäfer, Schlupfwespen, Vögel und Weichkäfer.

Kleiner Erbsen-Steckbrief

Die Erbse war ursprünglich in Vorder- und Mittelasien beheimatet, wo ihr Anbau seit 8000 vor Christi nachgewiesen wurde. Sie soll über die Türkei und Griechenland nach Europa gelangt sein. Es handelte sich hier um unsere älteste Erbsensorte, die Palerbse, Pisum sativum, welche auch bei uns noch vorwiegend getrocknet Verwendung findet. Sie blüht weiß, die reifen Körner sind gelb oder grün. In damaligen Zeiten aß man die Trockenerbse als Mus, ähnlich wie der heute noch bekannte Erbsenbrei. Ab dem 17. Jahrhundert jedoch züchtete man die ersten Sorten, welche auch unreif genießbar waren, so wie wir diese auch heute noch kennen. Die Pflanzen dieser "Zuckererbsen" sind jedoch frostempfindlicher als die herkömmlichen Sorten, müssen also später ausgesät werden als die Palerbse, gedeihen aber trotzdem in unseren Breiten ausgezeichnet.

Die wildeste Verwandte unserer Speiseerbse ist die Feld- oder Ackererbse Pisum arvense mit unterschiedlichen Blütenfarben und grauen und braunen Körnern, welche auch schon einmal gefleckt sein können, jedoch schnell bitter werden. Sie dient als Gründüngung oder Tiernahrung.

Die Kichererbse (Cicer arietinum), ebenfalls eine alte Nutzpflanze, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Kichererbsen (Cicer), Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Mit der Erbse (Pisum sativum) ist sie jedoch nicht näher verwandt. Mit Kichern hat ihr Name zu tun. Er leitet sich von ihrer lateinischen Bezeichnung "Cicer" ab, was nichts anderes als Erbse bedeutet. So entstand der eingedeutschte Begriff Kichererbse.

Die Garten- oder Speiseerbse (Pisum sativum) zählt zu den Hülsenfrüchtlern (Fabaceae) und ist ein Familienmitglied der Schmetterlingsblütler (Faboideae), einer artenreichen Unterfamilie. Heutzutage gibt es mehr als 250 verschiedene Erbsensorten (incl. der Futtererbsen). Die einjährige krautige Kletterpflanze entwickelt an ihrem Haupttrieb mehrere Seitentriebe mit 4 - 6 weißen Schmetterlingsblüten und wird zwischen 50 cm und 2 Meter hoch. Aus den Blüten bilden sich später 3 - 12 cm lange und bis 2 1/2 cm dicke grüne Erbsenhülsen, in welchen bis zu 10 Erbsen, die Samen der Pflanze, enthalten sind. Ihre "Korngröße" bestimmt eine der fünf Kategorien, welche zwischen sehr fein und Gemüseerbse liegen. Extra fein hat einen Durchmesser kleiner als 7,5 mm, sehr fein bis zu 8,2 mm, fein bis 8,75 mm bei Palerbsen und bis zu 9,3 mm bei Markerbsen, mittelfein bis 9,3 mm bei Palerbsen und 10,2 mm bei Markerbsen (Angaben DGE). Die blauviolette Variante blüht rosa, hat aber ebenfalls grüne Früchte wie die grünschalige Speiseerbse.

Für die menschliche Ernährung unterscheidet man drei Sorten: Schal- oder auch Palerbsen, Markerbsen und Zuckererbsen.

Die glatten runden, eher mehligen Samenkörner der Palerbse (Pisum sativum L. convar. sativum) verlieren ihren zuerst süßlichen Geschmack sehr rasch und werden meist getrocknet angeboten, schmecken aber, wenn sie noch klein und jung sind, auch frisch. Markerbsen (Pisum sativum L. convar. medullare Alef.) haben ein eher eckiges Aussehen und sind zarter und süßer als Palerbsen und werden deshalb im Volksmund auch als Zuckererbse bezeichnet. Sie werden frisch angeboten oder industriell weiterverarbeitet als Konserve oder TK-Produkt. In getrocknetem Zustand werden sie jedoch, im Gegensatz zu den Palerbsen, auch nach langem Kochen nicht weich. Allerdings lassen sich die Samen der Pal- und Markerbsen erst in trockenem Zustand eindeutig unterscheiden. Die getrockneten Markerbsen haben immer eine schrumpelige Samenhaut, während die der getrockneten Palerbsen, woraus man auch die allseits bekannte dicke Erbsensuppe kocht, eine glatte Samenhaut besitzen.

Echte Zuckererbsen (Pisum sativum L. convar. axiphium Alef.) sind jedoch die Kaiserschoten mit äußerst hohem Zuckergehalt. Allerdings ist die Bezeichnung "Schote" aus botanischer Sicht nicht korrekt, denn die Samen der Erbsen bilden sich nicht in Schoten, sondern in Hülsen - daher auch der Name Hülsenfrucht. Sie können im jungen, noch unreifen Zustand mitsamt der Schale, welche im Gegensatz zu den anderen Sorten keine ungenießbare Pergamentschicht in der Hülse bildet, gekocht werden. Jedoch müssen in diesem Fall die an den Nähten befindlichen Fasern entfernt werden, so wie man es auch bei grünen Bohnen macht. Ausgereift können auch die Samen wie bei den anderen Sorten frisch verwendet werden.

Erbsen enthalten reichlich Ballaststoffe, Stachyose, welche bei empfindlichen Personen Blähungen hervorrufen können, verhältnismäßig viele B-Vitamine sowie Mineralien, hier vor allem Kalium. Sind äußerst proteinreich (eiweißreich). Ausgereifte, getrocknete Erbsen haben eine wesentlich höheren Eiweiß (bis zu 23 %) und Kohlenhydratgehalt (42 %) als die grünen Samen, welche lediglich 5 - 7 % Eiweiß sowie 12 % Kohlenhydrate enthalten (Angaben DGE). Das in ihnen vorhandene Pigment Chlorophyllin ist für ihre grüne Farbe verantwortlich. Hinweis für Gichtkranke: Erbsen sind sehr purinreich!

Vorsicht - rohe Erbsen sind giftig!

Die unreif geernteten frischen grünen Erbsen schmecken deshalb so süß, weil der Zucker in diesem Zustand sich noch nicht in Stärke umgewandelt hat. Dieser Umstand hat sicher schon so manchen, vor allem Kinder, dazu verführt, die kleinen süßen runden Kugeln roh zu essen. Hülsenfrüchte enthalten jedoch in rohem Zustand eine bedenkliche Substanz - wenn auch nicht in so großen Mengen wie Bohnen: das Lektin (Glykoprotein) Phasin, ein Eiweißkörper, welcher ungekocht für den Menschen schwer verdaulich ist. Phasin wirkt hämagglutinierend, also die roten Blutkörperchen verklumpend. Eine leichte Phasin-Vergiftung macht sich bemerkbar durch Übelkelkeit, Erbrechen und Darmstörungen -sogar Blutungen im Margen-Darm-Bereich können auftreten. Eine schwere Phasin-Vergiftung kann tödlich enden. Phasin ist hitzelabil, d.h. es wird durch Kochen zerstört und dadurch unschädlich gemacht.

Autor:

Hans-Martin Scheibner aus Xanten

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