"Ein Sommernachtstraum" in Weitmar
Gar nicht harmlos

Die Schauspielstudierenden lesen den Klassiker unter den Fragestellungen des Jahres 2022 neu - und kommen Machtspielen und toxischen Beziehungen auf die Spur, ohne den Sinn für den Zauber der Komödie zu verlieren. Foto: Andreas Molatta
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  • Die Schauspielstudierenden lesen den Klassiker unter den Fragestellungen des Jahres 2022 neu - und kommen Machtspielen und toxischen Beziehungen auf die Spur, ohne den Sinn für den Zauber der Komödie zu verlieren. Foto: Andreas Molatta
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"Unser Curriculum sieht ausdrücklich auch Theateraufführungen unter freiem Himmel vor", erzählt Teodros Adebisi, der an der Folkwang Universität der Künste seit 2009 Szenenstudium und praktische Theaterarbeit vermittelt. Da liegt es nahe, eine schöne Tradition wiederzubeleben: die Shakespeare-Aufführungen im Schlosspark Weitmar kehren zurück. "Ein Sommernachtstraum" feiert am 30. Juni Premiere.

Mehr als zehn Jahre mussten die Bochumer auf den Neuanfang der beliebten Freilicht-Spiele warten. In den 1990er und 2000er Jahren waren die Veranstaltungen stets ein Publikumsmagnet. Im Jahre 2009 fanden die Aufführungen dann ausnahmsweise im Stadtpark statt. Danach wären die Akteure gern in den Bochumer Südwesten zurückgekehrt, "aber durch die Bauarbeiten am Kubus und am Museum unter Tage war das zunächst nicht möglich", wie Teodros Adebisi, auch als freier Regisseur an Bühnen in Weimar, Wiesbaden und Heilbronn tätig, erklärt. Er führte auch 2009 im Stadtpark Regie und damals kam ebenfalls „Ein Sommernachtstraum“ zur Aufführung.

Mit den Studierenden aus den Bereichen Schauspiel und Physical Theatre will der Regisseur das Stück ab 30. Juni aus dem Blickwinkel des Jahres 2022 lesen und Fragen von Identität, Gender, Klasse und Herkunft verhandeln. "Wir deklinieren den Begriff Liebe durch", deutet er die Richtung an, in die es gehen soll, und fügt hinzu, "und wir berücksichtigen dabei auch durch Waffengewalt eroberte Liebe und toxische Beziehungen. Geschlechterrollen werden im Kontext von Macht und Gewalt behandelt. Wir wollen in jedem Fall genau hinschauen, wo Liebe mit Kontrolle einhergeht." Der Untertitel, den das künstlerische Team für seine Inszenierung gewählt hat, lautet daher "Wa(h)re Liebe". "Ein Sommernachtstraum" ist in dieser Lesart nur scheinbar harmlos und wirft einen durchaus entlarvenden Blick auf die Doppelmoral zu Shakespeares Zeiten - und heute.

Lustvoll, poetisch und anrührend

Dabei verlieren die Akteure jedoch nicht aus dem Blick, dass es sich um eine lustvolle, poetische und anrührende Geschichte handelt. "Die Komödie 'Ein Sommernachtstraum' ist sehr zugänglich und gehört auch deshalb zu Shakespeares meistgespielten Stücken", weiß der erfahrene Regisseur. Daher sei das Drama, das die Macht der Liebe und die Kraft der Natur feiert, ideal, um die Shakespeare-Tradition im Schlosspark wiederzubeleben. Dafür nehmen der Regisseur und die Schauspieler seit Mitte April auch aufwendige Proben auf sich, die neben dem regulären Stundenplan absolviert werden müssen.

Für Teodros Adebisi verbindet sich mit der Aufführung auch die Hoffnung, dass es auch in Zukunft mit den Shakespeare-Spielen im Schlosspark Weitmar weitergeht. Der Meisterdramatiker aus Stratford-upon-Avon hat ja schließlich noch viele andere Stücke hinterlassen - und "Ein Sommernachtstraum" lässt sich immer wieder anders inszenieren und von jeder Schauspielergeneration aufs Neue befragen... 

Termine und Infos
- Die Premiere von „Ein Sommernachtstraum“ findet am Donnerstag, 30. Juni, um 20 Uhr im Schlosspark Weitmar statt.
- Weitere Vorstellungen folgen Freitag, 1. Juli, bis Sonntag, 3. Juli, sowie Donnerstag, 7. Juli, bis Sonntag, 10. Juli, um jeweils 20 Uhr.
- Der Eintritt ist frei. Klappstühle und Picknickdecken können mitgebracht werden.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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