Atrium-Talk: Die Kernfrage lässt sich nicht klären!

Zu Gast am 29. Februar 2008: Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (l.), Musiker Klaus Doldinger (2.v.l.), und Prof. Grönemeyer (h.r.) mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (m.) sowie den Gastgebern Bernd Wilmert (l.) und Dietmar Spohn (h. 2.v.r.). Richard von Weizsäcker und Prof. Grönemeyer haben das Honorar gespendet. | Foto: Stadtwerke Bochum
  • Zu Gast am 29. Februar 2008: Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (l.), Musiker Klaus Doldinger (2.v.l.), und Prof. Grönemeyer (h.r.) mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (m.) sowie den Gastgebern Bernd Wilmert (l.) und Dietmar Spohn (h. 2.v.r.). Richard von Weizsäcker und Prof. Grönemeyer haben das Honorar gespendet.
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Dreieinhalb Stunden beriet der Stadtwerke-Aufsichtsrat im Bochumer Rathaus hinter verschlossenen Türen. Einziger Tagesordnungspunkt: der umstrittene „Atrium-Talk“. Am Ende der Sitzung stellten Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz, die Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Wilmert und Dietmar Spohn sowie die beiden externen Prüfer der Märkischen Revision GmbH das Ergebnis vor: Personelle Konsequenzen wird es nicht geben. Ein externer Wirtschaftsprüfer wird die Arbeit der Unternehmenskommunikation genau unter die Lupe nehmen und eine Rechtsanwaltskanzlei alle Verträge überprüfen, auch mit Blick auf mögliche Schadensersatzansprüche. Mit einem neuen Sponsoring-Konzept wollen die Stadtwerke verloren gegangenes Vertrauen bei den Kunden wiedergewinnen.

„Die rechtliche Ausgestaltung der Verträge (zum Atrium-Talk – Anmerk. d. Red.) entspricht nicht in allen wesentlichen Punkten den üblicherweise zu stellenden Anforderungen. Insbesondere wäre eine konkrete inhaltliche Ausgestaltung unseres Erachtens sachgerecht gewesen“, bringen es die Wirtschaftsprüfer in ihrem Bericht an den Aufsichtsrat auf den Punkt. Drastischer formulierte es Aufsichtsratsvorsitzende Ottilie Scholz, die davon sprach, dass Wesentliches nur rudimentär geregelt worden sei. Die mündlich getroffenen Vereinbarungen, die nun zu unterschiedlichen Sichtweisen führen, böten Spielraum für mannigfaltige Interpretationen.

Zum dritten Mal kamen die Stadtwerke-Aufsichtsräte zusammen seit SDP-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seine Vortragshonorare öffentlich gemacht hat. Der Grund: Die 25.000 Euro, die der SPD-Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück für seinen Auftritt am 26. November 2011 im Bochumer Stadtwerke-Hochhaus vor rund 180 geladenen Gästen erhalten hat. Wie ein „Leuchtturm“ ragt dieses Honorar aus der Aufstellung heraus, lagen die Honorare doch sonst zwischen 10.000 und 15.000 Euro.

Organisiert wurde der „Atrium-Talk“ von der Hellen Medien Projekte GmbH von Sascha Hellen im Auftrag der Stadtwerke Bochum. „Im Rahmen der Vortragsveranstaltung sind von Anfang an Spenden von den Rednern und Moderatoren an gemeinnützige Einrichtungen geleistet worden“, so die Prüfer in ihrem Bericht und verweisen auf Professor Grönemeyer und Richard von Weizsäcker. „Dass Herr Hellen eine Erwartung / Verpflichtung zur Spende nicht zum Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen mit den Rednern gemacht hat, ist unstrittig. Dies wird von Herrn Hellen mit dem Hinweis begründet, dass es zwischen den Stadtwerken und ihm keine Abrede zur Äußerung einer Spendenerwartung /-verpflichtung gegeben habe“, so die Wirtschaftsprüfer weiter, die mit Sascha Hellen gesprochen haben und von diesem Gespräch dem Aufsichtsrat berichteten. „Schriftliche Nachweise einer solchen Abrede oder Weisung (Verpflichtung zur Spende - Anmerk. d. Red.) liegen nicht vor.“ Unter dem Strich haben die Wirtschaftsprüfer nichts festgestellt, was nicht schon bekannt war

In einem ersten Schritt zur Schadensbegrenzung will Bernd Wilmert die Arbeit der Unternehmenskommunikation durch einen Wirtschaftsprüfer überprüfen lassen und alle Verträge und Aktivitäten auf den Prüfstand stellen. „Wir wollen das Vertrauen unserer Kunden wiedergewinnen“, so Bernd Wilmert. „Uns schwebt beim Sponsoring eine Bürgerbeteiligung vor, über dessen Gestaltung wir noch diskutieren müssen, da es unterschiedliche Varianten gibt.“ Und alle Verträge der Unternehmenskommunikation gehen zukünftig über die Rechtsabteilung.

Gefragt, was er in den vergangenen 14 Tage über sein Unternehmen gelernt hätte, meinte Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Wilmert: „Verdammt genau hingucken“ und er denke darüber nach, ein Krisenmanagement zu installieren. Gleichzeitig räumt er ein, dass der Vertrag über 60.000 Euro mit Sascha Hellen nicht unbedingt von grundsätzlicher Bedeutung für das Unternehmen gewesen sei. Er habe sich zwar über die Fakten wie Laufzeit, Schwerpunkt und Finanzen unterrichten lassen, dennoch in diesem Fall einen suboptimalen Vertrag unterschrieben.

Während die Aufsichtsratsvorsitzende und Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz mit Blick auf die mündlichen Absprachen von einer „Black Box“ sprach, erklärte der CDU-Landtagsabgeordneter und Stadtwerke-Aufsichtsrat Christian Haardt: „Die Kernfrage lässt sich nicht belastbar aufklären.“

Ob die Stadtwerke auch zukünftig den Steiger Award sponsern, steht auch wegen der anstehenden Prüfung der Verträge noch nicht fest. Man sei aber bis 2015 vertraglich gebunden, so Bernd Wilmert. Und die Aufsichtsratsvorsitzende will, obwohl voll des Lobes für die Preisverleihungen der vergangenen Jahre, prüfen, ob die Steiger-Konditionen noch gerechtfertigt seien. Man werde dies mit Herrn Hellen diskutieren, so Bernd Wilmert.

Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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