EU ist in Bochum erlebbar
Fördergelder der Europäischen Union fließen in viele lokale Projekte

In der ehemaligen Opel-Lehrwerkstatt besichtigten die Teilnehmer der EU-Fördermitteltour die Werkstätten des quaz.ruhr, die dort jetzt eingerichtet sind. | Foto: Demuth
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Am 26. Mai ist Europawahl. Doch für viele Menschen ist die EU weit weg, was sich in Kritik und in niedriger Wahlbeteiligung widerspiegelt. Dabei ist Europa auch vor Ort in Bochum erlebbar, denn die Stadt profitiert von EU-Fördergeldern. Um dies zu verdeutlichen, lud der Europaabgeordnete Dennis Radtke (EVP-Fraktion / CDU) Bochumer Bürger unter der Fragestellung „EU – Was habe ich in Bochum davon?“ zu einer EU-Fördermitteltour ein.

„Ich habe an vielen Stellen gemerkt, dass den Bürgern unklar ist, was in Bochum durch die EU gefördert wird“, erklärte Radtke den Hintergrund der Tour. In deren Mittelpunkt standen das Sprach- und Qualifizierungszentrum für Zugewanderte quaz.ruhr in der ehemaligen Opel-Lehrwerkstatt in Langendreer sowie das Musikforum in der Innenstadt.
Seit September 2017 werden im quaz.ruhr Menschen aus 45 Nationen in den deutschen Arbeitsmarkt integriert. Abhängig von ihren Sprach- und beruflichen Kenntnissen verbleiben sie sechs bis zwölf Monate dort, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und sich für eine Aus- oder Weiterbildung zu qualifizieren. Vier Stunden Deutschunterricht sowie vier Stunden Unterricht in einem von insgesamt sechs Gewerken – Hotel- und Gaststättengastronomie, Metall, Elektro, Lager und Logistik, Malerei und Lackiererei oder Pflege – stehen täglich auf dem Stundenplan.

300 Teilnehmer bei quaz.ruhr

Zurzeit nehmen etwa 300 Menschen an dem Angebot teil, das im Auftrag der Agentur für Arbeit Bochum in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Hagen und den Jobcentern Bochum, Herne und Ennepe-Ruhr konzipiert wurde. „Im ersten Jahr konnten wir 190 Leute in Arbeit oder Weiterbildung bringen“, berichtete Peter Lübbert, der Leiter des quaz.ruhr, den rund 40 Besuchern, die der Einladung von Dennis Radtke gefolgt waren.
Das Projekt wird mit insgesamt 11,7 Millionen Euro gefördert; die EU ist daran mit 2,1 Millionen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) beteiligt. „Wie sähe es ohne die EU-Mittel aus?“, wollte ein Teilnehmer der Tour wissen. Das Geld finanziere den Sprachunterricht, und ohne die Mittel würde es den Unterricht nicht geben, erklärte Lübbert. Die Kombination aus beruflicher Qualifizierung und Deutschunterricht sei aber das Markenzeichen des Projekts. „Sonst würden Jobcenter und Arbeitsagentur die Leute nicht schicken, und das Projekt hätte keinen Sinn“, so Lübbert.
quaz.ruhr ist auf drei Jahre angelegt. „Jetzt haben wir die Hälfte rum“, sagte der Leiter. Zum Ende der drei Jahre würden Land und Arbeitsagentur gucken, ob und wie es mit dem Projekt weitergehe.

6,5 Millionen Euro fürs Musikforum

Als zweites Ziel, das ebenfalls von EU-Mitteln profitierte, steuerten die Tourteilnehmer das im Oktober 2016 eröffnete Musikforum an der Viktoriastraße an. Neben mehr als 14 Millionen Euro an privaten Spenden flossen unter anderem 6,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in NRW (EFRE) in den Bau des Hauses, das nicht nur Proben- und Aufführungsstätte für die Bochumer Symphoniker und die Musikschule, sondern auch für gemeinnützige Gruppen und Vereine ist.
„Es gibt hier Vorgaben, dass andere keinen Gewinn machen dürfen“, erläuterte Thomas Kipp, Geschäftsführer der Bochumer Symphoniker. Voraussetzung für die EU-Mittel sei gewesen, das immer mindestens 30 Prozent der Aktivitäten über bloße Symphoniekonzerte hinausgingen. „Das halten wir locker ein“, sagte Kipp.
„Die EU gibt nicht nur Geld, sondern kontrolliert auch.“ So stünde im Förderbescheid die Auflage, für die Nutzungsdauer von 20 Jahren alle zwei Jahre über den Betrieb zu berichten. Ich habe den Bericht gerade fertig gemacht“, so Kipp. „Das ist ein wichtiger Hinweis, dass genau hingeschaut wird“, betonte Dennis Radtke. „Denn es gibt viele Klischees, dass die EU Geld gibt, das dann versickert, weil keiner hinsieht.“

EU förderte weitere Projekte

Musikforum und quaz.ruhr sind nur zwei von vielen Projekten, die in den vergangenen Jahren von der EU finanziell unterstützt wurden. In der Förderperiode 2007 bis 2013 erhielt Bochum aus den drei Strukturfonds ESF, EFRE und Europäischer Landwirtschaftsfonds in NRW (ELER) rund 70 Millionen Euro. Und in der Förderperiode 2014 bis 2020 kamen bislang allein aus dem EFRE weitere 14 Millionen Euro (Stand 30. Juni 2017) hinzu.
Konkret floss und fließt das Geld unter anderem in die Projekte Innenstadt-West / Pumpenhaus und Dampfgebläsehalle (2,6 Millionen Euro), Westend / Q1 Stadtteilzentrum und Springerplatz (fünf Millionen Euro), Alter Bahnhof Werne / Langendreer (11,5 Millionen), Soziale Stadt Wattenscheid (2,5 Millionen Euro) und Skaterbahn Ruhr InLine am Kemnader See (knapp vier Millionen Euro).
Dafür, dass Bochum bei der EU in Brüssel und Straßburg Beachtung findet, setzen sich neben Dennis Radtke (CDU) drei weitere Europaabgeordnete ein: Prof. Dr. Dietmar Köster (SPD), Theresa Reintke (Grüne) und Dr. Renate Sommer (CDU). Darüber hinaus gibt es in Bochum mit Jasmin Wiemers-Krüger eine Europabeauftragte in der Stadtverwaltung, die Bürger, Politik und Verwaltung für europäische Themen sensibilisieren soll.

In der ehemaligen Opel-Lehrwerkstatt besichtigten die Teilnehmer der EU-Fördermitteltour die Werkstätten des quaz.ruhr, die dort jetzt eingerichtet sind. | Foto: Demuth
In den Werkstätten des quaz.ruhr hängt das Werkzeug beschriftet an Wänden, damit die Zuwanderer die Namen lernen können. | Foto: Demuth
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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