Ein Porsche aus Ickern

Agora-Chef Thorsten Schnelle

„Die Griechische Gemeinde ist der Porsche unter den Migrantenorganisationen“, lächelt Thorsten Schnelle. Seit 1999 arbeitet er im Agora Kulturzentrum, seit fünf Jahren leitet er es. Im Gespräch mit dem Stadtanzeiger spricht der 42-Jährige über das „kleine Europa“ an der Zechenstraße 2a – und er verrät, warum Integration hier so gut funktioniert.

Die Agora ist innerhalb der Stadt und auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und beliebt. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Thorsten Schnelle: Wir sind ein interkulturelles Zentrum und offen für alle. Als es hier in den 80er Jahren los ging, ist man früh auf die Nachbarn zugegangen. Das hat sich über die Jahre fortgesetzt. Und das wiederum hat sich herumgesprochen. Dann haben wir einen Vorstand mit extrem motivierten Leuten, die sich ehrenamtlich einbringen, und es gibt sehr engagierte Mitglieder und Mitarbeiter. Was sie an Zeit und Mühe investieren, ist schon unglaublich. Zudem bekommen wir sehr viel Unterstützung von der Stadt und vom Jobcenter, werden parteiübergreifend akzeptiert und erhalten Unterstützung über Fördermittel. Hier hat sich ein Netzwerk entwickelt.

Und bürgerschaftliches Engagement wird großgeschrieben...
Thorsten Schnelle: Genau. Dieses von der Politik immer wieder geforderte Engagement findet sich hier ohne Ende wieder. Zum Beispiel durch die Grüne Oase, die sehr bemüht ist, unsere Stiftung zu unterstützen, oder durch ‚Kultur und Heimat‘.

Engagement bedeutet auch, sich für andere einzusetzen.
Thorsten Schnelle: Das war früher so und ist auch heute der Fall. Sehr viele Griechen kommen aufgrund der Situation in ihrem Heimatland hierher. Seit November letzten Jahres werden bei uns rund 30 Griechen intensiv betreut. Auch versuchen wir, mit Miniprojekten zu helfen. Und das erinnert sehr an die Anfänge der Agora.

... die ja nicht immer so hieß.
Thorsten Schnelle: Genau. Mit der Umbenennung (zuvor hieß es Internationales Kultur- und Begegnungszentrum Zeche Ickern) sollte auch symbolisiert werden, das man sich neuen Handlungsfeldern widmet.

Das „Angebotsspektrum“ in der Agora scheint immer mehr zu wachsen.
Thorsten Schnelle: Wir sind immer bemüht, zu gucken, was wir anbieten können. Schon zu den Anfangszeiten wurden beispielsweise Räume zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es eine große Palette an Kursen, die stetig erweitert wird. Ein Selbstverteidigungskurs und Koreanisches Kochen sind in Planung. Wir haben auch viele Angebote aus dem Sportbereich, die wir jetzt im neu renovierten Mehrzweckraum anbieten können. Ach, ja: Und wir suchen jemanden, der tanzen und einen Kurs geben kann (lacht).

Was hat sich im Laufe der Jahre verändert?
Thorsten Schnelle: Nur drei Stichworte: Controlling, Berichtswesen, Qualitätsmanagement. Man kann sagen, dass die ‚Antragslyrik‘ immer wichtiger wird. Auf der anderen Seite gibt es Unterstützung, Förderprogramme und Integration ist ein großes Thema.

Das war nicht immer so.
Stimmt. Früher fragte man uns, was wir eigentlich wollen. Heute wird Integration als Querschnittsaufgabe gesehen. Man hat erkannt, wie wichtig sie ist. Und auch auf politischer Ebene hat sich diesbezüglich viel getan.

Was treibt Sie persönlich an?
Thorsten Schnelle: Jeder Tag ist anders, es gibt immer neue Herausforderungen. Täglich besuchen uns ca. 300 Menschen. Das Spektrum reicht von ganz jung zu ganz alt, von arm bis gutsituiert. Das macht die Arbeit für mich spannend.

Eine der Herausforderungen ist sicherlich im finanziellen Bereich zu sehen.
Thorsten Schnelle: Ja, denn das Geld ist rar gesät. Man muss also neue Gelder akquirieren und Fördertöpfe finden. Die 2007 gegründete Bürgerstiftung Agora hat ein Stiftungsvermögen von 120.000 Euro. Man kann nur die Erträge nutzen, aber auch damit etwas hinbekommen.

Was ist Ihr bisheriges persönliches „Agora Highlight“?
Thorsten Schnelle (überlegt): Es gab viele. Herausragend war sicherlich der Gewinn des mit 200.000 DM dotierten Robert-Jungk-Preises für interkulturelles und zukunftsweisendes Engagement im Jahr 2001. Ich hatte eine 100-seitige Evaluation verfasst, in der beschrieben wurde, wie Griechen gemeinsam mit Aussiedlern, Kolping und Kirchenkreis Herne ein Amphitheater auf einem ehemaligen Zechengelände bauen. Zudem hatten wir die beste Vermittlungsquote im Kreis Recklinghausen. Auch das wurde durch die Evaluation transparent gemacht. Die Errichtung des Amphitheaters führte übrigens dazu, dass wir noch einmal ganz anders wahrgenommen wurden.

Was wünschen Sie sich für ‚Ihre‘ Agora?
Thorsten Schnelle: Dass die Stiftung ihr Kapital deutlich erhöhen kann, wir Firmen finden, die uns mit Zuwendungen unterstützen, dass wir die Mitarbeiter halten und uns die Ideen nie ausgehen (lacht).

Autor:

Nina Möhlmeier aus Castrop-Rauxel

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