Iserlohnerin klagt gegen Hartz IV-Mietspiegel

"Wohnungen für Hartz IV-Bezieher müssen angemessen sein: nicht zu groß, nicht zu teuer. Weil eine Mieterin aus dem Märkischen Kreis solch eine Wohnung nicht fand, muss sie von ihren kargen Bezügen selbst einen erheblichen Teil der Miete zahlen. Am Donnerstag (01.12.2016) klagt sie vor dem Sozialgericht." (SG Do, S 19 AS 3392/15)

"Schon 700 Widersprüche
"Hintergrund war die Situation am Wohnungsmarkt in den Jahren 2013 und 2014", sagt Volker Riecke, Leiter des Jobcenters im Märkischen Kreis. Weil es durch den demografischen Wandel zu Leerständen gekommen sei, seien auch die Mieten gesunken. Mit den neuen Sätzen habe man sich nur an die Realität angepasst. Dass allerdings viele Hartz IV-Bezieher angeben, mit diesen neuen Werten nicht klarzukommen, weiß auch Riecke. 2015 und in diesem Jahr bis September gab es schon rund 700 Widersprüche gegen Bescheide des Jobcenters, wo es um die Kosten der Unterkunft geht."

www1.wdr.de

Klage gegen Wohngeld, Lokalzeit Südwestfalen | 17.11.2016 | Video verfügbar bis 24.11.2016 | WDR
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-suedwestfalen/video-klage-gegen-wohngeld-100.html

Einzelfälle - Hunderte von Einzelfällen

Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft unterliegt grundsätzlich immer der gerichtlichen Überprüfung. Das Bundessozialgericht hatte bereits vor Jahren Richtlinien für die Ermittlung von angemessenen Kosten entwickelt und auch festgeschrieben, wie in solchen Jobcentern zu verfahren ist, die über kein eigenes Konzept verfügen oder deren Konzept die gerichtliche Überprüfung nicht besteht.

Bis zum Jahr 2013 gab der Märkische Kreis willkürliche Rahmenbedingungen vor, die sich jeder Überprüfung entzogen. Mit dem Jahr 2014 wurde ein Konzept der Hamburger Firma Analyse & Konzepte in Kraft gesetzt, dass jetzt vor dem Dortmunder Sozialgericht als unzureichend kritisiert wird.

Auf der Grundlage der Vorgaben des Märkischen Kreises leitete das Jobcenter in den Jahren 2005-2014 mehr als 9.000 Mietsenkungsverfahren ein, das heißt, dass Menschen aufgefordert wurden billigeren Wohnraum zu suchen, oder andernfalls Teile der Wohnkosten aus eigener Tasche zu zahlen. Ausreichende Sachaufklärung über Folgekosten erhielt offensichtlich niemand, zumindest keiner von den Dutzenden, die in der Beratung von aufRECHT e.V. ihre Angelegenheit schilderten, weder über Umzugskosten, Kosten der Erstausstattung, mögliche Folgekosten durch Nebenkosten- und Heizkostennachforderungen.
Dabei war der Höchstand an Bedarfsgemeinschaften im Juni 2006 mit 20.434 bekannt gegeben worden. Einige Betroffene erlebten die die Aufforderung zum Wohnungswechsel als Zwangsvertreibung.
Mietsenkungsverfahren

vorsätzliche Vermögensschädigung durch das Jobcenter Märkischer Kreis

Neben Sanktionen gelten Zusatzbelastungen bei den Kosten der Unterkunft und die Verweigerung und Verschleppung von Leistungsansprüchen zu den Existenzbedrohenden Kürzungen.
Beim SG Dortmund ist eine Untätigkeitsklage vom Januar 2016 anhängig, (Az.: S 19 (62) AS 357/12), die tiefe Rückschlüsse auf die Rechtsauffassung des Jobcenter erahnen lässt. Der Rechtsanspruch des Klägers besteht seit 2010. Einen Termin für die nächste Verhandlung gibt es noch immer nicht.
Der im Streit stehende Überprüfungsantrag geht um eine weitere Nachzahlung für 12 Monate mit einem weiteren Leistungsanspruch in Höhe von 580,80 €.

In der Zeit vom 08.07.2011 bis zum 26.11.2013 führte der Kläger zwei erfolgreiche KDU-Klagen vor dem Sozialgericht Dortmund. In dieser Zeit wechselten dreimal die zuständigen Richter. Zuletzt musste das Jobcenter Märkischer Kreis den Rechtsanwalt und für die Zeiträume vom 01.08.2011-31.01.2012 (S 19 AS 4056/11; W 578/11) und vom 01.02.2012-31.07.2012 (S 19 AS 308/12, W 83/12) 12 x 48,40 € = 580,80 € an den Kläger nachzahlen.

Aber trotz ministerialer Weisung vom 15.08.2012 verweigerte das Jobcenter Märkischer Kreis die von Amts wegen angeordnete Erstattung für die Zeit von Januar 2011 bis Juli 2011, also weitere 7 Monate á 48,40 € = 338,80 €.
Diese Leistung wurde am 19.09.2014 vor dem Landessozialgericht NRW (L 6 AS 1776/14 (VNR: 136131),) erstritten.

Aber noch immer sind die geschuldeten Nachzahlungen für das Jahr 2010 gerichtsanhängig, immerhin weitere 580,80 € Existenzminimum.

beispielklagen.de

Frist für Überprüfungsanträge nur bis Dezember 2016

Betroffene Leistungsberechtigte, die derzeit Teile ihrer Kosten der Unterkunft aus der Regelleistung bestreiten, können noch bis zum 31.12.2016 Überprüfungsanträge stellen, um Rechtsansprüche rückwirkend bis zum 01.01.2015 sicherzustellen.

Hilfe bietet der Verein aufRECHT e.V..

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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