Offener Brief der Dortmunder Initiative Face2Face anlässlich des Housing Days
"Wohnen ist ein Menschenrecht!"

"Wohnen ist ein Menschenrecht"- auch einige Wohnungslose beteiligten sich an der Aktion, obwohl diese fast durchweg Ängste haben in der Öffentlichkeit zu stehen.
 | Foto: Face2Face
2Bilder
  • "Wohnen ist ein Menschenrecht"- auch einige Wohnungslose beteiligten sich an der Aktion, obwohl diese fast durchweg Ängste haben in der Öffentlichkeit zu stehen.
  • Foto: Face2Face
  • hochgeladen von Lokalkompass Dortmund-City

Anlässlich des diesjähringen Housing Action Days am 27. März 2021 machte die Gruppe Face2Face, die sich seit Beginn der Conona Pandemie praktisch (durch Verteilung von Gütern des täglichen Bedarfs sowie Gespräche) und politisch (als Sprachrohr) für auf der Straße lebende Menschen einsetzt, schon vorab eine Aktion zum Thema "Leerstand und Obdachlosigkeit" unter dem Motto "Wohnung ist ein Menschenrecht!".

Liebe DortmunderInnen,
eine würdevolle Wohnung zählt in dieser Gesellschaft als Grundbedürfnis. Sie schützt vor Gewalt und Kälte, schützt die Privatsphäre, das Leben und die Würde eines Menschen. Diesen Winter mussten wieder Obdachlose erfrieren. Warum? Wenn wir Birgit Zorner richtig verstanden haben, sind sie selbst schuld daran.
Solidarische Kollektive und bereits etablierte Organisationen sprangen täglich in die Versorgungslücken. Die Stadt reagierte erst auf Proteste und nachdrückliche Forderungen der Zivilgesellschaft, eher widerwillig, da sie die um ihr Prestige bangen musste. Dabei scheint es nach wie vor die vorherrschende Strategie der EntscheidungsträgerInnen zu sein, die prekäre Situation der Obdachlosen damit zu relativieren, man mache ja schon „sehr viel“.

Vielleicht nicht schlechter..

Möglich, dass Dortmund in diesem Bereich nicht viel schlechter da steht als andere Städte. Das genügt uns aber nicht. Eine Blick auf die bloße Tatsache, dass sehr viele Häuser, auch im städtischen Besitz, leer stehen und direkt daneben Menschen unter elendsten Bedingungen leben und erfrieren müssen, lässt uns resümieren: Zu wenig! Zu spät! Zu halbherzig!

Und, ja, liebe Frau Zoerner, es gibt „viele“ Einrichtungen wie zum Beispiel die Männerübernachtungsstelle in der Unionsstraße. Aber viele (!) Menschen begeben sich ganz
offensichtlich lieber in höchste Lebensgefahr, als dort zu übernachten. Warum das so ist, ist aus unserer Sicht klar: Solche Einrichtungen gleichen eher einem Gefängnis, als einem Ort, an dem man sich aufhalten möchte. Warum? Weil es der Stadt scheinbar wichtiger ist, an dieser Stelle Geld zu sparen, als ihrem Auftrag der Daseinsfürsorge angemessen nachzukommen. Die Bodo hat darüber berichtet.

Notübernachtungsmöglichkeit unbekannt

Und erst dann eine Notübernachtungsmöglichkeit im Rombergpark (!) zu eröffnen, wenn es – nicht überraschend – schon sehr weit unter 0 Grad ist, von der wir den Menschen erst noch erzählen mussten, sonst hätte es überhaupt niemand mitbekommen, muss hier garnicht erst kommentiert werden.

Lebensgrundlage schaffen

Warum muss es immer wieder so weit kommen? Warum nicht präventiv handeln? Es dürfte auch den EntscheidungsträgerInnen klar sein, dass sich Menschen nur mit einer soliden Lebensgrundlage (Wohnung) weiterentwickeln können, anstatt sich den ganzen Tag mit der reinen Lebenserhaltung zu beschäftigen. Von angemessenen Angeboten, die den Menschen helfen, anstatt ihr Elend zu verwalten, gibt es indes viel (!) zu wenige!

Problem nicht unlösbar

Dieses zugegebenermaßen große, jedoch aus unserer Sicht nicht unlösbare gesellschaftliche Problem auf unbürokratische und solidarische Weise endlich zu beseitigen, müsste der Anspruch jedes Menschen in dieser Stadt sein. Klarerweise haben hoch bezahlte, privilegierte Menschen und Verantwortliche aus Politik und Verwaltung eine größere Wirkmacht und damit Verantwortung, als Menschen, die selbst zusehen müssen, dass sie ihren Alltag bewältigen. Seltsamerweise scheint uns das Verhältnis eher umgekehrt, wenn es um praktische und handfeste Unterstützung geht.

Kluft wird tiefer

Die Corona Pandemie hat deutlich gezeigt: die Kluft zwischen Privilegierten und Nicht-Privilegierten
Menschen wird tiefer und breiter. Finanziell Schwache verlieren Arbeit und Wohnung und werden nach unten gedrängt und aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Der Wohnungsmarkt dient allzu oft
Kapitalinteressen und nicht den Bedürfnissen der Menschen. Jede*r von uns könnte davon betroffen
sein oder werden. Ist es dann nicht erstrebenswert, anstelle der systematischen Diskriminierung
systematische und handfeste Solidarität zu etablieren?

Es gibt viel mehr leerstehende Wohnungen als Obdachlose! Am heutigen Housing Action Day
fordern wir deshalb, solidarisch mit den auf der Straße lebenden Menschen zu sein:

  1. Wohnungslose und Geflüchtete in Wohnungen oder Hotels unterbringen!
  2. Leerstand beenden! Besetzungen entkriminalisieren!
  3. Wohnraum darf keine Ware sein!
  4. Der Bund aber auch die Stadt muss wieder Verantwortung für die Wohnungspoliti übernehmen! Sie müssen diesen Bereich wieder den Bereich der Daseinsfürsorge betrachten, da es einer der wichtigsten Hebel wäre um ihren gesetzlichen und ethischen begründeten Auftrag gerecht zu werden.
  5. Lasst uns handeln und uns gemeinsam einsetzen für eine solidarische Stadt!

Liebe, solidarische Grüße, bleiben Sie gesund!
Face2Face Dortmund

"Wohnen ist ein Menschenrecht"- auch einige Wohnungslose beteiligten sich an der Aktion, obwohl diese fast durchweg Ängste haben in der Öffentlichkeit zu stehen.
 | Foto: Face2Face
Die Gruppe Face2Face stellte sich vor leer stehende Häuser mit Protestschildern. | Foto: face2face
Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

6 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.