Kick im Knast: Westfalia Wickedes U19 spielte hinter Gittern gegen eine Auswahl der JVA Wuppertal-Ronsdorf

Gitter kennt die U19 von Westfalia Wickede sonst nur vom Ballfangzaun hinter den Toren wie daheim im Pappelstadion. Doch jetzt trat das A1-Landesliga-Team hinter Schwedischen Gardinen im Wuppertaler Knast gegen eine Gefängnisauswahl an. Fotografieren war dort allerdings untersagt. | Foto: Westfalia Wickede
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  • Gitter kennt die U19 von Westfalia Wickede sonst nur vom Ballfangzaun hinter den Toren wie daheim im Pappelstadion. Doch jetzt trat das A1-Landesliga-Team hinter Schwedischen Gardinen im Wuppertaler Knast gegen eine Gefängnisauswahl an. Fotografieren war dort allerdings untersagt.
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Die U19 von Westfalia Wickede spielte wie daheim im Pappelstadion auf Kunstrasen. So weit die Normalität. Doch diesmal lag der fremde Platz zwischen hohen Mauern und war gut bewacht: Die A1-Landesliga-Mannschaft trat gegen eine Auswahl der Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wuppertal-Ronsdorf an. Im Gefängnis.

„Unsere Spieler waren schwer beeindruckt und brauchten erst einmal 15 Minuten, um zu begreifen, dass sie auch im Knast Fußball spielen dürfen“, berichtet Trainer Marvin Niesert.

Allerdings war es auch kein Wunder, dass die Wickeder eingeschüchtert waren. Die hohen Sicherheitsstandards am Eingang mit Taschenkontrolle und Türschleusen. Dann der lange Weg, vorbei an den Gefängnis­trakten, in denen die Insassen an den Gittern rüttelten und schrien. Anschließend die Ankunft auf dem Fußballplatz bei lauter Rap-Musik. Das alles hatte bei den Spielern noch vor dem ersten Ballkontakt schon so seine Spuren hinterlassen. Offene Münder und eine gewisse Starre waren die Folge.

Überrascht war Westfalias U19 anschließend aber auch angesichts der sportlichen Leistung des Gegners. Kein Wunder: Ehemalige U19-Bundesligaspieler von Bayer Leverkusen, VfL Bochum, Wattenscheid, Bonner SC und Wuppertaler SV standen in den Reihen der Gefangenen.

Endstand 3:3 - doch alle haben gewonnen

Dementsprechend technisch anspruchsvoll gestaltete sich auch die Begegnung. Der Ball lief wie am Schnürchen. Fußballexperten hätten ihre Freude am Spiel beider Mannschaften gehabt. Endstand: 3:3 unentschieden. Doch alle haben gewonnen.

Nach Spielende gab es noch die Möglichkeit, die ein oder andere Frage an die Gefängnisinsassen zu stellen, die gerne Rede und Antwort standen.
„So erfuhren unsere Spieler, dass es ein Privileg ist, in dieser Mannschaft zu spielen. Keiner will durch Disziplinlosigkeit riskieren, sein Privileg ‚Fußball‘ zu verlieren. Und für unsere Mannschaft war dieser Ausflug hinter Schwedische Gardinen nicht nur aus sportlicher Hinsicht reizvoll“, erzählt Westfalias U19-Trainer Marvin Niesert. „Auch aus pädagogischer Sicht kann es nur richtig sein, unseren Spieler zu zeigen, dass es diese in den Medien häufig transportierte ,Knastromantik‘ nicht gibt.“

Dass das Trainerteam um den Sonderpädagogen Niesert noch von Detlef Göbel, Sozialtherapeut und Supervisor, sowie von Rentner Peter Szwenczycki, Einzelhandelskaufmann Rene Tschirner und - aha! - dem Justizvollzugsbeamten Tobias Lindemann unterstützt wird, ist ein richtiger Glücksfall für den Verein. So hat die U19 der Westfalia bereits einen Integrationspreis der EU gewonnen und darf auf Einladung aus Brüssel dort gegen eine Auswahl holländischer Kicker spielen.

"Da will keiner mehr hin außer zum Fußball spielen"

„Wir sind nicht nur dafür da, die Jugendlichen fußballerisch weiterzuentwickeln, sondern wollen sie auch dabei unterstützen, sich im Leben zu Recht zu finden. Und da kann so ein Ausflug in den Knast hilfreich sein“, meint Niesert. „Denn da will keiner von unseren Spielern mehr hin außer zum Fußball spielen!“

Gitter kennt die U19 von Westfalia Wickede sonst nur vom Ballfangzaun hinter den Toren wie daheim im Pappelstadion. Doch jetzt trat das A1-Landesliga-Team hinter Schwedischen Gardinen im Wuppertaler Knast gegen eine Gefängnisauswahl an. Fotografieren war dort allerdings untersagt. | Foto: Westfalia Wickede
Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

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