Bürgerschaftliches Engagement einfo(e)rdern

Die Parteien haben den Unmut der Wähler gespürt. Werden Taten folgen? Bisher ist die Anerkennung der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement als gemeinnütziger Zweck im Gesetz nicht enthalten. Die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen wird vermisst, es fehlt Transparenz.

Quartiere und Stadtteile verändern sich rasant. Unaufhaltbare Prozesse, etwa die Zuwanderung von Menschen aus fremden Kulturen, demografischer Wandel oder Digitalisierung verändern auch das Ruhrgebiet, die Stadtbilder und das Leben der Bewohner nachhaltig. Gleichzeitig ist die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern – Hand in Hand mit der Verwaltung – für die Vitalität und nachhaltige Entwicklung besonders wichtig.

Die Vision des zukünftigen Ruhrgebietes, eines Europas der Bürgerinnen und Bürger steht vor großen Herausforderungen. Die europäischen Werte wie Solidarität und Werte wie Gleichheit, Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit müssen belebt und gestärkt werden. Eine im Wesentlichen auf Abwehr und die Sicherung der Außengrenzen gerichtete Geflüchteten-Politik entspricht nicht dem Verständnis der europäischen Werte. Deshalb ist in die Beseitigung von Fluchtursachen zu investieren und sind insbesondere die Maßnahmen zivilgesellschaftlicher Akteure im Allgemeinen und im Besonderen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu stärken.

Wir müssen uns für ein Europa der Bürgerinnen und Bürger einsetzen, die den Weg ebnen und gleichzeitig den sozialen Nahraum als wichtigsten Gestaltungsraum für Engagement fördern, dies ist ohne Interesse und Leidenschaft einzelner Bürger nicht Denk- und Durchführbar.

Bürgerschaftliches Engagement ist Handeln im öffentlichen Raum und im öffentlichen Interesse und unterscheidet sich sowohl von privatem als auch privatwirtschaftlichem Handeln. Daraus ergeben sich das Gebot der Transparenz hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung, sowie der Struktur und Finanzierung von Organisationen der Bürgergesellschaft.

• Gemeinschaftlichkeit: Bürgerschaftliches Engagement ist gemeinschaftliches Handeln in Ko-operation mit anderen.
• Gemeinwohlbezug: Bürgerschaftliches Engagement ist Handeln zu Gemeinwohlzwecken. Damit ist es an Grundwerte wie Menschenwürde, Freiheit, Sozialstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratieprinzip gebunden. Alles Handeln, das den Grundwerten des demokratischen Rechtsstaats entgegenläuft, kann nicht als bürgerschaftliches Engagement verstanden werden und ist beispielsweise nicht förderfähig.
• Freiwilligkeit: Bürgerschaftliches Engagement kann nur aus freiem Willen und Antrieb heraus geschehen. Alles Handeln, das durch eine von außen auferlegte Verpflichtung geschieht, kann nicht als bürgerschaftliches Engagement verstanden werden (Pflichtdienste, Arbeitspflichten, Pflichten gegenüber Familienangehörigen wie Kindern etc.).
• Unentgeltlichkeit: Bürgerschaftliches Engagement ist nicht auf materiellen Gewinn gerichtet und geschieht im Wesentlichen unentgeltlich. Ausnahmen bilden Kosten- bzw. Aufwandserstattungen z. B. im kommunalen Ehrenamt oder in anderen Organisationen des Dritten Sektors. Alles Handeln, das über diese Ausnahmen hinaus vergütet wird (z. B. im Rahmen von Minijob-Verträgen oder sonstigen Niedrigentgelten), ist Erwerbsarbeit.

Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements erfordert im öffentlichen Interesse eine verlässliche und tragfähige Infrastruktur, die nicht von politischen Zufällen oder dem „Good Will“ einzelner Akteure abhängen darf. Ihre Finanzierung ist jedoch wegen des immer noch fehlenden Bewusstseins für die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements oft prekär und defizitär.

Ein politisches Engagement wird durch die Parteien durch fehlende Transparenz und Öffnung erschwert und fördert insbesondere auf Kommunaler Ebene Initiativen, weil sich Bürger nicht eingebunden, mitgenommen fühlen.

Die F.D.P. sieht hier eine notwendige Modernisierungsnotwendigkeit und formuliert in Ihrem Programm zur Bundestagswahl: Selbstbestimmung in allen Lebenslagen heißt demokratische Mitbestimmung unterhalb der repräsentativen Demokratie. Unsere Republik braucht engagierte und mutige Bürger, die jenseits der Teilnahme an Wahlen Verantwortung übernehmen.“

Die Grünen sagen dazu in einem eigenständigen Kapitel „Wir stärken die Demokratie und verteidigen den freiheitlichen Rechtsstaat“.

Sie formulieren auf Seite 148:
„Demokratie ist weder selbstverständlich noch unveränderlich. Sie muss immer wieder neu erklärt und erkämpft werden, um die Menschen zu überzeugen und sie als Wähler*innen zurückzugewinnen. Sie braucht Bürgerinnen und Bürger, die sich einmischen, egal ob sie hier geboren oder eingewandert sind – die für ihre Werte, für ihre Rechte und die der Anderen einstehen. Sie braucht … lebendige Organisationen, die sich vielfältig einbringen, von Parteien über Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften bis hin zu NGOs, Stiftungen, Vereinen und Initiativen.“

Auf Seite 150 erkennen sie an:
„Manchmal ist Engagement auch unbequem und stellt kritische Fragen, aber es zeugt von einer lebendigen und verantwortungsbewussten Zivilgesellschaft. … Zivilgesellschaftliche Organisationen brauchen einen passenden und sicheren Rechtsrahmen.“

Zur aufgeworfenen Frage der Finanzierung heißt es auf Seite 148:
„Wir setzen uns deshalb für mehr Rechtssicherheit im Gemeinnützigkeitssektor ein, insbesondere um die steuerliche Gleichbehandlung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteur*innen sicher zu stellen. Hierzu soll auch der Katalog von gemeinnützigen Zwecken angepasst und erweitert werden um die Förderung von Frieden, Menschenrechten und Demokratie, aber auch um Beiträge wie die Einrichtung und Unterhaltung des Freifunks. Die Förderung gemeinnütziger Organisationen soll mit verbesserten, klareren und einheitlichen Publikations- und Transparenzvorschriften einhergehen.“

Das Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2017 sagt hierzu auf Seite 79:

„Für viele Menschen ist die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und bürgerschaftlichem Engagement jedoch schwierig. Wir wollen für alle Menschen Zeit schaffen, damit sie sich auch einbringen können. Es ist wichtig, dass Frauen im bürgerschaftlichen Engagement in allen Bereichen und auf allen Ebenen gleichberechtigt vertreten sind.“ Und weiter „Wir wollen ein Gemeinnützigkeitsrecht, das den Anforderungen an zivilgesellschaftliche Organisationen Rechnung trägt. Daher werden wir gesellschaftspolitisch bedeutsame Bereiche in den Katalog gemeinnütziger Zwecke aufnehmen.“

Auf Seite 57f:
Quartiersmanagement, Bürgerbeteiligung und das zivilgesellschaftliche Engagement sind die zentralen Erfolgsfaktoren des Bundesprogramms „Soziale Stadt“. Wir fördern lebendige Nachbarschaften und den sozialen Zusammenhalt. Deshalb wollen wir das Programm weiter ausbauen und dabei mehr Mittel für qualifiziertes Personal aufwenden: Quartiersmanagerinnen und -manager, Integrationsmanagerinnen und -manager und Nachbarschaftslotsen. Mehr Aufmerksamkeit füreinander in den Nachbarschaften erhöht das Sicherheits- und Verantwortungsgefühl. Deshalb müssen Orte wie Schulen oder Nachbarschaftszentren, Sportvereine und auch das gesellschaftliche Engagement vor Ort gestärkt werden.

Es ist bleibt spannend;
in NRW regiert nun die CDU / FDP. Wird das bürgerschaftliche Engagement zum Wohle der Allgemeinheit gefördert, anerkannt und ausgebaut werden.

Wird im Bund mindestens das Programm "Soziale Stadt" weiter gefördert.

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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