Marketing für Kirchen - Kolumne 4

Marketing ist marktorientierte Unternehmensführung. Das meint die systematische Einflußnahme auf den Absatzmarkt. Der Marketing-Mix ist die Kombination der absatzpolitischen Instrumente. Er wird auch die "4 P´s" genannt, weil er die Preispolitik, Produktpolitik, Distributionspolitik und Kommunikationspolitik beinhaltet.

Können auch Kirchen von dem eher weltlichen Verkaufsinstrument des Marketing lernen und profitieren? Dies soll anhand der einzelnen Elemente und ausgehend von der evangelisch-methodistischen Kirche diskutiert werden.

Die Forschung + Entwicklung gehört zur Produktpolitik. Eine eigene Lehre haben die Methodisten nicht entwickelt. Sie unterscheiden sich inhaltlich nicht wesentlich von den evangelischen Landeskirchen. Die Entwicklung neuer Produkte bzw. Dienstleistungen entfällt also.

Der Gesichtspunkt des Designs ist da schon interessanter. Haptik (Gefühl / Gewichtung), Olfaktorik (Riechen) und Gustetorik (Schmecken) fallen hier nicht so ins Gewicht. Optik ist insofern wichtiger, als daß beispielsweise ein gepflegtes Erscheinungsbild der Räumlichkeiten sowohl innen wie auch außen einladend wirkt. Ob man eine möglichst einheitliche Raumgestaltung, Anstrich, Farbgebung, Mobiliar etc. braucht, sei einmal dahingestellt. Wichtig ist jedenfalls eine gute Akustik; entweder braucht man im Gottesdienstraum Hilfsmittel wie Mikrophon und Lautsprecher bzw. Induktionsschleifen, die es den Gottesdienstbesuchern erlauben, dem Geschehen zu folgen, oder Lektor und Prediger sind so geschult, daß sie laut und deutlich sprechen können.

Wo sind Faktoren wie Raumtemperatur / Heizung und Beleuchtung einzuordnen? Die Beleuchtung könnte noch der Optik zugeordnet werden; Heizung und Raumtemperatur müßten als eigenständiger Punkt in der Theorie ergänzt werden.

Sollen methodistische Gemeinden eigene Namen haben? Oder reicht es, wenn sie nach den Orten benannt sind, in denen sie sich befinden? Dies ist sicherlich Geschmackssache. Warum aber nicht bespielsweise die Gemeinde in Duisburg "Charles-Wesley-Gemeinde" nennen? Allein schon wegen der Unterscheidbarkeit innerhalb und außerhalb der Gesamtkirche wäre eine Namensgebung sinnvoll.

Gesichtspunkte wie Produktinnovation, Patente und Verpackungen können hier gezielt außen vorgelassen werden, weil sie "produkt-"bedingt nicht passen.

Die Preise wären das nächste Thema, über das gesprochen werden kann.

Wie finanziert sich eine Kirche, die keine Kirchensteuer erhebt? Die derzeig gängige Praxis besteht aus dem "Zehnten" - im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten überweist das Mitglied einen "Mitgliedsbeitrag" und legt Geld in den Klingelbeutel. Ein Mindestbeitrag ist nicht vorgesehen.

Kann Kirche Preise für ihre "Produkte" festlegen. Wie teuer ist ein Gottesdienst? Sind zusätzliche Elemente wie Abendmahl, Taufe, Trauungen und Sonntagsschule / Kindergottesdienste ein Mehrwert, der preiserhöhend ist? Kann und darf, nein, schärfer formuliert: Muß Kirche Eintrittsgelder von Nichtkirchenmitgliedern erheben?

Ähnliche Überlegungen gelten für kirchliche Produkte wie Beerdigungen, Gruppenstunden, Bibelstunden u. ä. Einzelpreise und Preisnachlässe wie Rabatte, Boni und Skonti sind derzeit in Kirchen nicht üblich. Angesichts einer anhaltenden Kirchenflucht (vor allem im Sinne von Kirchenaustritten und bei kirchlichen Veranstaltungen) wäre es schon auf Dauer sinnvoll, quasi Eintrittsgelder zu erheben und eine Preisliste am Eingang auszuhängen.

Kommen wir zum Ort des Geschehens. Die Frage des Standortes ist schon wichtig. Parkplätze, eine gute Erreichbarkeit mit ÖPNV (Bus und Bahn), gut für die Mitglieder erreichbar - dies ist sicherlich ein Gesichtspunkt. Hinsichtlich der Fixkosten für die Gebäude (wie Miete / Grundsteuer, Nebenkosten), Image des Ortes, Nachbarschaft u. a. wird schon überlegt werden, welcher Standort sinnvoll ist.

Kann ein Standort aufgegeben werden, um sich mit jemandem zusammenzuschließen, ohne die sichtbare Präsenz vor Ort aufzugeben? Theoretisch schon. Voraussetzung wäre allerdings, daß die Sichtbarkeit durch Faktoren wie Logo, Schaukästen, Aushänge usw. sichergestellt ist.

Überspringen wir die Logistik als Standortfaktor kommen wir im Bereich der Promotion / Werbung zum Dialogmarketing. Auch hier können wir in der Theorie unserer Phantasie freien Lauf lassen. Ein Charakteristikum des Dialogmarketings ist die "Werbung" durch direkten, persönlichen Kontakt. Ein Servicetelefon, Straßenfeste, Tage der offenen Tür, Infostände in Fußgängerzonen und auf Marktplätzen, Sprechstunden des Pfarrers und Gemeindebüros sind Ansatzpunkte, bei denen die Grenzen zum Event-Marketing = Erlebnis-/Ereignis-Marketing fließend sind. Gemeindefeste, Weihnachtsfeiern, Adventsfeiern, Feste an Sylvester, Freizeiten, Ausflüge und Aktionen für Zielgruppen wie Kindern und Senioren dürften reines Event-Management sein. Hier können biblische Themen in geselliger und moderner Form vermittelt werden. Eine entsprechende PR / Öffentlichkeitsarbei sollte diese Aktionen begleiten. Die Gemeinden vor Ort brauchen eine Art "Pressestelle", also eine kompetente, geschulte Person, die in der Lage ist, Pressematerialien zumindest in gedruckter Form zu erstellen und an "die" Medien = Film, Funk und Fernsehen zu verteilen. Dies beinhaltet sowohl Pressemitteilungen (= Terminhinweise usw.) wie auch Hintergrundmaterial = Wissensvermittlung zu kirchlichen Personen und Strukturen, Begriffen und Festivitäten.

Auch ein Internetauftritt mit einer aktuellen Vorstellung der Gemeinde sollte vorhanden sein. Es gibt soziale Medien wie Facebook und YouTube. Man kann zu ihnen stehen, wie man möchte. Auch hier kann, nein, besser: muß über das Gemeindeleben berichtet werden. Dies ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt "Programming" interessant. Dahinter verbirgt sich beispielsweise ein Film, der sich um ein bestimmtes Produkt dreht und ohne ihn nicht funktioniert. Das Leben der Brüder Charles und James Wesley, die Geschichte der Kirche und einzelner Gemeinden und die Arbeit methodistischer Einrichtungen können das Thema von Filmen sein, die sowohl in der Weltnetz-Startseite wie auch in den sozialen Netzwerken zu sehen sind.

Sind die Methodisten im Bibel-TV vertreten? Geben sie Gemeindenachrichten und eine Zeitschrift der Gesamtkirche heraus? SInd sie mit regelmäßigen Beiträgen in Funk und Fernsehen (z. B. geistlichen Worten) vertreten?

In bescheidenem Maße ist auch Merchandising möglich. In der Phantasie sie Krawatten mit dem Kirchenlogo, Anstecknadeln, Kerzen, Adventskränze, Bilder mit religiösen Motiven, Bücherschränke (incl. CD`s und Filme), Taschen mit Kirchenlogs, Dekorationsartikel und Tassen mit Kirchenlogs sind Beispiele.

Auch Sponsoring kann in bescheidenem Maße erfolgen. Finanzschwache Leuten kann bei Bedarf bei familiären Festen geholfen werden, beispielsweise mit dem verbilligten Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten und Dienstleistungen bei Familienfeiern.

Ob Productplacement möglich ist, sei einmal dahingestellt.

Gerade kleine Freikirchen werden in unseren modernen Tagen schon überlegen müssen, wie sie örtlich und regional eine größere Breitenwirkung erzielen können.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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