Loveparade-Strafprozess
Staatsanwaltschaft Duisburg stimmt Einstellung des Verfahrens gegen sieben Beschuldigte zu

Die Trauer bleibt. | Foto: Frank Preuß

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat am Dienstag, 5. Februar, dem im Rechtsgespräch unterbreiteten Vorschlag des Landgerichts, das Strafverfahren gegen die sechs angeklagten städtischen Mitarbeiter und den Kreativdirektor der Lopavent GmbH nach § 153 Abs. 2 StPO einzustellen, zugestimmt.

Zudem folgt die Staatsanwaltschaft der Anregung des Landgerichts, das Verfahren gegen die übrigen drei Angeklagten, bei denen es sich um den Produktionsleiter, den technischen Leiter und den Leiter Sicherheit der Lopavent GmbH handelt, nach § 153a Abs. 2 StPO gegen eine Geldauflage einzustellen. Diese sollte in der Größenordnung von jeweils etwa 10.000 Euro liegen und zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung geleistet werden.

Die Staatsanwaltschaft habe den Vorschlag des Gerichts eingehend geprüft. "Wir haben uns die Entscheidung angesichts der schweren Folgen– 21 Tote, mehr als 650 Verletzte – und dem andauernden Leid der Angehörigen und Verletzten nicht leicht gemacht, erachten eine Einstellung im Ergebnis aber für vertretbar", heißt es in der offiziellen Mitteilung. Man gehe bei vorläufiger Bewertung ebenso wie das Gericht von einer – auch strafrechtlich relevanten – Verantwortung der zehn Angeklagten für die Tragödie am 24. Juli 2010 aus.

Wörtlich heißt es weiter: "Durch die bisherige Beweisaufnahme sowie das vorläufige schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Gerlach konnten die entscheidenden Ursachen für das Unglück aus Sicht der Staatsanwaltschaft herausgearbeitet werden. Diese liegen in der fehlenden Eignung des Veranstaltungsraumes und des Veranstaltungskonzepts für eine
Veranstaltung dieser Größenordnung und in einer fehlerhaften Steuerung der Besucherströme am Veranstaltungstag."

Insbesondere müsse die Staatsanwaltschaft Duisburg zur Kenntnis nehmen, dass das für ein Sachurteil nach dem Gesetz erforderliche Beweisprogramm bis zu dem Eintritt der absoluten Strafverfolgungsverjährung am 28. Juli 2020 nicht zu absolvieren sein wird.

Wörtlich: "Hinsichtlich der angeklagten Mitarbeiter des Bauamtes kann auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein (hypothetisches) Verschulden
als noch gering im Sinne des § 153 Abs. 2 StPO angesehen werden.
Sie verfügten über keine Erfahrungen in diesem Bereich und leisteten
lange Zeit aufgrund von Sicherheitsbedenken Widerstand gegen die
Veranstaltung. Hinsichtlich des Kreativdirektors der Lopavent GmbH hat
die bisherige Beweisaufnahme ergeben, dass er nur in wenig konkreter
Form in die sicherheitsrelevanten Planungen eingebunden war.

Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO, das heißt ohne
Auflage, kommt hinsichtlich der übrigen drei angeklagten Mitarbeiter der
Lopavent GmbH demgegenüber nicht in Betracht. Ihr (hypothetisches)
Verschulden ist bei vorläufiger Bewertung im mittleren Bereich anzusiedeln. Zu ihren Lasten wirkt sich insbesondere aus, dass sie über größere Erfahrung in der Organisation und Planung von Großveranstaltungen verfügten und ihnen erhebliche Planungsfehler unterlaufen sind. Zudem sind sie für sicherheitsrelevante Abweichungen von der genehmigten Planung verantwortlich. Insoweit erscheint jedoch eine Einstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO vertretbar.

Die Einstellung des Verfahrens nach den §§ 153, 153a StPO setzt das
Einverständnis der Angeklagten voraus. Mit einer solchen Einstellung
ergeht keine Entscheidung darüber, ob die Angeklagten die ihnen durch
die Anklage vorgeworfene Tat begangen haben oder nicht. Die Unschuldsvermutung gilt daher fort. Stimmen die oder einzelne der Angeklagten dem Vorschlag nicht zu, wird der Prozess bis zum Eintritt der
Strafverfolgungsverjährung im Juli 2020 fortgesetzt."

Info
=> Bei der Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010 kamen 21 Menschen ums Leben, mindestens 652 Besucher wurden verletzt.
=> Zehn Personen sind wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung angeschuldigt: Vier Mitarbeiter des Veranstalters stehen wegen schwerwiegender Planungsfehler vor Gericht. Dazu drei Bedienstete des Duisburger Bauamtes sowie drei städtische Bedienstete in leitender Funktion, denen zur Last gelegt wird, die Veranstaltung genehmigt zu haben.
=> Ergeht bis zum 27. Juli 2020 kein erstinstanzliches Urteil, verjähren die vorgeworfenen Straftaten.

Hier geht's zur Themenseite Loveparade

Autor:

Lokalkompass Duisburg aus Duisburg

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