Besuch am „guten Ort“

Die CDU Werden besuchte den Jüdischen Friedhof.
Foto: Bangert
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Die Exkursion der CDU Werden führte über den Jüdischen Friedhof auf dem Pastoratsberg

In Deutschland gibt es an die 2.000 Jüdische Friedhöfe, die auch „Haus des ewigen Lebens“ und mit Bezug zum lebensbejahenden Charakter oft „guter Ort“ genannt werden.

Der Jüdische Friedhof auf dem Heidhauser Pastoratsberg ist nun Ziel einer Exkursion der CDU Werden. Vorsitzender Hanslothar Kranz begrüßt mit einem kräftigen „Shalom“ eine überwältigende Zahl von 80 Menschen, die sich für diesen im Wald vor der Welt versteckten „guten Ort“ interessierten. Die Alte Synagoge Essen ist heute das Haus jüdischer Kultur. Die stellvertretende Leiterin Martina Strehlen führt die große Gruppe über den kleinen Friedhof, der terrassenförmig am Hang angelegt wurde. Ein breiter Weg teilt das Grundstück in zwei Felder. Beerdigt wurde weder nach Geschlecht noch chronologisch, von 1831 bis in die 1920er Jahre wurde nach Familienzugehörigkeit beigesetzt. In der 1930er Jahren wurden auch Bewohner des nahe gelegenen jüdischen Kranken- und Altenheims „Haus Rosenau“ beigesetzt. Im hinteren Teil des Friedhofes sind in großen Feldern die Mitglieder der Familien Simon und Herz bestattet. Es sind noch kleinere Felder der Familien Kamp, Levi, Baruch und Mayer zu finden. Viele der Familien waren durch Ehen miteinander verbunden.

Eingebunden in das Bündel des Lebens

Die kleine jüdische Gemeinde Werden hatte zunächst ihre Toten in Kettwig vor der Brücke bestattet, doch 1830 erwarb sie ein Stück Land ober- und außerhalb der Stadt. Der Kauf kostete die Gemeinde zehn Taler, die erste Bestattung fand am 28. Dezember 1831 statt, Lazarus Salomon war im Alter von 39 Jahren im Zuchthaus verstorben. Der älteste heute noch erhaltene Grabstein ist 172 Jahre alt. Er findet sich im hintersten Bereich, ist von Brombeeren überwuchert und wurde für Bella Baruch gesetzt. Die Inschrift lautet: „Hier ist begraben eine angesehene Frau, die tüchtige Gattin, Frau Bella, Tochter des geehrten Herrn Schimon Hakohen, sie ging hin in ihre Welt am Tag 2, 7. Cheschvan, und wurde begraben am Tag 4, 605 der kleinen Zählung. Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.“ Im Sterberegister der Bürgermeisterei Werden wird das Todesdatum von Bella Simon Kahn, Ehefrau von Isaac Baruch, mit dem 3. November 1845 angegeben.

Steine statt Blumen

Auf jüdischen Friedhöfen gibt es eine unbegrenzte Ruhefrist, da Gräber niemals eingeebnet oder neu belegt werden dürfen. Die Besucher legen statt Blumen in der Regel kleine graue Steine auf das Grab. 63 Steine sind heute noch nachzuweisen, doch anhand der Sterberegister der Stadt Werden dürften deutlich mehr Bestattungen stattgefunden haben. Allerdings waren Grabsteine der Ärmeren oft nur aus Holz gefertigt, nur die steinernen überdauerten die Jahre. Die Totenruhe wurde oft gestört, 1966 wurde der Friedhof von Jugendlichen geschändet, dabei wurden 20 Grabmale umgeworfen. 2002 wurde der abgelegene Ort erneut geschändet. Hanslothar Kranz erinnert sich noch gut und mit Schaudern: „Das hat uns damals sehr erschreckt. So etwas darf nie wieder passieren.“ Im Jahr 1986 wurde der Friedhof in die Denkmalliste der Stadt eingetragen, 2007 von Orkan Kyrill total verwüstet, danach wurde er wieder hergerichtet. Das Gelände ist eingezäunt und verschlossen. Wer den Jüdischen Friedhof besuchen möchte, kann sich den Schlüssel im Büro des Bergfriedhofs leihweise abholen. Zur Absprache bitte zunächst unter 0201-402171 anmelden.

Herbergseltern luden ein

Die große Gruppe verlässt den Friedhof, der nun wieder still ruht. Nebenan in der Jugendherberge laden Carola und Joachim Ladwig noch ein zu Kaffee und Keksen. Die Herbergseltern sind seit 1986 in Heidhausen im Dienst, haben bis zur Rente noch zweieinhalb Jahre vor der Brust. Große Teile des Hauses wurden vor einigen Jahren komplett umgebaut und die Innenräume neu eingerichtet. Alles höchst modern, hell und freundlich. Das hat nur noch wenig mit „mittelalterlicher“ Herbergsromantik zu tun. Mittlerweile übernachten jährlich doppelt so viele Gäste auf dem Pastoratsberg als vor der Übernahme durch die Ladwigs. Herbergsvater Joachim berichtet nicht ohne Stolz: „Wir haben es geschafft, ganz neue Gäste anzusprechen, zum Beispiel Seminargruppen und Auszubildende. Dadurch sind jetzt auch die Wintermonate gut belegt. Auch haben wir hier sehr viele Radler, die den durch Werden führenden Ruhrtalradweg nutzen. Allerdings haben wir aktuell einen kleinen Rückgang der Zahlen zu verzeichnen.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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