Im Gespräch mit Dr. Susanne Reger-Tan von der Universitätsmedizin Essen
Studie: Abnehmen kann helfen - Jeder zehnte Deutsche leidet an Diabetes

 Privatdozentin Dr. Susanne Reger-Tan, Oberärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsmedizin Essen. | Foto: Universitätsmedizin Essen
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In Deutschland erkrankt knapp jeder Zehnte an Diabetes. Schätzungsweise weiß jedoch jeder Zweite nicht, dass er darunter leidet. Wie Diabetes entsteht, wie er sich bemerkbar macht und was dagegen hilft - darüber hat der Stadtspiegel und seine Nachrichten-Community Lokalkompass.de mit Privatdozentin Dr. Susanne Reger-Tan, Oberärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsmedizin Essen, gesprochen.

Welche Formen von Diabetes gibt es?
Am häufigste gibt es den Typ 2 Diabetes, der oft im höheren Alter auftritt. Aber mit zunehmendem Übergewicht der Bevölkerung sind auch jüngere Menschen, sogar Kinder betroffen. Seltener kommt der Typ 1 Diabetes vor. Er kann schon bei Kleinkindern auftreten und betrifft weniger als 1 von 600 Kindern. Darüber hinaus gibt es den Schwangerschaftsdiabetes, der bei fünf Prozent aller Schwangeren auftritt. Seltene Diabetes-Formen können durch angeborene und erworbene Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse entstehen. Auch können Medikamente als Nebenwirkungen einen Diabetes auslösen. Kortison ist ein klassisches Beispiel, aber auch gerade durch den Einsatz moderner Krebstherapien sind neue Formen von Diabetes entstanden.

Welche Symptome weisen auf die Erkrankung hin?
Diabetes kann sehr lange unbemerkt bleiben oder schleichend beginnen. Deutliche Anzeichen sind vermehrtes Wasserlassen und viel Durst - man trinkt plötzlich mehrere Liter Wasser täglich. Häufig beginnen diese Symptome im Rahmen eines Infektes. Manche fühlen sich aber nur müde und abgeschlagen, können sich nicht gut konzentrieren oder sehen verschwommen. Langfristig haben Patienten mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Der häufigste Grund, warum Menschen in unserem Land dialysepflichtig werden, erblinden oder sich einer Amputation unterziehen müssen, ist ein Diabetes. Ein Fünfzigjähriger mit Diabetes hat durchschnittlich eine um sechs Jahre kürzere Lebenserwartung als ein Gleichaltriger ohne Diabetes.

Was sind die Ursachen der Erkrankung?
Die einzelnen Diabetesformen unterscheiden sich in ihrer Ursache. Beim Typ 2 Diabetes führt ein Zusammenspiel vieler Faktoren, wie beispielsweise die familiäre Vorbelastung, Übergewicht, unausgewogene Ernährung und wenig körperliche Aktivität, zu einer sogenannten Insulinresistenz. Dadurch verzögert sich die Aufnahme von Zucker aus dem Blut in die Körperzellen. Der Typ 1 Diabetes hingegen ist eine Autoimmunerkrankung. Körpereigene Antikörper zerstören die Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse, so dass ein Insulinmangel entsteht.

Wie wird Diabetes behandelt?
Basis der Typ 2 Diabetes-Therapie ist eine Optimierung der Lebensgewohnheiten - sprich ausgewogene Ernährung und Steigerung der körperlichen Aktivität. Metformin stellt die Basis der medikamentösen Therapie dar. Darüber hinaus stehen uns zwei neue Substanzgruppen zur Verfügung, die Herz, Hirn und Niere schützen und das Risiko für einen Herz-Kreislauf-bedingten Tod senken. Darüber hinaus kann der Patient mit diesen Substanzen abnehmen.
Patienten mit Typ 1 Diabetes benötigen eine Insulintherapie. Hier ist auch bei uns im Universitätsklinikum Essen die Therapie vor allem ein Paradebeispiel dafür, wie sehr der technische Fortschritt die Behandlungsmöglichkeiten verbessern kann. Über moderne Insulinpumpen erfolgt - zumindest teilweise - eine automatisch gesteuerte Insulinabgabe. Auch die Überwachung des Glukosestoffwechsels ist einfacher: Sensoren erfassen kontinuierlich die Glukosekonzentration im Gewebe. Das mehrfach täglich „Piksen“ in den Finger entfällt. Der Patient wird bei Auftreten einer Unterzuckerung durch einen Alarm gewarnt.

Was können die Patienten selbst für Ihre Gesundheit tun?
Eine Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten und Steigerung der körperlichen Aktivität wie zügiges Gehen, Fahrradfahren, aber auch intensive Hausarbeit können schon zu einer deutlichen Verbesserung des Stoffwechsels führen. Ziel ist eine langsame Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Prozent. In einer britischen Studie konnte allein durch eine medizinisch begleitete Ernährungsumstellung und die damit verbundene Gewichtsreduktion nach zwölf Monaten jeder zweite Patient mit Typ 2 Diabetes seinen Glukosestoffwechsel normalisieren. Diabetes-Medikamente waren nicht mehr nötig.

 Privatdozentin Dr. Susanne Reger-Tan, Oberärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsmedizin Essen. | Foto: Universitätsmedizin Essen
Sensoren erfassen kontinuierlich die Glukosekonzentration im Gewebe. Das mehrfach täglich „Piksen“ in den Finger entfällt. | Foto: Universitätsmedizin Essen
Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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