Besuch im Perinatalzentrum der Uniklinik Essen
Ein sanfter Übergang ins Leben

Jedes zehnte Kind kommt als Frühchen auf die Welt, also mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. So wie Emma und Luke (Foto). Um auf die Herausforderungen von Frühgeborenen und ihren Familien aufmerksam zu machen, wird am 17. November der Weltfrühgeborenentag gefeiert. Anlass für uns, den "Frühchen" an der Uniklinik Essen einen Besuch abzustatten und mit der Leitenden Oberärztin Dr. Anja Stein über die medizinische Versorgung zu sprechen.  | Foto: Peter
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  • Jedes zehnte Kind kommt als Frühchen auf die Welt, also mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. So wie Emma und Luke (Foto). Um auf die Herausforderungen von Frühgeborenen und ihren Familien aufmerksam zu machen, wird am 17. November der Weltfrühgeborenentag gefeiert. Anlass für uns, den "Frühchen" an der Uniklinik Essen einen Besuch abzustatten und mit der Leitenden Oberärztin Dr. Anja Stein über die medizinische Versorgung zu sprechen.
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Es ist ruhig im Perinatalzentrum. Das künstliche Licht ist ausgeschaltet, ein bisschen dämmrig ist es. Eine Kinderkrankenschwester wuselt umher, die kleinen Patienten schlafen. Eine Mini-Hand drückt einen gehäkelten Tintenfisch im Inkubator. Alles wirkt friedlich.

Wir befinden uns auf der Kinderintensivstation des Universitätsklinikums Essen. Dort, wo die Frühchen versorgt werden. Es handelt sich um ein Perinatalzentrum Level Eins, der höchsten Stufe in Deutschland für die Versorgung von Mutter und Kind. Hier können extrem Frühgeborene versorgt, Mehrlinge geboren und Babys mit schweren Erkrankungen behandelt werden. In diesem Jahr feiert das Perinatalzentrum der Universitätsmedizin Essen sein 25-jähriges Jubiläum.

Versorgung heute weniger invasiv

Von Anfang an Teil des Ärzteteams ist Dr. Anja Stein. Die Leitende Oberärztin der Neonatologie hat schon vielen Frühgeborenen die Unterstützung gegeben, die sie zum Start ins Leben benötigten - und dabei einen Wandel in der medizinischen Versorgung miterlebt. "Die Versorgung erfolgt heute viel weniger invasiv als früher. Die Medizin traut den Frühgeborenen mehr zu, unter dem Motto ,Lass das Kind machen'." Das Zutrauen in die Babys habe sich bewährt.
Natürlich sehe ich immer noch Infusionsschläuche und Sauerstoffmasken in den Bettchen. Die Kinder erhalten so viel Unterstützung wie nötig und so wenig wie möglich. "Die Kinder, die zu früh geboren werden, sind nicht fertig entwickelt", erläutert die Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin.

Gesundheitliche Probleme durch unreife Organe

Dies zieht viele Risiken nach sich: "Jedes Organ ist unreif, das kann gesundheitliche Probleme verursachen." Bekanntes Beispiel ist die Lungenreife eines Babys, die entscheidend ist für die Atmung nach der Geburt, und in der Regel ab der 35. Schwangerschaftswoche abgeschlossen ist. Kommt ein Kind früher auf die Welt, besteht das Risiko des Atemnotsyndroms, weil die Lunge eben noch nicht reif ist. Dem wird dann mit Hilfe eines Gerätes zur Atemunterstützung entgegengewirkt.
Trotz aller medizinischen Unterstützung spielen die Eltern heute eine große Rolle. Das Bonding, diese erste körperliche Kontaktaufnahme zwischen Baby und Eltern, findet in der Uniklinik Essen auch bei Frühgeborenen schon im Kreißsaal oder - im Falle eines Kaiserschnitts - Operationssaal statt.

Dr. Anja Stein simuliert die Versorgung eines Frühgeborenen an dem Geburtstisch.  | Foto: Dabitsch

Versorgung Frühgeborener auf dem Geburtstisch nahe der Mutter

Dazu wurde ein so genannter Geburtstisch angeschafft. Er ermöglicht die Versorgung von Frühgeborenen in unmittelbarer Nähe zur Mutter. Louisa Peter hat davon profitiert. Ihre Zwillinge Emma und Luke kamen mit 2700 und 2500 Gramm sechs Wochen zu früh auf die Welt, es hatte Komplikationen in der Schwangerschaft gegeben. "Ich fand es wunderbar, dass ich beide unmittelbar nach der Geburt sehen konnte", erinnert sich die frisch gebackene Mutter. Die Erstversorgung erfolgte auf dem Geburtstisch am Kopf der Mama, bevor die Geschwister dann zur intensivmedizinischen Betreuung auf Station kamen.

Sozialmedizinische Nachsorge zu Hause

Dort blieben sie sechs bzw. acht Tage, dann durften sie mit ihren Eltern nach Hause. Begleitet wurde die Familie dabei durch die Medizinische Familienberatung „U&ME Kids“, die über den Krankenhausaufenthalt hinaus sozialmedizinische Nachsorge und Begleitung zu Hause bietet. "Die professionelle Nachbetreuung macht sogar eine Entlassung von Kindern mit Magensonde möglich", sagt Dr. Stein, weil die Mutter bei der Entwöhnung von der Sonde hin zum Stillen begleitet werden kann.

Jedes zehnte Baby wird mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtststermin geboren und gilt damit als Frühchen.
 | Foto: © Stiftung Universitätsmedizin
  • Jedes zehnte Baby wird mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtststermin geboren und gilt damit als Frühchen.
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Muttermilchbank für eine optimale Versorgung

Apropos Stillen: Das Perinatalzentrum hält auch eine Muttermilchbank vor. Mütter können überschüssige Milch spenden für Kinder, deren Mütter zu wenig Milch produzieren - natürlich unter strengen hygienischen Auflagen. "Heute wissen wir, dass Muttermilch eine vergleichbar starke Wirkung wie ein Medikament hat", sagt die Leitende Oberärztin. Damit die Milch alle Bestandteile in optimaler Zusammensetzung enthält, werden Spenden nicht nur kurzzeitig erhitzt, sondern auch analysiert. "Oftmals versetzen wir die gespendete Milch mit extra Eiweiß, was wichtig für die Gehirnentwicklung ist", sagt Dr. Stein.

Grenze der Lebensfähigkeit

Auch die beste medizinische Versorgung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine Grenze der Lebensfähigkeit gibt. Laut Dr. Stein liegt die ungefähr in der 22. Schwangerschaftswoche. "Es gehört auch zu unseren Aufgaben, Eltern bei einer bevorstehenden Frühgeburt über die Risiken aufzuklären", sagt die erfahrene Ärztin. Mit 24 Schwangerschaftswochen überleben Statistiken zufolge etwa 78 Prozent der Kinder und immerhin ein Drittel dieser Kinder zeigt eine gesunde geistige und körperliche Entwicklung. Jeder Tag länger im Mutterleib zählt. Deshalb ist es das oberste Ziel, eine drohende Frühgeburt hinauszuzögern - etwa mit modernen Wehenhemmern, indem Schwangerschaftsvergiftungen behandelt oder der Muttermund zugenäht wird.

Weltfrühgeborenentag am 17. November

Unabhängig vom Zeitpunkt - wenn es soweit ist, hilft ein spezialisiertes Team dem Kind auf die Welt - mit dem Ziel, "einen sanften Übergang ins Leben zu ermöglichen", so Dr. Stein. Bei Familie Peter hat es geklappt. Emma und Luke entwickeln sich prächtig und bescheren ihren Eltern schlaflose Nächte. Für sie und die zahllosen anderen Frühgeborenen findet übrigens am kommenden Montag, 17. November, ein Aktionstag statt - auch am Universitätsklinikum Essen: Den 25. Geburtstag feiert das Perinatalzentrum am Uniklinikum Essen am Weltfrühgeborenentag: 17. November 2025, von 11 bis 18 Uhr, im Foyer der Frauenklinik (erste Etage / Perinatalzentrum). Alle Interessierten sind eingeladen, das Jubiläum mitzufeiern. Am Weltfrühgeborenentag wird das Perinatalzentrum lila illuminiert („purple for premies“), nicht nur in Essen, sondern in vielen Einrichtungen.

Jedes zehnte Kind kommt als Frühchen auf die Welt, also mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. So wie Emma und Luke (Foto). Um auf die Herausforderungen von Frühgeborenen und ihren Familien aufmerksam zu machen, wird am 17. November der Weltfrühgeborenentag gefeiert. Anlass für uns, den "Frühchen" an der Uniklinik Essen einen Besuch abzustatten und mit der Leitenden Oberärztin Dr. Anja Stein über die medizinische Versorgung zu sprechen.  | Foto: Peter
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Dr. Anja Stein simuliert die Versorgung eines Frühgeborenen an dem Geburtstisch.  | Foto: Dabitsch
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