Im Consol Theater feierte "Löwenherzen" Premiere im allerkleinsten Kreis
Premiere mal ganz anders


Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg. Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg. | Foto: Martin Möller
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  • Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg. Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg.
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Bereits zum dritten Mal ist es dem Consol Theater gelungen, einen renommierten Autor zu gewinnen, der ein Stück für ein junges Publikum schreibt. Nach Sibylle Berg und Roland Schimmelpfennig war nun Nino Haratischwili an der Reihe und erschuf gefördert durch die Kunststiftung NRW das Stück "Löwenherzen", das im Januar unter der Regie von Andrea Kramer Premiere vor einem jungen Publikum ab zehn Jahren feiern sollte.

Eine Premiere gab es trotz Corona, allerdings anders als jeder bisherige am Consol Theater in Bismarck. So begrüßte Geschäftsführerin Christiane Freudig eine sehr kleine Runde von Zuschauern aus dem Haus und den Medien unter Einhaltung aller Corona-Regeln zum "gemeinsamen Angucken". Und doch tat es gut, endlich mal wieder Theaterluft zu schnuppern, soweit es die Mund-Nasen-Bedeckung zuließ.
Bühnen- und Kostümbildnerin Stefanie Stuhldreier hatte sich einiges ausgedacht und so wurden mit Projektionen Kreidemalereien lebendig und das Publikum reiste mit dem Löwen mit dem schiefen Auge von Bangladesch über Afrika und Indien bis nach Europa und auch nach Deutschland. Dabei entpuppte sich die zunächst spartanisch anmutende Bühne zu einer echten Trickkiste, eben nicht zuletzt wegen der Projektionen. Die passende Musik dazu steuert Radoslaw Piotr Fedyk bei.
Denn der Löwe, der von dem zehnjährigen Anand in einer Fabrik in Bangladesch zu einem Stofftier genäht wird, hat eine Mission. Er soll Gott einen Brief überbringen, denn Anand ist sicher, dass Gott in Europa lebt, englisch spricht und ein Smartphone hat. Denn so stellt der Junge sich Europa vor: ein wenig wie das Paradies.
Anand hat große Träume und möchte eines Tages der größte Zauberer der Welt sein und nicht mehr Stofftiere für den Chinamann in der Fabrik nähen müssen. Aber damit das passiert, muss erst einmal jemand den Bauch seiner Mutter mieten.
Seine Reise führt den Löwen mit dem schiefen Auge nach Deutschland zu Enna, bei der er angekommen ist, als noch alles schön war und er ihr Glückslöwe war. Nun soll er anderen Kindern Glück bringen und sie spendet ihn bei einem Schulprojekt für Kinder, denen es nicht einmal so gut geht wie ihr, trotz ihrer streitenden und von der Arbeit zermürbten Eltern.
Weiter geht es in den Senegal zu Zula, nach Mali zu Amari, der in Spanien auf Wanja trifft und nach Frankreich zu Luise, deren Trost der Löwe darstellt, wenn sie mal gerade nicht Klavier üben muss. In Indien erfährt der Besucher wie ein Ehepaar den Bauch von Anands Mutter gebucht, in dem nun Zwillinge heranwachsen, die schon ihr Leben nach der Geburt planen.
Am Ende kehrt der Löwe, der auf seiner Reise so viele Kinder stark und selbstbewusst, eben zu Löwenherzen, gemacht hat mit Anands Mutter zurück nach Bangladesch und wird nun zum Glücksbringer des angehenden größten Zauberers der Welt.
Die spannende Geschichte, die die drei Schauspieler Thomas Kaschel, Sibel Polat und Eric Rentmeister mit wenigen Mitteln, die umso beeindruckender eingesetzt sind, erzählen, zieht nicht nur die ab Elfjährigen in ihren Bann. Denn gerade vor dem Hintergrund von Corona lehrt sie auch die Erwachsenen, dem Leben etwas Gutes abzugewinnen und sich so zu einem Löwenherzen zu entwickeln. Und das alles ohne dabei schulmeisterlich zu wirken.
Bleibt nur zu hoffen, dass schon bald ein richtiges, ein großes Publikum in den Genuss dieses lebensbejahenden Stückes kommen kann.

Zur Person der Autorin

Nino Haratischwili wurde 1983 in Tiflis geboren und lebt in Deutschland.
Sie gründete 1998 an ihrer Schule eine deutsch-georgische Theatergruppe, für das sie vier Stücke auf Deutsch schrieb, inszenierte und spielte. Mit einer Produktion gastierte die Gruppe an einem Bremer Gymnasium
Sie studierte Filmregie in Tiflis, Theaterregie in Hamburg und machte ihren Abschluss mit der Inszenierung ihres Stückes "Mein und dein Herz. Medeia".
2008 gewann sie mit dem Drama "Liv Stein" einen Autorenpreis des Heidelberger Stückemarktes. 2010 stand ihrer Romandebüt "Juja" auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, 2011 wurde ihr zweiter Roman "Mein sanfter Zwilling" mit dem Preis der Hotlist der unabhängigen Verlage ausgezeichnet.
2014 erschien "Das achte Leben (Für Brilka)", für den sie das Grenzgänger-Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung für Recherchen in Russland und Georgien erhielt. 2018 gelangte sie mit "Die Katze und der General" auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises.


Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg. Amand (Sibel Polat) schickt den Löwen mit dem schiefen Auge auf die Reise und gibt ihm einen Brief für Gott mit auf den Weg. | Foto: Martin Möller
Die Projektionen sorgen für wunderschöne Bilder und Eindrücke des Spiels der drei Darsteller, die dadurch mit sehr wenigen Mitteln auf der Bühne auskommen. | Foto: Martin Möller
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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