Wiederbegegnung mit dem ROLAND-Kino an der Bochumer Straße in Ückendorf

Im August 2012 kam ich anlässlich der 50. Wiederkehr meiner Entlassung aus der Katholischen Alten Schule in Ückendorf im Jahre 1962 nach mehreren Jahrzehnten anlässlich eines Klassentreffens wieder zurück in mein altes „Revier“: Ein halbes Jahrhundert nach in Gelsenkirchen erlebter Kindheit und Jugend gab es dort ein anrührendes Wiedersehen mit den alten Schulkameraden - und gleichzeitig auch eine mich sehr bewegende Wiederbegegnung mit den Stätten ferner Tage.
Das Ereignis löste einen starken kreativen Schub aus, denn bereits vor dem Klassentreffen hatte ich einen Gemälde-Zyklus mit dem Thema „Verheißung“ begonnen, der mir auch mit dem vorliegenden Motiv immer noch nicht endgültig abgeschlossen erscheint.

Vier der sechs bisher vollendeten Gemälde spiegeln mir damals viel bedeutende (und wie sich zeigte, mir auch heute noch bedeutsame) Erinnerungsorte wider: Nach „Scala“, „Rex“ und „Odeon“ musste selbstverständlich auch noch das „Roland“ als viertes damaliges Ückendorfer Lichtspieltheater aus meinem Kopf auf die Leinwand gebracht werden - und dokumentiert damit sowohl das komplette Lichtspielangebot meines Stadtteils jener Jahre als auch meine übergroße kindheit- und jugendliche Begeisterung für das Kino.

Kinos übten in den 50-ern und 60-ern eine geradezu magische Anziehungskraft (nicht nur) auf mich aus, denn das Fernsehen steckte noch in den schwarzweißen Kinderschuhen und konnte bei weitem nicht mit den überlebensgroßen, bunten Filmen der Kinos konkurrieren, die über die graue Alltagswelt hinweghalfen, die Fantasie anregten, reichlich Trost zu spenden und große Freude zu bereiten wussten. Kinos waren damit ein Hort der Glückseligkeit und jener Verheißung, dass es „hinter der Leinwand“ eine weitaus buntere Welt gäbe.

Schon lange sind die Lichter in diesen Kinos ausgegangen, sie wurden vielfach umgebaut, werden heutzutage teilweise recht profan genutzt oder stehen leer. Immerhin fand und erkannte ich sie alle wieder, wenn sie sich mir auch in veränderter Form und meist mit Zeichen der Alterung und/oder Vernachlässigung zeigten.

Auch das „Roland“-Kino an der Bochumer Straße hat überlebt, es beherbergt heute einen Supermarkt: Wie bei den anderen ehemaligen Kinos hatte ich bereits Herzklopfen, bevor ich des Gebäudes endlich ansichtig wurde - und dann fühlte ich mich beglückt: Vor meinem inneren Auge erschien das „Roland“ von damals, vor das ich mich dann auf meinem Gemälde als 15-, 16-jährigen Beatjüngling Mitte der 60-er in spätpubertärer, abweisend scheinender Pose postiert habe. Gerade noch Schulkind, hatte ich mich damals plötzlich als Lehrling in der rauen Welt der Erwachsenen wiedergefunden: Umso mehr brauchte ich in jenen Jahren das Kino als Zufluchtsstätte und Insel der seligen Träume, als Schutzschild gegen den grauen, harten Alltag.

Trotz des traurigen Niedergangs und Endes der Ückendorfer Kinokultur wirkt für mich der dort erlebte Zauber bis heute fort, und so versinnbildlichen die weit offene, gläserne Tür des „Roland“ die Magie und das in die Dämmerung hineingleißende, verlockende Licht jener damals erlebten Verheißung, für die ich bis heute zutiefst dankbar bin.

Das Gemälde gehört zu einem derzeit weiterhin in Arbeit befindlichen Bilder-Zyklus „Verheißung“, der meine Kindheit und Jugend im Ückendorf der 50-er und 60-er Jahre zum Thema hat.

„Verheißung VI: ROLAND“
(70 x 50 cm, Öl auf Leinwand, 2013)

Autor:

Wolfgang Moritz aus Gelsenkirchen

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