Über die Notwendigkeit der Physiotherapie auch in der Corona-Krise
„Wir sind kein Massagesalon“

Mit Mundschützern bestens ausgestattet und trotz Corona gut gelaunt und mit einem positiven Blick in die Zukunft präsentiert sich hier das Team des "Hüller" dem Fotografen. Foto: Gerd Kaemper
  • Mit Mundschützern bestens ausgestattet und trotz Corona gut gelaunt und mit einem positiven Blick in die Zukunft präsentiert sich hier das Team des "Hüller" dem Fotografen. Foto: Gerd Kaemper
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Ob Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden oder Podologen – unter den Heilmittelerbringern wächst in diesen Tagen allerorts die Verzweiflung. Grund ist, dass wegen der Corona-Krise immer mehr Patienten ihre Behandlungstermine absagen. Selbstständige Praxisinhaber und deren Angestellte fürchten den wirtschaftlichen Ruin.

Grund für die Umsatzrückgänge ist einerseits, dass zahlreiche Patienten aus Angst vor der Corona-Welle ihre Termine absagen. Viele der Patienten gehören zur Risikogruppe und bleiben nun lieber zuhause. Viele glauben aber auch, dass die Praxen aufgrund der verhängten Kontaktverbote geschlossen sind. Das ist aber nicht korrekt. Physiotherapeuten sind systemrelevant, das heißt sie gehören ausdrücklich zum Kern der Gesundheitsversorgung wie Krankenhäuser, Ärzte und Apotheker auch. Sie dürfen – und müssen – weiterhin Patienten behandeln.

Ein Blick in eine örtliche Physiotherapie-Praxis

Der Stadtspiegel fragte bei Thilo Pasch, dem Inhaber des Reha- und Fitnesszentrums „Das Hüller“, nach, wie sich die Corona-Krise auf die Physiotherapiepraxis des „Hüller“ auswirkt. „In den ersten Tagen nach der offiziellen Verkündung der Beschränkungen aufgrund der Corona-Krise durch unsere Bundeskanzlerin taten mir die Mitarbeiterinnen meiner Anmeldung wirklich leid“, schildert Pasch und kann ein Schmunzeln nicht ganz unterdrücken. „Denn Frau Merkel sprach in ihrer Rede ein Öffnungsverbot für 'Massagesalons' aus. Unser Telefon stand am nächsten Tag nicht still und ich vernahm immer wieder die freundliche und geduldige Antwort meiner charmanten Kolleginnen: 'Nein, wir sind kein Massagesalon.'"
Vielmehr sind Heilmittelerbringer der Physiotherapie allesamt staatlich anerkannt und arbeiten seit eh und je mit vorgegebenen medizinischen Hygiene-Standards. Darum fordern die Berufsverbände dazu auf, die notwendigen Therapien unbedingt aufrecht zu erhalten, wie Pasch erläutert.

Was sind notwendige Therapien?

„Alle konservativen Therapien, die chronische und akute Schmerzsymptome lindern - Behandlungen, welche Bewegungseinschränkungen verhindern oder verbessern (zum Beispiel nach Operationen) – Pneumonieprophylaxen – abschwellende Therapien bei Ödemen, neurologische Anwendungen. All diese Behandlungen werden auch weiterhin von Ihren Ärzten verschrieben. Nehmen Sie diese Therapien ernst, denn es wird eine Zeit nach dem Virus geben, und dann sollen Sie auch weiterhin die bestmögliche Beweglichkeit und Schmerzfreiheit besitzen“, rät der Physiotherapeut.
Der Heilmittelerbringer blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: „Ich rechne in den nächsten Wochen sogar wieder mit einem verstärkten Zulauf von Patienten, da geplante Operationen wie Arthroskopien oder sonstige Eingriffe am Bewegungsapparat sinnvollerweise zurückgestellt werden. Wir Physios stehen bereit, diese Wartezeit schmerzmindernd und präoperativ-vorbereitend zu überbrücken.“

"Wir lächeln unter unseren Schutzmasken"

Der selbstständige Praxisinhaber weiß sogar Positives zu berichten: „Meine Mitarbeiter schauten mich nur verständnislos an, als ich ihnen aus Gründen des Eigenschutzes freistellte, weiterzuarbeiten. Ob in Kurzarbeit oder Sonderschicht, sie wollen ihren Patienten unbedingt zur Seite stehen. Ein hilfsbereiter Arzt brachte mir umgehend genug Mundschützer. Meine Patienten halten sich vorbildlich an alle neuen Regeln unseres Hauses.“
Der Deutsche Verband für Physiotherapie appelliert derzeit an die Politik: „Sollten Praxen aus finanziellen Gründen schließen müssen, wird dies auch bei uns nicht nur jetzt in der Krise, sondern auf Dauer massive Versorgungsprobleme bringen, was am Ende allen Patienten schadet, weil es Heilungsprozesse verzögert oder unmöglich macht.“
Thilo Pasch bleibt auch in der Krise entspannt und erklärt: „Seien Sie versichert, wir lächeln so zuversichtlich wie immer unter unseren Schutzmasken. Und ja, wir fassen Sie auch weiterhin an, wenn es die Therapie erfordert, denn wir haben ausreichend Handwaschmittel und Desinfektionsmöglichkeiten.“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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