Buchkompass: Institut für gute Mütter
Mütter in einer dystopischen Welt

Leben wir mittlerweile eigentlich schon in einer Dystopie oder sind wir noch auf dem Weg zu einer? Je nachdem wen man fragt, erhält man unterschiedliche Antworten und vermutlich wird sogar der eine oder andere von einer möglichen Utopie in der Zukunft sprechen, je nachdem welche Politik sich durchsetzen wird. Einige Dinge können wir aber nicht ignorieren, die Überwachung nimmt zu und wir lassen Überwachungssysteme getarnt als Alltagshelfer sogar in unsere Wohnungen. Von da an ist der Schritt zu dem, was hier im Buch passiert zwar noch weit, aber bei einigen Gesetzen, die gerade in den USA beschlossen werden, nähern wir uns eher dem Report der Magd als einer Utopie.

Jessamine Chan hat sich wohl auch an den aktuellen Entwicklungen bei der Überwachungstechnologie und bei den eingebrachten Gesetzen in den USA orientiert, als sie mit Institut für gute Mütter angefangen hat. Das Buch hat sich in den USA bereits 1 Million Mal verkauft und ist, in der deutschen Übersetzung, der Roman nun bei Ullstein erschienen. Der Roman ist wirklich hart und benötigt dringend eine Triggerwarnung für Eltern, denn die werden in diesem Buch mehrmals an ihre Grenzen kommen.

An ihre Grenzen kam auch Frida und sie hat dabei eine Grenze überschritten, die alles andere als ein Kavaliersdelikt war. Nach der Scheidung von ihrem Mann kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Harriet war Frida schnell mit allem überfordert und eines Tages führt diese Überforderung dazu, dass Frida Harriet alleine zuhause lässt und in die Universität zu ihrer Arbeit fährt. Eine Entschuldigung dafür gibt es nicht und die ersten Konsequenzen sind absolut nachvollziehbar. Harriet muss zum Vater und dessen neuer Partnerin und Frida muss sich vor Gericht verantworten. Bis zur Verhandlung gilt für sie, dass sie ihre Tochter nur in Begleitung einer Kindersozialarbeiterin besuchen darf. All das ist absolut nachvollziehbar und ein Schutzmechanismus. Und dann schlägt uns die Dystopie in die Magengrube. Nicht nur wird Frida in ihrer Wohnung überwacht, die ihr zugewiesene Sozialarbeiterin ist ein Miststück.
An der Stelle hätte ich das Buch gerne aus dem Fenster geworfen, hätte dann aber eine krasse Gerichtsverhandlung und Fridas Erlebnisse im Institut für gute Mütter verpasst. Wobei auch an der einen oder anderen Stelle das Buch beinahe wieder geflogen wäre. Im Institut angekommen konnte ich mich dann übrigens auf diese dystopische Geschichte einlassen, ohne innerlich zu zerbrechen und den Zwang zu haben das Buch zu werfen.

Ein Buch, dass so aufwühlend ist, kann ja nur eins bedeuten, es gelingt, was erhofft wurde. Es ist trotzdem hart und der eine oder andere Exkurs, gerade in sexueller Hinsicht, hätte ich nicht gebraucht, um trotz aller Geschehnisse am Anfang des Buches Mitleid mit Frida zu haben. Das Buch ist grandios geschrieben und wirklich gut übersetzt, das Thema nicht ganz fernab einer möglichen Realität, gerade in den USA, und insgesamt schon jetzt eines der emotional härtesten und trotzdem besten Bücher dieses Jahres.

Fazit: Jassemine Chans Institut für gute Mutter ist ein harter und aufwühlender Roman über eine Mutter die einen großen Fehler gemacht hat und darunter und unter der Gesetzgebung sehr zu leiden hat. Das Buch ist gut geschrieben und übersetzt und an dystopischer Grundstimmung nicht zu übertreffen. Leider aufgrund der aktuellen Lage in den USA nicht ganz so unrealistisch, insbesondere in den roten Bundesstaaten und den aktuellen Gesetzesänderungen zu Abtreibungen und Ähnlichem. Trotz Triggerwarnung absolut zu empfehlen.

Autor:

Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen

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