Besinnliches von Hansjörg Federmann: "Kriege beenden – mit Gewalt?

Hansjörg Federmann ist Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Welper-Blankenstein.
  • Hansjörg Federmann ist Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Welper-Blankenstein.
  • hochgeladen von Roland Römer

75 Jahre ist es her, dass die deutsche Armee Polen überfiel und damit den zweiten Weltkrieg entfesselte. Dass wir zugleich in diesem Jahr an den Beginn des ersten Weltkrieges vor hundert Jahren denken, schärft den Blick dafür, wie beides zusammenhing: Wie eine demütigende Niederlage Hass säte und Revanchegedanken befeuerte.

Heute halten uns wieder Kriege in Atem. Mit der Bevölkerung in der Ukraine und im Nord-Irak bangen viele um Frieden und hoffen auf ein Ende der Gewalt. Und ringen um eine überzeugende Meinung, welche Wege weiterführen und welche als Irrwege in immer größere Gewalt führen.
Dass auch der christliche Glaube hier unterschiedliche Wege begründen kann, ist nicht zuletzt durch die Worte des Bundespräsidenten und ehemaligen Pfarrers Joachim Gauck deutlich geworden. Er äußerte anlässlich des Kriegsausbruchs vor 75 Jahren mit Blick auf das russische Vorgehen in der Ukraine die Überzeugung „Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Werten anpassen.“
Manche empfinden diese Worte als einseitig und drohend, andere als notwendiges Signal zum Schutz der Schwächeren.
Immerhin hat Gauck Martin Luther auf seiner Seite, der die Meinung vertrat, dass da, wo in der Gesellschaft oder zwischen Staaten Unrecht geschieht, auf Gewalt nicht verzichtet werden kann.
Aber kann man wirklich Gewalt mit Gewalt besiegen? Viele Christinnen und Christen sind überzeugt, dass Friede nicht anders als mit friedlichen Mitteln zu erreichen ist und der Weg Jesu hier ein eindeutiges Vorbild liefert.
Die politische Frage, welchem Weg man in einer drängenden, Menschen bedrohenden Lage für den aussichtsreicheren hält, wird mit guten Gründen auch von Christinnen und Christen unterschiedlich beantwortet.
Ein Wort des Apostels Paulus gibt aber eine klare Richtung an: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“, schreibt er im Römerbrief.
Was in der Politik oft als die unausweichliche Lösung erschient: Druck mit Gegendruck zu beantworten, wird von diesem Gedanken her gründlich in Frage gestellt. Den vermeintlichen Sachzwängen der Eskalation wird ein anderes Denken gegenübergestellt: Nur wer in Konflikten einen Sinn für die Bedürfnisse der Gegenseite bewahrt und zumindest nach einer Auseinandersetzung ehrlich die Hand zum Neuanfang reichen kann, wird den Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen.
Es ist ein Segen, dass Deutschland dies nach dem zweiten Weltkrieg von Regierungen und Bewohnern der Nachbarstaaten erfahren durfte – von Franzosen, Niederländern und nicht zuletzt von Polen. Das macht Mut – und zeigt, wie wichtig es ist, auch in heutigen Konflikten beharrlich zu fragen, wie Böses mit Gutem überwunden werden kann.
Verbunden in der Sehnsucht nach gangbaren Wegen zum Frieden grüßt Sie Ihr
Hansjörg Federmann,
Pfarrer der
Ev. Kirchengemeinde
Welper-Blankenstein

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.