Sportfreunde Niederwenigern: Ein stolzer Schwan im Hattinger Fußball

Der Fußball-Abteilungsleiter der Sportfreunde: Berthold Pieper. Er ist am längsten im Verein.
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(von Toni Bertrams)

Gerade Berthold Pieper kann sich noch bestens an die Zeiten erinnern, als sein Klub kaum mehr als eines von vielen Entlein war: Asche und Tristesse in den Niederungen des Fußballs auf Kreisebene. Inzwischen sind die Sportfreunde Niederwenigern ein stolzer Schwan – zumindest ein kleiner. Auf jeden Fall aber sind sie Hattingens bester Vogel.

„Tatsache ist doch: Zum richtigen Zeitpunkt ist der Kunstrasen gekommen“, sagt der Fußball-Abteilungsleiter der Sportfreunde. „Und hätten wir diesen Kunstrasen nicht, säßen wir heute nicht so entspannt hier.“
Klar: Prominente Trainer, angeführt inzwischen seit 2004 von Jürgen Margref (43), der 1994 mit dem damaligen Zweitligisten Rot-Weiß Essen gegen den SV Werder Bremen im DFB-Pokal-Finale von Berlin gestanden hat (1:3), gibt es im Dorf schon länger.
Jetzt aber hat Berthold Pieper auch einen Luxus, den sie in Niederwenigern lange, lange nicht gekannt haben. „Wir müssen nicht mehr auf die Suche nach neuen Spielern gehen, die Leute kommen ja zu uns“, sagt er.
Die große Besonderheit: Sie brauchen im Dorf auch nicht mehr jeden zu nehmen, sie können aussuchen. „Das ist ein Luxus, den man ein, zwei Klassen tiefer nicht hätte, mit dem wir aber gut leben können“, schmunzelt der Boss des frisch gebackenen Stadtmeisters im Fußball.
Rechts neben Berthold Pieper sitzt Jürgen Margref auf der Holzbank – und links Manfred Lümmer, der Mannschaftskoordinator, den sie auch liebevoll Kunstrasen-Obmann nennen. „Er ist ja unser Matthias Sammer“, sagt Jürgen Margref. „Von daher waren wir schneller als die Bayern.“
Es ist kein Geheimnis: Die Klassenerhalte in der Landes- und Bezirksliga waren in der vergangenen Saison keine Selbstläufer, obwohl gerade Jürgen Margref, der ehemalige Profi, immer ganz locker geblieben war. „Dass wir mit beiden Mannschaften die Klasse gehalten haben, ist aller Achtung wert“, sagt Berthold Pieper.
Verantwortlich dafür ist eben auch jene, wenn auch abgedroschene Floskel von der großen Familie, die dank ihres Kunstrasens, der 2009 eröffnet worden ist und bei dem „viele, viele mit angefasst haben“ (Lümmer), noch mehr zusammengewachsen ist. „Eigentlich wollte ich gar nicht hier hin, aber meine Frau. Sie ist hier groß geworden“, sagt Jürgen Margref, der zu seinem Trainer-Start bei den Sportfreunden direkt den Stadtmeister-Titel holte.
Und inzwischen hat er es für einen, der gar nicht wollte, verdammt lange ausgehalten. „Nirgends ist der Zusammenhalt in einer Mannschaft so extrem wie hier“, sagt er. „Dass man auch nach dem Training so zusammensitzt, das kannte ich so nicht.“ Es gefällt ihm, er fühlt sich wohl, sehr wohl sogar. Zumal es rund um den Glückauf-Sportplatz auch recht unkompliziert ist. „Sehr freundschaftlich, ruhig, kurze Entscheidungswege“, beschreibt Jürgen Margref.
Was viele so im Detail gar nicht wissen: Der Name Jürgen Margref steht auch entscheidend für den Erfolg, für den Aufschwung der Sportfreunde Niederwenigern. „Wir haben uns immer mindestens einen Tabellenplatz verbessert“, sagt Niederwenigerns Matthias Sammer, Manfred Lümmer, der einstige Top-Kreisläufer der Handballer des TuS Hattingen.
Am anderen Ende der Holzbank schmunzelt der Trainer und erinnert an die fünf Jahre in der Bezirksliga von 2006 bis 2011. „Siebter, Sechster, Fünfter, Vierter“, sagt er, „und dann sind wir aufgestiegen.“
Ihre erste Landesliga-Saison haben die Sportfreunde dank einer herausragenden Rückrunde, als sie 31 von 45 möglichen Punkten holten, auf Rang elf abgeschlossen. Sogar auf Platz drei liegen sie in der Zuschauer-Tabelle: Mehr als 3.000 Besucher haben die 15 Heimspiele gesehen. Und auch die zweite Mannschaft, die in der neuen Saison von Rückkehrer Jens Haase trainiert wird, während der bisherige Chef Mirko Kursinski Co-Trainer wird, hat in ihrem Bezirksliga-Aufstiegsjahr den Klassenerhalt geschafft.
Um das mal besser zu veranschaulichen: Die Sportfreunde, vor noch gar nicht allzu langer Zeit nur A-Kreisligist, spielen nun sechstklassig, lediglich eine Klasse unter der Oberliga Niederrhein mit so prominenten Teams wie KFC Uerdingen oder Schwarz-Weiß Essen.
„Ein bisschen verrückt finde ich das“, sagt Trainer Jürgen Margref. Ein Ergebnis vor allem auch des Kunstrasens? Manfred Lümmer schmunzelt. „Kunstrasen, und es geht aufwärts von alleine?“, fragt er dann. „Das funktioniert nicht.“
Aber was funktioniert in den nächsten Jahren am Glückauf-Sportplatz? Gibt es Gedanken an den nächsten Schritt, Gedanken an die Sportfreunde Niederwenigern in der Oberliga?
„Nein, momentan nicht“, sagt Manfred Lümmer. „Es geht darum, ein etablierter Landesligist zu werden. Damit haben wir genug zu tun.“
Was sagen die anderen? „Das müssen dann unsere Nachfolger machen, da werden wir nicht mehr bei sein“, sagt Berthold Pieper. „Außer Jürgen vielleicht.“ Und als er da so spricht, ist weder zu übersehen noch zu überhören, dass Niederwenigerns Fußball-Chef dieser Gedanke, dass ihm diese Vision Spaß bereitet.
„Da muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen“, sagt Manfred Lümmer. Der Mannschaftskoordinator ist die Spaßbremse? „Wehren würden wir uns nicht. Aber das muss man realistisch betrachten“, sagt er dann, um nicht unerwähnt zu lassen, dass die Spieler lernfähig seien, dass sie lernwillig seien und dass sie gute Lehrer hätten. Und anscheinend haben sie auch eine sehr gute Schulleitung.
In einem Punkt aber gibt es von einem Lehrer dann doch keine 100-prozentige Zustimmung. Jürgen Margref wünscht sich mehr Qualität in der Nachwuchs-Abteilung. Ihm reicht es auf Dauer nicht, dass die A-, B-, C- und D-Junioren lediglich in den Leistungsklassen spielen.
„Das stimmt“, sagt auch Berthold Pieper. „Da sollten wir schon ganz nach oben gucken.“ In die höchste Klasse der Verbandes eben, in die Niederrheinliga.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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