Geheimniskrämerei um Telefonverzeichnisse von Jobcentermitarbeitern

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Bilanz und Konsequenz: Ein Jahr Veröffentlichung von Jobcenter Telefonlisten

„Am 10. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht Leipzig geurteilt, dass es im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes einen Zugangsanspruch auf Jobcenter Telefonlisten gibt. Aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde des beklagten Jobcenters ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat den Informationsanspruch wie folgt begründet: „Es ist Ausdruck modernen staatlichem Selbstverständnisses, die telefonische Erreichbarkeit in beiden Richtungen unmittelbar sicherzustellen, und zwar auch in sogenannten Massenverfahren und grade auch in Bereichen, wo es um die soziale Existenz gehen kann“.“
harald-thome.de

Was in Kommunen, Ministerien und Behörden als selbstverständlich gilt, wird ausgerechnet bei Existenzsicherungsbehörden, einigen wenigen Jobcentern, zum Problem gemacht: die telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter.

Jobcenter Berlin Spandau

Harald Thomé, ein deutschlandweit anerkannter Dozent für Sozialrecht und Mitherausgeber des „Leitfaden ALG II/Sozialhilfe“, hat im Rahmen seiner Homepage mehr als 150 Telefonlisten zusammengetragen und damit Betroffenen sehr effizient zugearbeitet.

Ausgerechnet die Geschäftsführung des Jobcenter Berlin Spandau zwingt ihn nun zur Einstellung seiner Veröffentlichung. In seiner Erklärung vom 08.01.2014 schreibt er:

„Gleichzeitig haben mich unter Androhung von rechtlichen Schritten in zehn Fällen Jobcenter selbst aufgefordert, die Telefonlisten aus dem Netz zu entfernen. Die hessischen Jobcenter haben sich hier besonders hervorgetan. In vier Fällen konnte das ohne große Auseinandersetzungen geklärt werden, in drei Fällen habe ich die Listen aus dem Netz genommen, in einem Fall – gegenüber dem Jobcenter Delmenhorst –
habe ich mich gegen die Unterlassungsandrohung gewehrt und es wurde im Ergebnis eine modifizierte Liste ohne Vornamen ins Netz gestellt.

Aktuell laufen von zwei Jobcentern Aufforderungen, die Listen aus dem Netz zu nehmen. Im härteren Fall wurde vom Jobcenter Berlin Spandau mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 angedroht, dass zur Vermeidung von über 500 Einzelanträgen auf Unterlassung durch jede Mitarbeiterinnen und jeden Mitarbeiter des Jobcenter angeraten wird, die Liste aus dem Netz zu nehmen. Auf Deutsch: Eine Unterlassungsverfügung zieht im Fall des Unterliegens einen Prozess- und Anwaltskosten im Wert von rund 800 € nach sich – mal 500 Fälle macht das rund 400.000 €.“

Jobcenter Berlin Spandau
Altonaer Str. 70 / 72
13581 Berlin
Tel.: 030 5555 71 2222
Fax: 030 5555 71 2444
E-Mail: Jobcenter-Berlin-Spandau@jobcenter-ge.de
Geschäftsführer: Herr W. L.
Stellv. Geschäftsführer: Herr J. S.
http://www.berlin.de/ba-spandau/buergerdienste/jobcenter/

Jobcenter Märkischer Kreis

Auch das hiesige Jobcenter verweigert die Mitwirkung mit einer kuriosen Begründung:

„Darüber hinaus kann durch die Übermittlung der vollständigen Namen der Mitarbeiter nicht ausgeschlossen werden, dass diese durch ihre Amtstätigkeit persönlichem Druck im Privatleben ausgesetzt werden.
Das schutzwürdige Interesse der Mitarbeiter sehe ich daher als überwiegend an. Der Antrag ist entsprechend des § 5 Abs. 1 IFG folglich abzulehnen."“

Ein chinesisches Sprichwort lautet:
„Das Lächeln, dass Du aussendest, kehrt zu Dir zurück.“

Der Landwirt sagt:
„Was der Mensch sät, wird er ernten.“

Das dicke Buch sagt:
„Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“
IFG061

NSA & Co.

Das Internet-Archiv in San Francisco, USA, speichert derzeit mehr als 376 Billionen Seiten. Mehrere Suchvorgänge haben auch Telefonverzeichnisse von der Seite von Harald Thomé konserviert. Das web.archive.org ist durch internationales Recht geschützt. Diese Löschung kann kein Jobcenter erwirken.
http://web.archive.org/web/20140110004820/http://www.harald-thome.de/jobcenter-telefonlisten.html

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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