Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Leistungsberechtigte unter Generalverdacht - Unschuldsvermutung im Sozialrecht ständig ignoriert

Lautstark posaunten die Regierungsparteien noch vor wenigen Tagen „70 Jahre Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ und lobhudelten das Gesetzeswerk aus dem Jahr 1949, also nur vier Jahre nach dem Zusammenbruch der Menschenverachtenden Naziherrschaft und dem Millionenfachen Massenmord.

Darin heißt es zwar vollmundig:
Art 1 (1)
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Art 2 (1)
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Art 3 (1)
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Art 5 (1)
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Soweit die Theorie. Aber nicht nur diese „Ewigkeitsklauseln“ werden regelmäßig in deutschen Gerichtssälen ignoriert und missachtet.

Staatsanwaltschaft – Befangenheit in Ermittlungsverfahren

So ist auch immer wieder festzustellen, dass z.B. die Unschuldsvermutung in Fällen von behauptetem Sozialleistungsmissbrauch ignoriert wird. Staatsanwaltschaften klagen Leistungsberechtigte aufgrund von Jobcenter-Anzeigen wegen Betrug an ohne eigenständige Ermittlungen der tatsächlichen Sachverhalte durchzuführen, obwohl der Staatsanwaltschaft als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ die Verantwortung des Ermittlungsverfahrens zugewiesen ist.
Und etliche Jobcenter erheben bereits Anklage wenn auch nur die Behauptung erhoben wird, dass Meldungen von Einkommen oder Arbeitsaufnahme „verspätet“ eingereicht wurden. Aus der Beratungsarbeit weiß ich aber um etliche Dutzend Fälle, in denen offenbar Unterlagen im Jobcenter Märkischer Kreis verschlampt wurden  und auch wider besseres Wissen Strafanzeigen gegen Unschuldige gestellt wurden. 

Sozialleistungsbetrug durch das Jobcenter Märkischer Kreis

In vielen Fällen von Sozialleistungsbetrug durch die Jobcenter die den Staatsanwaltschaften zur Kenntnis gegeben werden, wird auffällig, dass solche Verfahren dann ohne ernsthafte Ermittlung eingestellt werden. Dies stellt – nicht nur aus meiner Sicht - eine offene Verachtung des Artikel 3 GG dar. „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Ein krasses Beispiel für hartnäckigen und wohl vorsätzlichen Sozialleistungsbetrug durch das Jobcenter Märkischer Kreis hatte ich bereits für jedermann nachprüfbar dokumentiert. 

Der Geschäftsführer des Jobcenter Märkischer Kreis, Volker Riecke, hatte vor einigen Jahren auf eine Betrugsanzeige gegen Mitarbeiter seiner Widerspruchstelle mit einer Gegenanzeige reagiert und schrieb: "Daher bin ich auch der Auffassung, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht." Diese Auffassung teile ich ausdrücklich.

Mit Urteil des Sozialgericht Dortmund vom 31.03.2014 (Az. S 40 (28,23) AS 70/09) wurde zumindest dem sozialrechtlichen Anspruch genüge geleistet und damit indirekt der Strafanzeige wegen Betruges durch das Jobcenter der Rechtsgrund nachgewiesen. Zudem wurde die durch Täuschung erreichte Vermögensschädigung in Höhe von 1551,82 € durch Urteil des Sozialgericht Dortmund begründet.
"Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 19.12.2005 zurückzunehmen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über einen Anspruch der Klägerin auf den Regelbedarf und die Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 21.07.2005 - 21.11.2005 zu entscheiden."

In der Konsequenz aus diesem Urteil war selbstredend auch meine eigene Verurteilung wegen behaupteter "falscher Verdächtigung in zwei Fällen, in einem Falle tateinheitlich mit übler Nachrede - Vergehen nach §§ 164, 187, 194 Abs. 3 Satz 1, 52, 53 StGB" als Fehlurteil der Iserlohner Richterin Coenen zweifelsfrei widerlegt.

Diese angebliche „falsche Verdächtigung“ erwies sich als wohl begründete Tatsachenbehauptung. Wobei die tatsächliche Vermögensschädigung sogar als fast 8mal höher ermittelt wurde als noch im Anfangsverdacht ersichtlich war.
Der damals in Hagen zuständige Staatsanwalt Klaus Knierim stellte meine Strafanzeige wegen Betrugsverdacht (Az. 500 Js 177/10) mit der Begründung ein: "Es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, Bescheide der ARGE Märkischer Kreis auf Richtigkeit zu überprüfen."

Prozessbeobachter reflektierten die Eindrücke im Verfahren kritisch. Wieso maßt sich ein Staatsanwalt an eine Strafe für „falsche Verdächtigung“ einzufordern, wenn er den Wahrheitsgehalt der Behauptungen gar nicht wissen will?

Staatsanwaltschaft Hagen: Vom Jobcenter Märkischer Kreis gegen Erwerbslosenaktivisten instrumentalisiert?

Ein Blick in den Abgrund von Armut und Willkür

Neue Hartz IV-Regel machte gütliche Einigung vorm Sozialgericht zunichte

Seit Jahren findet eine schleichende Entrechtung von Leistungsbeziehern statt, die oft in jahrelang währenden Prozessen vor den Sozialgerichten um ihre existenzielle Grundversorgung kämpfen müssen. Auch hier darf man nachfragen, ob denn der Rechts/Waffengleichheit vor Gericht (Art 3 GG) und dem Sozialstaatsgebot (Art 20 GG) ausreichend Rechnung getragen wird.

„Einigungen vor Gericht werden durch eine neue Jobcenter Regel bei Hartz IV Klagen verhindert. Das kritisieren die Landessozialgerichte. “Das ist ein Verlust für den Rechtsfrieden”, sagte der Präsident des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, Michael Fock.“

Keine Entscheidung ohne Vorgesetzten
Bislang war es üblich, dass Vergleiche im Gerichtssaal geschlossen werden, um eine gütliche Einigung zu erzielen, die für beide Seiten vertretbar wäre. Da aber die Prozessbevollmächtigten der Jobcenter zunächst Rücksprache von nun an halten müssten, müssten immer öfter die Richter entscheiden. Ausgehandelte Vergleiche wären so nicht möglich, so die Kritik des Richters. Eine Zustimmung düften die Jobcenter-Mitarbeiter nicht tätigen. Das würde aber die Prozessdauer erheblich verkürzen. Zum Nachteil der Hartz IV Beziehenden und der Gerichte.“

gegen-hartz.de

mögliche Einsparpotenziale

Prozessbevollmächtigte ohne Vollmacht könnten beispielsweise durch Topfblumen ersetzt werden und verfahrensunbeteiligte beisitzende Richter durch selbstnickende Wackeldackel! – Die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland wird seit Jahren zum Possenspiel demontiert.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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