Teilsieg für Antenne Hessen – Jobcenter hat keinen Klagegrund

"Bei der heutigen Gerichtverhandlung vor dem Landgericht in Kassel, waren neben vielen Schaulustigen auch Pressevertreter vor Ort.
Als Kläger erschien nicht, wie erwartet die Geschäftsführerin des Jobcenter Werra Meißner, sondern der Stellvertreter Vock. Auf der Gegenseite Fabian Presler für die Antenne Mediengesellschaft mit Rechtsbeistand.
Im Rahmen der Anhörung stellte sich ganz klar heraus, dass die Antenne Hessen nicht auf eine weiterführende Berichterstattung verzichtet und die Beiträge löscht. Zurecht? Wie sich herausstellte, besteht für die Behörde selber kein Klagegrund! Einzig die angegriffene Sachbearbeiterin kann Klage einreichen, da die Behörde keine Würde hat, welche verletzt worden ist. Aus diesem Grund wurde auf eine weitere Anhörung verzichtet und es erging der Beschluss, dass aus diesem Grund das Verfahren einzustellen ist.
Das Jobcenter möchte nun Widerspruch gegen den Beschluss einlegen um neu Vortragen zu können. In diesem Fall muss jedoch die Sachbearbeiterin tätig werden.
Presler hingegen wurde für seine Offenheit und seinen starken Standpunkt für die Betroffenen gelobt. Im Nachgang gab es noch lange Besprechungen auf dem Gerichtsflur, in dem sich viele der Schaulustigen zu Wort meldeten. Jetzt bleibt abzuwarten, wie es weitergeht und ob die Sachbearbeiterin Klage einreicht.
Egal zu welchem Urteil es dann kommen wird, wird es sich um ein Grundsatzurteil handeln, welches entweder für die Betroffenen Harz4 Kunden und die Pressefreiheit steht oder für die “Würde” einer Behörde.“

Zwischen verletzender Kritik und sachlicher Berichterstattung ist bisweilen nur ein schmaler Grad. Dabei zeigt sich immer wieder, dass oft diejenigen am lautesten jammern, die am rücksichtslosesten gegen Schutzbefohlene vorgehen.

In der verhandelten Klage sollte ein kritischer Rundfunksender mundtot gemacht werden, weil dieser sich negativ über das Jobcenter in Witzenhausen geäußert hatte. Das Amt fühlt sich “in seiner Würde verletzt”. Aber genau dies kritisierten Erwerbslose bei dieser Behörde.

Ob genau solch ein Sachverhalt gemeint war, als Claudio M. Mancini sein bedenkenswertes Wort niederschrieb?

"Würde der Mensch beim Blick in den Spiegel statt des Ebenbildes seinen Charakter sehen, so mancher würde zu Tode erschrecken."

Gute journalistische Arbeit kann so ein Spiegel sein. Kristallklar, mit scharfen Konturen, ohne Rücksicht auf eigene Bequemlichkeit, unbarmherzig, ja gnadenlos ehrlich. Der Wahrheit verpflichtet.

Antenne Hessen hatte nach eigener Aussage 100 Jobcenter geprüft und bewertet. Dabei fiel für das Jobcenter Witzenhausen die Kritik vernichtend aus. Bereits die Reaktion des JC die Pressefreiheit mittels Klage zu unterdrücken, könnte möglicherweise ein Indiz dafür sein, dass diese Bewertung zutrifft. Eine andere Alternative wäre gewesen, die eigenen Qualitätsstandard zu überprüfen und neu auszurichten.

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.

George Orwell

Der Kampf um die Meinungs- und Pressefreiheit wird mit großer Heftigkeit geführt. Wir dürfen ihn nicht verlieren.

Für die Wahrheitsfindung im Jobcenter in Witzenhausen könnte es hilfreich sein, wenn möglichst viele Betroffene ihre persönlichen Erfahrungen mit größtmöglicher Sachlichkeit mitteilen.

Und noch eins hat das Klageverfahren gezeigt. Medieninteresse und unabhängige Prozessbeobachter haben sicherlich auch diesmal Einfluss auf die Rechtsprechung genommen.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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