Momente im Leben
"Deine Mutter weint gerade!"

Es war schon dunkel als wir von unserem Ausflug gestern in Richtung Zuhause meiner Mutter fuhren. Ein für sie schönes, erlebnisreiches und gleichwohl anstrengendes Erlebnis lag hinter uns, das wir zuvor gemeinsam verabredet hatten. Es schloss mit einem leckeren Essen ab, bevor es dann wieder in Richtung Heimat ging. Ich fuhr, meine Mutter saß neben mir und meine Weltbeste zog sich in die hintere Reihe unseres Fahrzeugs zurück. Vermutlich der aufkommenden Müdigkeit geschuldet wurde es plötzlich still im Auto; nur das Radio dudelte irgendwelche wenig ansprechende Musik.

Und so bat ich meine Weltbeste darum, mit ihrem Handy via Bluetooth das Album einer meiner Lieblingssänger über die Lautsprecher des Autos abzuspielen. Ich war mir sicher, ich würde mit dieser Musik auch genau den Geschmack meiner Mum treffen.

Als Dany Vera den ersten Song schmetterte, ein Liebeslied, erklärte ich meiner Mutter, dass dieser niederländische Künstler bei mir immer wieder Gänsehaut verursache. Sie hörte zu und kommentierte das Lied mit einem "astrein". Diese Vokabel benutzt sie oft, wenn ihr etwas sehr gut gefällt. Sie lauschte weiter dem Lied, das der Sänger in englischer Sprache mit einen amerikanischen Akzent vortrug. "Das Lied handelt davon, dass er das Mädchen immer noch liebt, mit dem er früher getanzt hatte.", fasste Mum zusammen. "Davon sing dieser Mann da gerade.", ergänzte sie stolz und erinnerte sich daran, dass sie in früheren Jahren gut englisch sprach und es heute noch versteht. Und ich bin mir sicher, dass in Ihrem Kopf und Ihrem Herzen gleichzeitig noch viele erwärmende Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen aufkeimten.

Es folgte der zweite Song: Rollercoaster. Etwas schneller, Countrymusik, Gitarre und Dany Vera in Bestform. Mama hörte und irgendwann setzte sie ein, ein wenig mitzusummen. Offenbar hatte ich tatsächlich ihren Geschmack getroffen und damit einen würdigen Ausklang des Tages gefunden.

Ich erzähle meiner Mutter nach dem zweiten "astrein", dass ich immer besonders Gänsehaut bekommen würde, wenn dieser Mann diesen Evergreen von Elvis Presley "In the Ghetto" singt. Wir waren noch gut sechs Minuten von Zuhause meiner Mum entfernt und ich wusste, als diese beiden Begriffe fallen, nämlich Elvis und "In the Ghetto", würde ich bei ihr etwas auslösen, etwas Schönes. Denn ich weiss von ihr, dass sie damit eine der schönsten Erinnerungen ihres inzwischen 80-jährigen Lebens verbindet. Sie liebte Elvis, vor allem seine Stimme und ich bin mir sicher, dass es in ihrem Leben viele tolle Erlebnisse gab, die Elvis Presley mit seinen Liedern begleitete.
Meine Weltbeste ergriff die Chance und holte in der Playlist genau diesen Song heraus und spielte ihn, nachdem der letzte Ton von Rollercoaster erklang.

Es wurde wieder still und wir alle hörten diesen Song - traurig in seiner Bedeutung aber brillant gesungen von Dany Vera. Plötzlich kommentierte Mama mit den Worten "Deine Mutter weint gerade!" und ließ erkennen, dass ihr dieser Moment gerade sehr viel bedeute. Ich antwortete nicht und ließ die Situation, wie sie war - bis wir schließlich am Ziel ankamen und meine Mutter irgendwie traurig darüber war, dass nun auch Dany Vera abgeschaltet werden musste.

Momente im Leben...

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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