Eine Gesellschaft ohne Versicherung und ohne Perspektive.

Die Reisegruppe mit Chefärztin Dr. Hiyam Marzouqa (im weißen Kittel).
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  • Die Reisegruppe mit Chefärztin Dr. Hiyam Marzouqa (im weißen Kittel).
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Das Caritas Baby Hospital Bethlehem ist eine Insel oder Oase des Friedens.

Monheim/Langenfeld/Bethlehem. „Ich gratuliere Ihnen, dass Sie hier sind. Sagen Sie zuhause, das Caritas Baby Hospital Bethlehem ist eine Insel oder Oase des Friedens.“ Reto Mischler, PR-Manager im Babyhospital, begrüßte eine 18-köpfige Reisegruppe aus Monheim, Langenfeld, Köln, Dhünn und Ottweiler unter Leitung von Pfarrer Werner Köhl. Während er als Schweizer Bürger relativ unbehelligt über den Checkpoint kommt, der sich direkt wie auch die hohe Mauer hinter dem Babyhospital befindet, braucht sein Kollege Bashir Qonqar jedes Mal eine Genehmigung, um z. B. von Bethlehem nach Jerusalem zu kommen. „Bashir hat 30.000 qm Land verloren“, beschreibt Mischler die Landnahme von Palästinensern durch Israel.

Das Caritas Baby Hospital ist mit 240 Beschäftigten zweitgrößter Arbeitgeber in Bethlehem, davon sind 14 Ärzt/innen und 82 Pflegekräfte. 2011 wurden rund 34.000 Kinder behandelt, 4.800 stationär – wofür 82 Betten zur Verfügung stehen – und 29.000 ambulant. Es gibt eine eigene Krankenpflegeschule und eine Mütterschule mit 45 Betten plus 10 als Reserve. „Die Mütter haben hier auch mal eine Minute für sich, in den Dörfern sind sie sehr stark eingebunden“, berichtet Mischler. Kinder werden bis zum 14. Lebensjahr behandelt, außerdem ist eine Neugeborenenstation eingerichtet worden. Es werde kein Kind abgewiesen, nur weil die Eltern die Kosten nicht aufbringen könnten.

46% der Menschen in der Region leben unterhalb der Armutsgrenze. „Wir sind eine Gesellschaft ohne Versicherung.“ Die Kindersterblichkeit sei viermal so groß wie in Israel oder der Schweiz, das Bruttosozialprodukt betrage nur ein Zehntel dessen von Israel. „Das Leben hier wird durch Hunderte Checkpoints und Roadblocks immer schwieriger, die Menschen haben keine Perspektive“, so der PR-Manager.

Bereits bei der Ankunft wurden Sachspenden, u. a. Babykosmetik, ausgepackt, später überreichte Köhl eine Spende der Reisegruppe in Höhe von 720 €, wofür sich Chefärztin Dr. Hiyam Marzouqa ganz herzlich bedankte.

In der anschließenden Diskussion ging sie vor allem auf die Vererbung von Krankheiten ein. „Die Tradition ist stärker als die Bildung“, sagte sie mit Hinweis darauf, dass Mütter zu früh verheiratet würden und oft Eltern bestimmten, Cousinen und Cousins 1. und 2. Grades miteinander zu verheiraten, was zu mehr anspruchsvollen Krankheiten führe. Das bereite ihr enorme Kopfschmerzen. Eine Mutter habe drei Kinder, die alle früh sterben würden. Man könne nicht nur helfen, auch die Politik müsse die Strukturen verbessern. Der Staat solle die Heirat unter Verwandten gesetzlich verbieten.

Die vielen Checkpoints verstärken die Probleme, weil junge Männer nicht die Möglichkeit haben, außerhalb ihres Wohnortes genügend Frauen kennen zu lernen. „Möchte jemand aus Bethlehem einen Partner aus Nablus heiraten, wird es schwierig, pünktlich zur Heirat da zu sein.“ Von 4,5 Mio. Palästinensern hätten nur 1 Mio. die Möglichkeit, das Babyhospital zu erreichen. „Jeder Mensch hat das Recht, in Frieden und Freiheit zu leben“, betonte die Chefärztin. „Schauen Sie bitte nicht weg und vergessen Sie uns nicht.“

Spendenkonto der Kinderhilfe Bethlehem im Deutschen Caritasverband, Kennwort Bethlehem, Postbank Karlsruhe, Konto-Nr. 7926-755, BLZ 660 100 75.

Die Reisegruppe mit Chefärztin Dr. Hiyam Marzouqa (im weißen Kittel).
Der kleine Patient Muhammad Halaiqa (11 Jahre), der Mukovizidose hat, kam extra aus dem Krankenzimmer, um sich fotografieren zu lassen.
Autor:

Jürgen Steinbrücker aus Langenfeld (Rheinland)

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